Dass du enttäuscht bist, ist klar - da wäre viel mehr möglich gewesen ohne den Mauerkuss?
Bruno Senna: Ja, und jetzt muss ich auch noch fünf Plätze zurück, starte als 22., weil das Getriebe beschädigt ist, wir wechseln müssen. Durch die Mauerberührung hat offenbar über die Halbachse das Differential ein bisschen was abgekriegt, das wirkt sich auf's Getriebe aus - das Risiko wäre zu hoch. Wenn der Wurm drin ist, ist er aber auch richtig drin...

Nach dem freien Training dachtest du, dass das was werden könnte, dass das Auto immer besser wird...
Bruno Senna: Das Auto war auch gut, deswegen ist es besonders frustrierend, wenn man nichts daraus machen kann. Ich habe einfach einen Fehler gemacht und dafür bezahlt man auf so einer Strecke eben sofort sehr teuer. Die Runde war an sich ziemlich gut, zumindest ein sehr guter Referenzwert, auf dem man hätte aufbauen können mit dem zweiten Versuch, eine 48.4 oder 48.5 vielleicht. Das Auto lag sehr gut, aber in der letzten Kurve bin ich dann auf dem bemalten Randstein etwas weiter weggerutscht, als ich gedacht hätte. Q3 wäre sicher möglich gewesen, ich hätte von der Entwicklung der Strecke auch profitieren können, die Reifentemperaturen haben besser gepasst.

Du hast gemerkt, dass das Auto viel Potenzial hat - hast du im Nachhinein das Gefühl, du bist vielleicht gerade im ersten Versuch im Q2 zu viel Risiko eingegangen?
Bruno Senna: Eigentlich hat sich das gar nicht nach so viel Risiko angefühlt. Okay, vielleicht das Risiko in dem Sinn, nicht genügend Spielraum für einen minimalen Fehler gelassen zu haben. Und so ein kleiner Fehler passiert gerade hier halt sehr schnell. Im Prinzip war es das Gleiche wie gestern, wenn auch eine Kurve später. Das Auto rutscht aus irgendeinem Grund ein paar Zentimeter mehr als man denkt und das sind dann genau die Zentimeter zu viel.

Gestern die Mauer, heute im Q1 die leichte Berührung, weil Du aber auch jemandem ausweichen musstest, dann jetzt der Patzer im Q2 - das ist sehr selten, dass du mehrmals hintereinander einen ähnlichen Fehler machst. Was ist los - zu viel Druck, jetzt auf jeden Fall etwas beweisen zu müssen?
Bruno Senna: Es ist halt immer diese Balance zwischen Risiko und Sicherheit. Aber ich habe dieses Wochenende bis jetzt einfach nicht richtig hingekriegt - und dafür bezahle ich den Preis. Wenn das Risiko aufgeht, dann ist die Belohnung groß. Aber mit dem Druck hat hat das nicht wirklich was zu tun. Wenn man unter Druck Fehler macht, dann sind das eher solche, dass man sich verbremst, eine Kurve nicht richtig erwischt. Das hier, diese Präzision beim Abschätzen, das ist eher eine Frage der Suche nach dem absoluten Limit.

Was kannst Du jetzt von ganz dahinten noch machen?
Bruno Senna: Wir müssen auf jeden Fall versuchen, den ersten Stint sehr aggressiv anzugehen, da so viel Boden wie möglich gut zu machen, zumindest an den langsamen Autos schnell vorbeizukommen. Und natürlich müssen wir auf ein bisschen Pech bei anderen hoffen. Aber das Rennen ist sehr lang, zwei Stunden, da kann viel passieren. Man darf nicht mit der Einstellung rangehen, dass da jetzt eh schon alles verloren ist, man muss kämpfen, alles versuchen. Unser Auto ist schnell, der Reifenverschleiß sieht besser aus als bei einigen anderen. Wir müssen mit der Strategie etwas riskieren, das was alle anderen tun, zu kopieren, bringt gar nichts.

Riskieren - heißt das weniger Stopps als die anderen?
Bruno Senna: Oder vielleicht mehr? Voll attackieren, die Reifen mehr abnutzen - aber dafür an Leuten vorbeikommen. Einen ganzen Stint hinter anderen festhängen bringt auch nichts. Wir haben noch nicht alles durchgerechnet - auch, ob es sich eventuell lohnen würde, auf hart zu starten, obwohl der langsamer ist, über die Distanz allerdings nicht so viel wie auf einer Runde. Wir diskutieren noch, was wir machen.