Die Formel-1-Saison in diesem Jahr ist unabwägbar wie nie zuvor. Eigentlich eine tolle Sache für die Fans und Journalisten, und doch hat sie einen faden Beigeschmack: Lobhudelei ohne Ende. Man bekommt das Gefühl, dass jeden Tag ein anderer Fahrer einen seiner Kollegen in den Himmel lobt und erklärt, wie toll der Konkurrent eigentlich Rennen fährt. Ganz ehrlich: So langsam fängt es an, mich zu nerven. Mit dieser Meinung stehe ich übrigens nicht allein da, wenn ich einmal Jenson Button aus jüngster Zeit zitieren darf. "Zuletzt wurden vielen Leuten die Hintern geküsst - das ist schon komisch", sagte der McLaren-Mann - übrigens auch ein toller Fahrer.

Im Fokus steht aber vor allem Fernando Alonso. Lewis Hamilton über Alonso: "Er ist phänomenal." Sebastian Vettel über Fernando Alonso: "Er sticht heraus, er ist einer der komplettesten Fahrer." Christian Horner über Alonso: "Er ist der größte Gegner für uns." Aha, vielen Dank für diese Information über den Führenden der Weltmeisterschaft. Okay, was sollen die Fahrer auch anderes sagen, wenn sie gefragt werden, wie sie die Konkurrenz einschätzen. "Der ist nicht so gut wie ich", wäre zwar eine nette Abwechslung und ein gefundenes Fressen für die Medien. Würde beim Arbeitgeber und im Paddock aber vielleicht nicht ganz so gut ankommen.

Und trotzdem ist mir in der aktuellen Formel 1 alles etwas zu kuschelig an der Spitze. Die Lobeshymnen auf die Gegner nehmen langsam Überhand. Das ist der negative Aspekt an der Geschichte, wenn keiner weiß, wie das nächste Rennen enden wird. Vielleicht waren die alten Zeiten gar nicht so schlecht, als es zwei bis drei Titelanwärter gab und der Rest sich um die Plätze stritt. "Im Moment ist die Liste lang", sagte Vettel kürzlich. "Wir hatten in diesem Jahr viele verschiedene Sieger und die sind alle sehr konkurrenzfähig und schnell."

Zum Wohle der F1 wünsche ich mir, dass sich möglichst bald wieder eine klare Hierarchie einstellt und die Fahrer und Teams sich wieder auf die eigene Stärke konzentrieren, statt die Rivalen über den grünen Klee zu loben. Wenn am Ende des Jahres dieser phänomenale, hervorstechende, überragende Alonso triumphiert, hatten die Fahrerkollegen zumindest Recht mit ihrer aktuellen Einschätzung - doch am Ende lacht mal wieder der Spanier, der es bislang richtig gemacht hat: Immer wieder Michael Schumacher und Felipe Massa statt Vettel, Hamilton und Co. loben. Die beiden dürften ihm im WM-Kampf wohl kaum noch gefährlich werden.