Fahrerisch ließ Fernando Alonso am Hafen von Valencia einem enttäuschenden elften Startplatz im Rennen am Sonntag eine Demonstration seiner Klasse folgen. Von vielen Experten im Fahrerlager seit Jahren als bester und vor allem komplettester Pilot geadelt, zeigte der 30-Jährige bei seinem Meisterstück auf Heimterritorium wieder einmal genauestens, was ihn auszeichnet. Während die Konkurrenten um den WM-Titel wie beispielsweise Lewis Hamilton, in Zweikämpfen nicht besonnen genug zur Sache gingen, Fehler machten und sich bereits frühzeitig ihre Reifen und somit auch das Rennen ruinierten, behielt der Lokalmatador trotz der heißen Temperaturen kühlen Kopf.

Wie sooft in der Formel 1 machten erneut die kleinen Feinheiten am Ende den Unterschied aus - dass Sebastian Vettel in Führung liegend aufgeben musste, war freilich nicht Alonsos Verdienst, doch der Spanier beweist des Öfteren, dass man sogennante Zufälle in der Königklasse scheinbar doch erzwingen kann. Bereits vor dem Ausscheiden des Red-Bull-Piloten hatte er beim Re-Start nach der Safety-Car-Phase besonders wachsam agiert und sich gleich auf den ersten Metern mit einem bravourösen Manöver Romain Grosjean geschnappt - so konnte er anschließend sicherstellen, zur Stelle zu sein, als es eben das galt.

Demütig mit dem Erfolg umgehen

Trotz des Sieges: Alonso sieht beim F2012 noch Luft nach oben, Foto: Sutton
Trotz des Sieges: Alonso sieht beim F2012 noch Luft nach oben, Foto: Sutton

Mit seinem nunmehr schon 29. Karrieresieg ist Alonso in dieser Kategorie bereits der fünftbeste Fahrer aller Zeiten - zu Nigel Mansell, der in der ewigen Bestenliste vor ihm auf P4 rangiert, fehlen nur noch zwei Grand-Prix-Erfolge. Auch mit Blick auf die so spannende und enge Saison 2012 schaffte Alonso in Valencia ein Novum: 20 Punkte Vorsprung in der WM-Gesamtwertung hatte heuer noch kein Fahrer. Doch trotz aller überschwänglichen Lobeshymnen und der so glänzenden Ausgangslage, in der man sich bei der Scuderia nun zu befinden scheint, wollte der Asturier bescheiden bleiben und sich in Zurückhaltung üben.

Mit dem jüngsten Triumph müsse man voller Demut umgehen, sei doch nicht zuletzt nach der mehr als mäßigen Qualifying-Performance klar, dass man noch einen Berg voll Arbeit vor der Tür stehen habe. "Meiner Meinung nach müssen wir immer vorsichtig sein und auch ehrlich zu uns selbst und den Fans", so Alonso, der in einem anstrengenden Rennen wohl auch feststellen musste, dass das Auto mit dem er den Sieg herausfuhr, nicht unbedingt das schnellste im Feld war. Versprechen konnte er aber: "Wir werden kämpfen und Tag und Nacht arbeiten, um konkurrenzfähig zu sein und um die Weltmeisterschaft zu kämpfen." Bei Ferrari sei das letztendlich immer das Ziel. "In jedem Wettbewerb, an dem wir teilnehmen, sollte auch die Meisterschaft das Ziel sein - gerade, wenn man die Geschichte und das Niveau des Teams betrachtet", verkündete der stolze Scuderia-Pilot.

Zielsetzung bei Ferrari immer klar

"Am Samstag standen wir nur auf den Plätzen 11 und 13 - also müssen wir arbeiten", wollte sich Alonso vom hervorragenden Rennausgang allein nicht blenden lassen. "Es stimmt schon, dass wir den Glauben haben und niemals aufgeben - wir vertrauen uns selbst und werden bei jedem Grand Prix, zu dem wir kommen, auch immer mit einer großen Portion Optimismus ausgestattet anreisen. Zeitgleich wissen wir aber auch, ganz egal ob wir jetzt gewonnen haben oder ob wir Sechster geworden wären, dass wir noch nicht da sind, wo wir hinwollen." Es gäbe immer noch ein paar schnellere Autos auf der Strecke. "Diesen Fakt können und dürfen wir nicht ignorieren", so der Doppelweltmeister.

Alonso forderte: "Wir müssen jetzt weiterarbeiten." Dass man bereits bewiesen habe, dass man voll attackiere, stimmte ihn positiv. "Die Rennen werden dieser Tage durch Feinheiten entschieden: Hier waren das die Ausfälle von Vettel und Grosjean, die Reifen, das Safety-Car und dass wir dieses als Möglichkeit genutzt haben, um zu stoppen, wie es wahrscheinlich alle gemacht haben." Dass er seinen Erfolg in Valencia nach Rennende als einen der größten seiner Karriere bezeichnete, hätte wohl mehr an Spaniens Gesamtsituation in Krisenzeiten und seiner Verbundenheit zum Heimpublikum gelegen. "In Sachen reiner Fahrleistung bin ich auf das Rennen dieses Jahr in Malaysia noch ein bisschen stolzer", gestand mit Alonso der Mann ein, der es schließlich wissen muss.