Vor dem Auftakt des Australien-GP an diesem Wochenende waren die Reifen das beherrschende Thema in der Formel 1. Zahlreiche Fahrer hatten Bedenken über den hohen Verschleiß der Pirelli-Pneus geäußert und den Sicherheits-Aspekt angemahnt. Von erwarteten vier Reifenwechseln im Albert Park war die Rede.

Nach den ersten beiden Freien Trainings in Melbourne hat sich die Haltung zu den neuen Mischungen offenbar etwas geändert. "Die Reifen, welche im Vorfeld hart kritisiert wurden, haben heute richtig gut gearbeitet. Es war heute sehr angenehm, die Pirelli-Reifen zu fahren", erklärte etwa Mercedes-Pilot Michael Schumacher. Teamkollege Nico Rosberg stimmte zu: "Die Reifen waren auf jeden Fall viel besser, als wir es erwartet hatten - weniger Verschleiß."

Bessere Beständigkeit

Eine Meinung, die auch Jenson Button vertritt. "Die Beständigkeit der Reifen ist besser. Es ist nicht einfach, weil es immer noch Verschleiß gibt, aber es ist im Vergleich zu den Testfahrten besser geworden", so der McLaren-Fahrer. Es wisse zwar nicht, ob dies auch für die Kollegen gelte, doch McLaren-Partner Lewis Hamilton sah dies genauso.

Die Fahrer zeigten sich angesichts der verbesserten Reifen-Lage erleichtert. "Der Abbau der Reifen scheint im Vergleich zu den Testfahrten viel geringer geworden zu sein. Es geht darum, die meiste Performance im richtigen Moment herauszuholen", twitterte Heikki Kovalainen nach dem Abschluss der ersten beiden Trainings. Auch Sebastien Buemi äußerte sich via Twitter zu den Pneus: "Der Abbau der Reifen scheint geringer geworden zu sein, aber ich warte das Rennen ab."

Pirelli-Motorsportchef Paul Hembery war nach dem ersten Tag in Melbourne sichtlich zufrieden: "Unsere Reifen haben ein gutes Performance-Level und Haltbarkeit gezeigt." Ein Aspekt für den geringeren Abbau der Mischungen ist das Wetter. "Für australische Verhältnisse war es sogar kühl, aber wir haben hier mit die wärmsten Temperaturen seit den vergangenen Testfahrten. Man sieht schon, wie das Gummi unter diesen Temperaturen besser arbeitet", so Hembery weiter. Eine Vorhersage für das Rennen am Sonntag wollte der Brite allerdings nicht abgeben.

Ross Brawn ist überzeugt, dass die Reifen vor allem in der Festlegung der Rennstrategie der entscheidende Faktor sind. "Es geht nicht nur um den Reifen an sich, sondern um die Situation, die sie kreieren, wie zum Beispiel Safety-Car-Phasen. Die ganze Sache wird umgekrempelt und mit Sicherheit werden die Teams in der ersten Saisonhälfte versuchen, das richtige Gleichgewicht zu finden", meinte der Mercedes-Teamchef. Das Potential für Fehler sei in dieser Saison wesentlich höher. Nicht das schnellste Auto, sondern das cleverste Team werde den entscheidenden Vorteil haben.

145 Prozent Unterschied

Während der Freien Trainings war das Gros des Fahrerfeldes auf den harten Mischungen unterwegs. Als Alternative hat Pirelli die weiche Mischung eingepackt. Im Härtegrad unterscheiden sich die beiden Mischungen übrigens zu 145 Prozent. Damit wird deutlich, dass Pirelli zwei stark unterschiedliche Reifen an den Start bringt. So, wie es das italienische Unternehmen geplant hatte.

Die Meinung zu den neuen Pneus hat sich im Fahrerlager also erst einmal geändert. Statt harscher Kritik, fahren die Piloten jetzt den weichen Kurs - ob das auch nach dem Australien-GP der Fall bleibt? Man darf nicht außer Acht lassen, dass der Stadtkurs im Albert Park als eher Reifen schonend gilt. Vor allem bei herbstlichen Temperaturen um die 15 Grad hält sich der Abbau in Grenzen. Beim zweiten Saison-Rennen in Malaysia könnte sich die Einstellung der Piloten schlagartig ändern, doch das ist noch nicht abzusehen. Sicher ist nur: Die Pirelli-Reifen werden auch in Zukunft das große Thema in der Formel 1 bleiben.