"Wir können hier nicht anhalten. Das ist Alonso-Land!" So oder so ähnlich hätte sich Johnny Depp wohl im Kultfilm 'Fear and Loathing in Las Vegas' geäußert, wenn er mit seinem Kumpanen Benicio del Toro durch die Wüsten Bahrains statt durch die Einöden Nevadas getourt wäre. In der Tat: Fernando Alonso war bislang eine Macht beim Großen Preis von Bahrain, siegte der Spanier doch gleich dreimal - zweimal für Renault, einmal für Ferrari - in den bislang sieben Rennen im Wüstenstaat.

Eigentlich ein guter Aufhänger für Ferrari, mit breiter Brust nach Bahrain zu reisen. Die Statistik wäre sogar noch besser, denn Felipe Massa gewann 2007 und 2008 in Sakhir für die Scuderia. Nach dem roten Doppelsieg 2010 also die nächste Großattacke auf den Thron im Königreich? "Wir müssen versuchen, den Schaden noch effektiver zu reduzieren als in China." - Ferrari im Jahr 2012. Stefano Domenicali machte vor dem vierten Rennen des Jahres keinen Hehl aus der derzeitigen Erwartungshaltung der Italiener.

Nach Alonsos Sensationssieg in Malaysia ist das Team wieder auf dem unsanften Boden der Tatsachen angelangt. Da Ferrari sich selbst aus dem Favoritenkreis für Bahrain rausredet, schwimmt Mercedes wohl in den Dunstkreis der Siegesanwärter. Die Silberpfeile surfen nach Nico Rosbergs historischem Sieg auf der Euphoriewelle, wollen sich aber nicht zu weit aus dem Fenster lehnen. "Der Streckenverlauf kommt unserem Auto definitiv entgegen, aber ich glaube, dass die hohen Streckentemperaturen ein Problem werden könnten", warnt Rosberg.

Der neue Silberpfeil konnte in China zwar in Sachen Pace überzeugen, doch wie das Auto und die Reifen mit über 40 Grad Asphalttemperatur zurechtkommen, steht noch in den Sternen. Doch zumindest im Qualifying sollten Rosberg und Michael Schumacher auch diesmal wieder auf den vorderen Plätzen landen, denn auf der schnellen Runde kann dem F1 W03 derzeit kaum jemand das Wasser reichen. Schumacher lobte seinen neuen Dienstwagen zuletzt in den Sternenhimmel und erklärte, dass sich das Fahren für ihn wieder anfühle wie vor zehn Jahren.

Halten die Reifen in Bahrain?, Foto: Mercedes AMG
Halten die Reifen in Bahrain?, Foto: Mercedes AMG

Da die bisherige Saison mit drei unterschiedlichen Siegern noch große Fragezeichen über die Stärken der einzelnen Teams aufgibt, kann man mit Sicherheit nichts verkehrt machen, die Mercedes-Fahrer beispielsweise beim Podiumstipp-Gewinnspiel von Motorsport-Magazin.com auf die ersten drei Plätze zu wählen.

Ein beliebter Tipp seit Saisonbeginn ist auch das McLaren-Duo Jenson Button und Lewis Hamilton. Die Briten machen nach den ersten drei Grand Prix den konstantesten Anschein, der MP4-27 offenbarte bislang noch keine großen Schwächen.

Passend dazu Button, der in China Rosberg den Vortritt überlassen musste: "Insgesamt ist es nicht so schlecht, wenn man mit Platz zwei enttäuscht ist. Man braucht die Konstanz. Siege sind schön, die tragen wir im Herzen, aber Konstanz gewinnt die Weltmeisterschaft." Während sich bei Ferrari 'Schadensbegrenzung' als neues Modewort etabliert hat, ist es bei McLaren die 'Konstanz'. "Ich bin viel konstanter als 2011, was in Hinblick auf die WM wichtig ist", meint Hamilton dazu.

Gegen Konstanz hätte man wohl auch bei Red Bull nichts einzuwenden. Die Dominanz vergangener Tage ist erst einmal passé, stattdessen werkeln die Bullen kräftig an den Autos herum. Vor allem bei Sebastian Vettels RB8 liegt noch eine Menge im Argen. In China rüstete Red Bull bei ihm auf den alten Auspuff zurück, in Bahrain soll wieder das neue Abgassystem zum Einsatz kommen. "Unser Auto ist nicht auf dem Stand, auf dem es sein sollte", machte Helmut Marko jüngst keinen Hehl aus der kniffligen Situation. "Wir haben im Auto nicht mehr die Überlegenheit, die wir voriges Jahr hatten. Das ist auf diverse technische Änderungen, die bewusst gegen Red Bull durchgesetzt wurden, zurückzuführen."

Noch läuten die Alarmglocken allerdings nicht in Milton Keynes. Mark Webber fuhr immerhin dreimal auf P4 und Vettel stünde auch besser da, wenn der Karthikeyan-Zwischenfall in Malaysia nicht passiert wäre. Interessant: Während in der offiziellen Red-Bull-Vorschau Webber mit den Worten zitiert wird, dass er gern aufs Podium fahren würde, bevor es auf Europa-Tournee geht, fehlen bei Vettel jegliche Zielvorgaben für Bahrain.

In Bahrain wieder mit neuem Auspuff, Foto: Sutton
In Bahrain wieder mit neuem Auspuff, Foto: Sutton

Der Heppenheimer hält sich also lieber bedeckt und tüftelt mit dem Team daran, den RB8 auf der Geraden schneller zu machen - ein Manko, unter dem Vettel zuletzt arg litt. "Uns fehlen zwei bis drei Zehntel auf Mercedes, in der Qualifikation noch mehr. Wenn man die Gerade abzieht, ist es zwar nicht so schlecht, aber wir sind nicht dort, wo wir sein wollen", ärgerte er sich nach P5 in China. Red Bull also mit Verständnisproblemen, McLaren mit Konstanz, die Mercedes jetzt durchbrach und ein auf Schadensbegrenzung pochendes Ferrari - alles ist angerichtet für ein weiteres spektakuläres Rennwochenende.