Wie waren die Reaktionen auf den Sieg in Abu Dhabi?
Eric Boullier: Nach dem Fallen der Zielflagge habe ich noch an der Strecke über 400 Nachrichten erhalten. Es war eine freudige Überraschung für mich, dass einige davon sogar von unserer Konkurrenz kamen, die sich mit uns gefreut haben. Es war schön zu hören, dass die Leute im Fahrerlager uns den Sieg gegönnt haben. Für mich war es zudem etwas Spezielles, die siegreiche Mannschaft als Teamchef auf dem Podium vertreten zu dürfen. Das war ein sehr emotionaler Moment, hoffentlich können wir uns schnell an so etwas gewöhnen.

Wie war die Stimmung in Enstone, als Sie in die Fabrik zurückgekehrt sind?
Eric Boullier: Alle Leute sind glücklich und erleben einen zweiten Frühling, auch wenn es draußen gerade sehr kalt ist. Es liegt ein Gefühl von Aufregung in der Luft und wir haben ja noch zwei Rennen vor uns. Wir haben es ein Mal geschafft und können es in dieser Saison auch ein zweites Mal schaffen. Es hat ein wenig gedauert, aber wir alle wussten, dass wir es schaffen können. Es ist passiert, als andere Teams schon langsam an den Autos für die nächste Saison gearbeitet haben. Das war ein guter Zeitpunkt.

Unterstreicht dieser späte Sieg die Leistung des Teams noch mehr, da Lotus das ganze Jahr über im Entwicklungskampf mitgehalten hat?
Eric Boullier: Unser Team hat bei weitem nicht das höchste Budget im Starterfeld, aber ich sehe das als Vorteil. Wir müssen Clever agieren und das ist ein Markenzeichen von der Fabrik in Enstone. Im Oktober Updates zu bringen und unser Auto wieder schneller zu machen zeigt, was dieses Team abliefern kann.

Räikkönen sorgt für F1-Klassiker

Und dann hat Kimi hinter dem Lenkrad auch noch einen guten Job gemacht, oder?
Eric Boullier: Das war vielleicht eine Überraschung für alle Außenstehenden, die nicht an ihn geglaubt haben, aber ihm Team stand er nie in Frage. Kimi hat sicherlich einen Eindruck hinterlassen und gezeigt, dass er zurück in der Formel 1 ist. Nach seiner Rückkehr Podestplätze und einen Sieg zu holen, ist toll für ihn, das Team und für die Fans. Und noch dazu ist "Lasst mich in Ruhe, ich weiß was ich mache" schon zu einem Formel 1-Klassiker geworden.

Wie schwierig war es für Sie mit anzusehen, wie sein Vorsprung durch die Safery-Car-Phase verloren ging und Fernando Alonso ihn bis ins Ziel verfolgt hat?
Eric Boullier: Das war wohl das längste Rennen meiner Karriere. Die letzten 22 Runden waren richtig lang. Wir haben gesehen, dass Kimi seinen Vorsprung immer weiter ausbaut, aber das wurde vom Safety-Car zerstört. Auch beim Neustart konnte er sich wieder absetzen, doch dann hat Fernando aufgeholt und die letzte Runde richtig spannend gemacht.

Kann Kimis Teamkollege Romain Grosjean auch von dem Aufschwung profitieren?
Eric Boullier: Romain hat in Abi Dhabi wieder etwas lernen müssen, aber er hat nach dem Reifenschaden in der ersten Runde gezeigt, dass er aus der angepassten Strategie etwas herausholen kann. Leider wurde sein Rennen beenden, weil er zum falschen Zeitpunkt an der falschen Stelle war.

Mischt Lotus auch in Texas vorne mit?, Foto: Lotus F1 Team
Mischt Lotus auch in Texas vorne mit?, Foto: Lotus F1 Team

Was für ein Gefühl ist es für die Formel 1, in die Vereinigten Staaten zurück zu kehren?
Eric Boullier: Als Team sind wir sehr glücklich, wieder in den USA zu fahren, denn für uns ist es ein Markt, auf dem sich die Formel 1 zeigen muss. Wir haben bereits einige amerikanische Partner, also ist es gut in ihrem Heimatland zu fahren. Für die Formel 1 ist es ein Land mit unglaublichen Möglichkeiten, und wir hoffen, das in der Zukunft ausbauen zu können. Wir haben an der Eröffnungszeremonie der Strecke vor zwei Wochen teilgenommen, das Echo war schon sehr beeindruckend. Ich bin mir sicher, dass Amerika die Formel 1 mehr mag, als manche Leute glauben.

Der vierte Platz in der Meisterschaft war das Ziel von Lotus vor der Saison. Jetzt hat das Team doppelt so viele Punkte wie das fünftbeste Team. Sind das gute Voraussetzungen für 2013?
Eric Boullier: Der vierte Platz war vor der Saison unser Ziel und genau dort stehen wir nun auch. Man kann Vierter direkt hinter dem Dritten sein oder Vierter ganz knapp vor dem Fünften. Unsere Position im Vergleich zum fünftplatzierten Mercedes sieht sehr gut aus. Vierter zu sein und nach einem Sieg und mehreren Podestplätzen gegen Teams wie Ferrari oder McLaren zu kämpfen, hat uns die Möglichkeit gegeben, das Außenbild des Teams zu stärken. Aus wirtschaftlicher Sicht ist das sehr wertvoll für uns, die wachsende Anzahl unserer Partner beweist das. Auf der anderen Seite ist der vierte Platz nur der vierte Platz - uns ist bewusst, dass es noch ein großer Schritt ist, um in der nächsten Saison unter die besten Drei zu kommen.