Welche Erinnerungen haben Sie an Sebastian Vettel?
Peter Mücke: Grundsätzlich habe ich natürlich gute Erinnerungen an ihn. Wir haben im ersten Jahr den Titel geholt. Damals hat er 18 von 20 Rennen in der Formel BMW gewonnen. Danach ist er für uns in der Formel 3 gefahren - das war sicher für beide Seiten positiv. Aber wir haben ihn ganz normal ausgebildet wie jeden anderen Rookie. Das Talent war von vorne herein vorhanden, gar keine Frage. Was mir in guter Erinnerung geblieben ist, dass wir mit Sebastian neben den Rennen sehr viel Spaß hatten. Er war damals schon locker, aber auch fokussiert genug, um sich auf die Rennen einzustellen.

Würden Sie sagen, dass er sich seit damals nicht verändert hat?
Peter Mücke: Ich glaube, dass er einer der wenigen ist, der sich kaum verändert hat. Damit ist er auch gut beraten. Es war mit Sicherheit der Schlüssel dafür, dass er dieses Resultat einfahren konnte, indem er gelernt hat, sich nicht erdrücken zu lassen. Sebastian war schon damals Red Bull junior als er für uns gefahren ist und logischerweise kämpft so ein Junior Jahr für Jahr um die weitere Förderung, um seinen Weg gehen zu können. Dementsprechend muss er auch Leistung bringen, aber da haben wir uns schnell eingeschossen. Man bringt so einem jungen Mann nicht nur das Rennfahren bei, sondern auch die mentale Stärke. Im Motorsport spielt sehr viel Psychologie eine Rolle und man muss den Jungen zeigen wie man mit diesem Druck am besten umgeht.

Was sagen Sie dazu, dass es Sebastian im letzten Rennen geschafft hat, den Titel zu holen?
Peter Mücke: Mir war klar, dass er es generell schaffen kann, Weltmeister zu werden. Aber wir hatten 2010 eine Konstellation, die über das Jahr gesehen sehr ungünstig für Sebastian war. Er hat sehr viele Punkte verschenkt, einerseits durch eigene Fehler, aber andererseits sehr viel durch technische Defekte. Wenn man sich dann die Situation im letzten Rennen ansieht, dann hätte man nicht erwartet, dass Ferrari so einen Strategiefehler macht. Sebastian konnte nur das Rennen gewinnen, mehr konnte er nicht zutun für die Weltmeisterschaft. Das haben er und Red Bull perfekt gemacht, aber Ferrari hat die falsche Strategie gewählt, Alonso in den Verkehr geschickt und ihn somit zur stumpfen Waffe gemacht. Alonso war theoretisch der Fahrer mit den besten Karten, aber andersherum Rennen ist Rennen und das sieht nach zwei, drei Runden manchmal ganz anders aus wie geplant.

Viele gehen davon aus, dass die kommenden Weltmeisterschaften über Vettel gehen und er in die Fußstapfen von Schumacher treten kann.
Peter Mücke: Sebastian ist sicherlich auf dem Level eines Schumachers, ohne Frage. Aber der Rest ist in der Formel 1 davon abhängig, in welchem Auto er sitzt. Er hatte das Glück in diesem Jahr im richtigen Auto zu sitzen, was aber er in der Zukunft nicht immer garantiert ist. Allerdings hat er aufgrund dieses Erfolges die Möglichkeit, sein Team auszusuchen. Er kann sagen: hier fahr ich, hier fahr ich nicht. Normalerweise ist das bei einem jungen Fahrer nicht der Fall, der muss fahren, wo Platz ist. Das ist wiederum eine gute Absicherung, um auch zukünftig solche Leistungen bringen zu können.