Christian, die Formel 1 hat mal wieder ein neues Reglement für 2011 beschlossen. Was hältst Du davon?
Christian Danner: Die Formel 1 ist eine Wissenschaft für sich und zwar für beide Seiten, für die, die die Regeln schreiben und für die, die damit klarkommen müssen. Wir haben schon sehr viele Regeln gehabt, die zu gar nichts oder zu weniger als vorher geführt haben, andere waren durchaus positiv. Das heißt, der Wille hinter einer Regeländerung ist, dass es besser wird. Jetzt muss man sich fragen, ob die neuen Regeln besser sind für das, was auf der Strecke passiert und was der Zuseher sehen will? Oder ist es nur Aktionismus, weil man irgendetwas machen will, damit sich etwas tut?

Dann gehen wir die Regeländerungen der Reihe nach durch. Nummer 1: Der bewegliche Heckflügel.
Christian Danner: Speziell die Einführung des beweglichen Heckflügels finde ich persönlich bescheuert. Ich finde, dass diese Idee dem Grundprinzip des Rennfahrens völlig widerspricht, indem einem Fahrer erlaubt wird zu boosten und dem anderen Fahrer verboten wird, sich zu wehren. Das ist eine Manipulation. Ich habe es lieber, wenn das der Fahrer erledigt, wenn er sich überlegt, wie er vorbeikommt, egal wie schwer es ist. Die Teams machen für 2011 einen flachen Diffusor, mit 125 mm soviel ich weiß und dann wäre es meiner Meinung nach besser gewesen, einfach abzuwarten und zu sehen wie es läuft. Dann brauche ich nicht diesen Oberkiller mit dem wahnsinnig schwierig zu bauenden, zu kontrollierenden und überaus komplizierten Heckflügel. Mich graut schon jetzt die Vorstellung, wie ich dann diesen Heckflügel den Leuten während eines Rennens verkaufen soll. Das versteht doch keiner!

Nummer 2: KERS.
Christian Danner: Noch dazu kommt dieses blöde KER-System, das ich sowieso nicht leiden kann. Das wird für die Zuseher so verwirrend. Im letzten Jahr hatten sie Mühe diese KERS-Thematik zu visualisieren, das heißt man hat gesehen, der Fahrer hat noch so und soviel KERS. Jetzt ist das schon schwer genug, vom Auto auf den Bildschirm zu transferieren und dann noch zu erklären, warum der Eine das hat und der Andere nicht, warum es beim Einen funktioniert und beim Anderen nicht und was das für Einflüsse hat, das hat einen riesigen Rattenschwanz als Folge.

Achtung: Nicht nur KERS löst Warnsignale aus, Foto: Ferrari Press Office
Achtung: Nicht nur KERS löst Warnsignale aus, Foto: Ferrari Press Office

Wie wird das Zusammenspiel von KERS und beweglichem Heckflügel funktionieren?
Christian Danner: 2011 haben wir dann KERS und den Heckflügel, da weiß keiner mehr, was los ist. Das sind meiner Meinung nach zwei überflüssige Methoden, um das Rennen zu manipulieren. Weil mit dem Heckflügel kann die Rennleitung ganz einfach manipulieren. Sie können einfach keine Freigabe erteilen oder es klappt einmal nicht. Dieses Potenzial an Desaster, das der bewegliche Heckflügel hat, ist unlimitiert hoch. Deshalb halte ich diese Geschichte für völlig überflüssig. Wir hatten dieses Jahr tolle Rennen. Es gab vielleicht nicht so viele Überholmanöver wie man gern gehabt hätte, aber es ist eigentlich alles gut. Deshalb ist dieser Oberkiller genauso blöd wie ausgeloste Startaufstellungen, denn damit fällt die Ernsthaftigkeit weg. Durch das neue Reglement werden die Rennen zum Lotteriespiel und das ist einfach nur blöd.

Lässt sich das Desaster noch abwenden?
Christian Danner: Es besteht die theoretische Chance, dass das WMSC noch etwas ändert. Denn es wird nichts so heiß gegessen wie es gekocht wird. Ich will nicht sagen, dass ich Hoffnung habe, dass es passieren wird, aber es ist theoretisch möglich, dass etwas verschoben wird. Eigentlich sind das alles Dinge, die längst alter Käse sind. Dinge wie der bewegliche Heckflügel wurden schon hundertmal besprochen und waren alles Ergebnisse der Overtaking Working Group. Diese Dinge sind nichts Neues, die gibt es schon ewig und jetzt kommen sie wieder einmal auf den Tisch.

Nächstes Jahr gibt es mit Pirelli auch einen neuen Einheitsreifenhersteller.
Christian Danner: Als ob KERS und der Heckflügel nicht schon reichen würden, kommt dann noch die Reifenproblematik hinzu. Dabei haben die Reifen soviel Sprengstoffpotenzial, das kann man sich gar nicht vorstellen. Es wäre gemein zu behaupten, dass Pirelli es nicht schafft, in der Qualitätskontrolle gleichwertige Reifen zu machen. Aber in jeder Meisterschaft, in der Pirelli Alleinausstatter war, war es der Fall. Vielleicht ist es in der Formel 1 anders, aber was ich mit Pirelli miterlebt habe, ist sagenhaft. Peter Collins von Benetton hat mir damals Geschichten erzählt, da greift man sich nur mehr an den Kopf.

Wie sähe das ideale Reglement für Dich aus?
Christian Danner: Ich will einfach, dass der Fahrer auf der Strecke entscheidet, nicht die Rennleitung, nicht die Telemetrie-Ingenieure oder das Team. Der Fahrer soll lenken, bremsen und Gas geben wie er es will und so bei einem anderen Fahrer auch vorbeigehen.