1. - Startaufstellung

"Das ist beachtlich. 15 Poles in einer Saison!", waren die ersten Lobpreisungen von Red-Bull-Teamchef Christian Horner an Sebastian Vettel. Er hat es erneut geschafft. Wie bereits bei 14 anderen Rennen der Saison zauberte der Weltmeister in seiner finalen Runde nochmal eine Traumzeit von 1:11,981 auf den Asphalt und sicherte sich damit den alleinigen Rekord an Polepositions in einer Saison. "Das war heute ein ganz besonderes Qualifying", resümierte Vettel. "Die Zahl 15 ist etwas ganz Besonderes und macht mich extrem stolz."

Sebastian Vettel zeigt stolz die Zahl fünfzehn in die Kameras, Foto: Sutton
Sebastian Vettel zeigt stolz die Zahl fünfzehn in die Kameras, Foto: Sutton

Doch damit nicht genug der Freudentänze bei den Bullen. "Es ist eine fantastische Leistung, dass wir beim Saisonfinale beide Autos in der ersten Reihe haben", jubelte Horner über den zweiten Platz von Mark Webber, der das Glück in Sao Paulo perfekt machte.

Jenson Button hingegen musste sich erneut den Blauen geschlagen geben, doch das störte den McLaren-Pilot nicht im Geringsten. "Ich genieße den Moment, denn das ist mein bestes Qualifying der vergangenen sechs Jahre hier", lachte der Brite, der in der Vergangenheit unter anderem von den Plätzen elf, vierzehn, sechzehn und siebzehn in den Großen Preis von Brasilien startete. Unglücklich war allerdings sein Teamkollege Lewis Hamilton. "Es ist etwas enttäuschend, wir sind noch in Reihe zwei, aber ich wäre gerne schneller gewesen. Ich bin hier oft von vier gestartet, es ist nicht der beste Startplatz", zeigte sich der Brite enttäuscht.

Fernando Alonso fiel zu seinem erneuten fünften Startplatz allerdings nicht mehr viel ein. "Mein Abonnement auf den fünften Platz ist für einen weiteren Samstag verlängert worden", lachte der Spanier. Sein Teamkollege Felipe Massa schloss sich eher seinem Dauerrivalen Hamilton an und war bitter enttäuscht, seinen Fans in der Heimat nicht mehr als einen siebten Platz geboten zu haben.

Im Ferrari-Sandwich war ein silbernes Funkeln zu erkennen, dass von Nico Rosberg herrührte. "Das war ein gutes Qualifying. Wir haben einen Satz weiche Reifen für das Rennen gespart und uns vor einem Ferrari qualifiziert", freute sich der Wiesbadener, der sicher aber dennoch mehr ausgerechnet hatte. Denn in Q2 hatte er sich noch sensationell auf die zweite Position hinter Vettel gesetzt.

2. - Start

Wie für alles andere an diesem Wochenende ist auch für den Start eine Frage entscheidend: Regen oder nicht? Denn bei starken Niederschlägen wäre - wie auch in Montreal 2011 - ein Start hinter dem Safetycar durchaus denkbar. Dann würde es zumindest für die ersten Runden keine Veränderungen geben.

Wird es ein trockener oder ein Start ohne Safetycar, ist - wie schon besagte 14 Male zuvor - Vettel in der besten Position. Allerdings spricht die Statistik gegen den Deutschen. Denn in den letzten elf Jahren konnte nur ein Pilot von der Poleposition aus auch das Rennen gewinnen. Dieses Kunststück gelang Lokalmatador Felipe Massa in den Jahren 2006 und 2008.

3. - Strecke

Der Grande Premio petrobas do Brasil auf dem 4.309 km langen Autodromo Jose Carlos Pace zaubert jedem wirklichen Formel-1-Fan ein Funkeln in die Augen. Denn alleine die berüchtigte erste Kurve, benannt nach dem größten brasilianischen Formel-1-Piloten aller Zeiten, das Senna-S, verspricht in jedem Jahr Spannung. "Ich liebe es, hier zu fahren; die Strecke ist für Kämpfe und für das Überholen so gut", erklärte auch der Weltmeister von 2009, Button.

Während diese Stellen und auch das langsamere Infield immer wieder positiv bewertet werden, soll die gefährliche Curva do Cafe für das kommende Jahr umgebaut werden. "Das ist sicher ein Bereich, der verbessert werden muss", bestätigte Mark Webber. Das würden auch einige schwere, oft tödliche Unfälle auf dem Weg zu Start-und Ziel belegen. Hierbei sei aber nicht der Fahrer das Risiko. "Es ist eher ein Problem, wenn etwas kaputtgeht. Ich freue mich darauf, wenn ich den Umbau sehe."

4. - Strategie

Man könnte fast sagen: und ewig grüßt das Murmeltier, denn wie immer ist die Strategie abhängig von den Bedingungen. Sollte es nass sein, wird Renndirektor Charlie Whiting den Großen Preis von Brasilien zu einem Regenrennen erklären und alle Strategievorgaben sind hinfällig. Denn ab diesem Moment müssen nicht mehr beide Reifensätze verwendet werden.

Sollte es aber wider erwarten keine Schleusenöffnung des Himmels geben, könnte sich das Rennen zu einer interessanten Aufgabe für die Strategen entwickeln, wie Alonso anmerkte. "Wenn wir im Trockenen fahren müssen, wird es vielleicht eine Menge Stopps geben, weil es schien, als würden die Reifen heute schneller abbauen als gestern."

5. - Setup

Das Setup war das Diskussionsthema Nummer eins in Interlagos. Denn die Regenwahrscheinlichkeit für das Rennen liegt bei 80 Prozent. Deshalb wurde bei vielen Piloten im Qualifying spekuliert, ob sie mit einem Regensetup unterwegs sind, um am Sonntag optimal gerüstet zu sein. Denn nach dem Qualifying darf nichts mehr verändert werden. "Alle Teams wussten, wie das Wetter wird. Ich glaube, dass alle Teams tendenziell mehr Abtrieb fahren als sie das vielleicht sonst tun würden", war sich Christian Danner im Interview mit Motorsport-Magazin.com sicher.

Mit dieser Vermutung liegt der TV-Experte richtig. "Alle Vorhersagen sprechen von Regen, deswegen haben wir eine Kompromiss-Abstimmung gewählt, falls es morgen regnen sollte, damit wir dann auch in sehr guter Verfassung sein werden", bestätigte Red-Bull-Berater Helmut Marko. Ebenso Adrian Sutil. "Wir sind auch eher auf Regen oder besser gesagt auf mehr Abtrieb getrimmt", verriet der Deutsche. "Aber ich denke, dass man nicht so viel verändern kann."

Jenson Button stieß bei diesem Thema an seine Grenzen. "Wir können hier nicht noch mehr Abtrieb fahren", sagte der McLaren-Pilot, der sah, dass andere Autos im Qualifying langsamer unterwegs waren als noch in den freien Trainings. Doch bei seinem MP4-26 war die Grenze für Regen erreicht. "Wir können nicht noch langsamer werden. Wir könnten vielleicht noch einen kürzeren siebten Gang fahren, sehen das aber nicht als Vorteil."

6. - Sonntagswetter

Regen oder nicht, das ist hier die Frage. In Interlagos ist nur auf eines Verlass: darauf, dass auf das Wetter kein Verlass ist. Während des gesamten Qualifyings spekulierten die Teams auf Regen und die Meldungen gingen weit auseinander. Während es bei der einen Mannschaft in 30 Minuten von oben nass werden sollte, hieß es bei den anderen in den nächsten fünf Minuten, während die dritten mit einer trockenen Entscheidung rechneten.

Das ist es, was das Wetter in Sao Paulo am besten widerspiegelt. Denn selbst bei einer Regenwahrscheinlichkeit von 80 Prozent muss das nichts heißen. Doch wenn es beginnt zu regnen, dann heißt es verstecken, denn der Reißverschluss geht auf und Hektoliter prasseln auf die Fahrer herunter. "Eine Runde mehr oder weniger auf der Strecke, in der Zeit, in der sich die Bedingungen ändern, dreht eine Situation um, die in Stein gemeißelt schien", bestätigte auch Ferrari-Pilot Fernando Alonso.

Besonders spannend und nervenaufreibend kann es für Fahrer und Teams werden, wenn sich der Regen nur für einen Teil der Strecke entscheidet und es unten nass und an der Boxengasse trocken wird. Dann müssen die Strategen gemeinsam mit den Piloten entscheiden, welcher Reifen der richtige ist. Auch Bäche über die Strecke und daraus resultierendes Aquaplaning sind keine Seltenheit. Brasilien hält immer eine Wetterüberraschung bereit, weshalb Mercedes-Teamchef Ross Brawn mit der nötigen Portion Galgenhumor an die Sache geht: "Ich weiß, dass es regnet, wenn mein Kopf nass wird."

7. - Spannung

Kommt der Regen, kommt die Spannung. Eine einfache Regel, denn sollte es trocken bleiben, wird Sebastian Vettel von der Poleposition wahrscheinlich in Führung gehen und gewinnen. Das ist auch der Grund, warum Hamilton auf Startplatz vier den Regentanz tanzt. "Es ist nicht der beste Startplatz, also hoffen wir, dass es morgen nass sein wird. Es ist wahrscheinlich gut, dass es regnen wird, denn wir sind momentan nicht schnell genug, um zu gewinnen", gab der Brite ehrlich zu.

Mclaren-Teamchef Martin Whitmarsh machte den Fans aber Hoffnung auf einen spannenden Sonntag. "Im Rennen könnte es regnen, aber wir haben beide Autos passend abgestimmt - egal wie das Wetter sein wird, Jenson und Lewis sind hungrig, den siebten McLaren-Sieg einzufahren", prognostizierte Whitmarsh. Sollte es zu einem Regenduell auf Augenhöhe kommen, erwarten die Fans in Interlagos 71 spannende Runden.

Vettel hingegen hat in beiden Situationen Vorteile. Bleibt es trocken, kann er dem Feld davonziehen, wird es nass, ist er der einzige, der nicht unter der Gischt seiner Vordermänner leiden muss. "Wenn es regnet, gibt es großartige Chancen. Gleichzeitig ist aber auch das Risiko größer, einen Fehler zu machen. Wenn wir was sehen, dann fahren wir - wenn nicht, wird es schwierig", überlegte der Deutsche.

Denn diese Bedingungen sind prädestiniert für einen Einsatz des Safetycars, was Red-Bull-Berater Marko fürchtet. "Ich hoffe halt nicht, dass, so wie oft im heurigen Jahr, Sebastian klar in Führung liegt und er dann durch ein Safety Car wie in Montreal - dort betrug sein Vorsprung mehr als 20 Sekunden - wieder alles verliert und dann zum Schluss jemand wie Button damals mit Superreifen seine große Chance hat", machte der Österreicher im Interview mit Motorsport-Magazin.com deutlich.