Nach dem Plätzen eins und drei beim Heimrennen in Silverstone herrschte bei Red Bull Racing große Freude, von der sich auch Motorsport-Berater Dr. Helmut Marko anstecken ließ. "Die Stimmung war sehr gut", beschrieb er die Atmosphäre beim mittlerweile traditionellen Zusammentreffen des Teams nach dem Grand Prix.

Im Rennen sah Fernando Alonso schon lange Zeit wie der sichere Sieger aus, doch bei Red Bull wusste man, dass seine weichen Reifen im letzten Stint stärker abbauen würden, als die harten Pneus, die Mark Webber und Sebastian Vettel fuhren. "Wir sind im Training nicht so gut zurechtgekommen und setzten im Rennen bei beiden Fahrern auf Risiko", verriet Marko im Gespräch mit Servus TV. "Wir wussten, dass Alonso mit den weichen Reifen am Ende des Rennens Probleme bekommen würde."

Eigentlich sah der Plan vor, auch Vettel am Spanier vorbeizuschleusen, doch diesem Vorhaben machte die leichte Berührung mit Felipe Massa kurz nach dem Start einen Strich durch die Rechnung. "Durch das Startmanöver hatte Vettel deutlich mehr Reifenverschleiß als normal", erklärte Marko. "Der linke Vorderreifen hat vor allem in der Schlussphase nachgegeben. Wir dachten, dass wir Alonso noch packen können."

Mark Webber ließ Red Bull jubeln, Foto: Sutton
Mark Webber ließ Red Bull jubeln, Foto: Sutton

Vor zwei Jahren konnte Webber ebenfalls in Silverstone gewinnen und ließ danach seinem Frust über die vermeintliche Bevorzugung Vettels im Team via Funk freien Lauf. "Nicht schlecht für einen Nummer-Zwei-Fahrer", lautete damals sein zynischer Kommentar. Heute will man bei Red Bull davon nichts mehr wissen. "Es ist alles ausgeräumt, bei uns lautet die Politik, dass die Fahrer das gleiche Material bekommen", betonte Marko. Je nach günstigerer Position im Rennen würde man über die Strategie entscheiden, was auch mit den Fahrern abgesprochen sei. "Es spielt sich alles transparent ab."

Beständiges Punktesammeln führt zum Ziel

Nach neun Saisonrennen ist nun Webber der erste Verfolger Alonsos, doch Marko warnt davor, die anderen Teams bereits abzuschreiben. "Man darf Hamilton nicht außer Acht lassen, auch wenn McLaren Probleme mit dem Reifenverschleiß hat", sagte er. Und auch Lotus und Mercedes hält der Österreicher durchaus für siegfähig, wenn sie ein perfektes Wochenende zusammenbekommen. "Wenn die Reifentemperatur stimmt, kann auch Mercedes gewinnen."

Dennoch sieht Marko mittelfristig nur seine beiden Piloten sowie Alonso in der Lage, regelmäßig Erfolge einzufahren. In einer engen Saison wie der aktuellen gelte es daher, beständig Punkte zu sammeln und sich keine Pleiten wie in Barcelona zu leisten, wo Webber bereits im Qualifying alle Chancen verspielte und Vettel eine Durchfahrtsstrafe aufgebrummt bekam. "Man muss punkten. Vor allem das Rennen in Barcelona hat uns getroffen, das war hausgemacht", ärgerte sich der 69-Jährige noch immer über die vergebenen Chancen.

Das vorletzte Rennen vor der Sommerpause führt die Formel 1 auf den Nürburgring, wo, seit es die Rotation mit Hockenheim gibt, nur mehr jedes zweite Jahr gefahren wird. "Das ist gleich für alle", wollte Marko darin aber keinen Nachteil sehen. Für Vettel sei der Druck beim Heimspiel jedoch ungleich größer und auch zu Webbers Lieblingsstrecken zähle die Bahn in der Eifel nicht unbedingt. Dennoch ist für den Österreicher die Marschrichtung klar: "Irgendwann müssen wir auch einmal beide Autos vorne haben, um den Rückstand auf Alonso zu verringern."