Er hat es geschafft: Mit seinem Sieg im letzten Rennen der DTM-Saison 2025 krönte sich Ayhancan Güven erstmals zum DTM-Champion. Aller kontroversen rund um den Weg zum Triumph zum Trotz: Im Anschluss an die Zieldurchfahrt brachen bei Güven und seinem Team Manthey-Porsche alle Dämme. Die Beteiligten ließen ihren Emotionen freien Lauf, bei Güven selbst fließen Tränen.

“Das bedeutet alles für mich“, blieb Güven auch in der anschließenden Pressekonferenz emotional. „Ich habe mein ganzes Leben dafür gearbeitet. Als ich mit dem Rennen fahren begann, hätte ich kaum gedacht, dass ich Profi werde.“ Güven weiter: „Nach mehr als 20 Jahren Racing und ein paar Jahren ohne habe ich immer davon geträumt. Das bedeutet mir, meiner Familie und dem Land alles.“ Güven ist der erste türkische Champion in der Geschichte der DTM.

DTM-Drama in Hockenheim: Rast-Albtraum bei kontroversem Finale! (15:56 Min.)

Güven: Mit Qualifying-Erfolg zum DTM-Titel

Den Weg zum Titel hatte sich Güven dabei bereits im Qualifying am Sonntagmorgen geebnet. Während Güvens Teamkollege Thomas Preining nach seinem dominanten Sieg am Samstag von nicht wenigen im Fahrerlager als Favorit gehandelt wurde, aber nur Startplatz elf erreichte, wurde Güven als bester Titelanwärter Zweiter.

Am Start verteidigte Güven schließlich P2 hinter Überraschungs-Polesetter Gilles Magnus (Comtoyou-Aston-Martin) vor Titelrivale Rene Rast im Schubert-BMW. Schon dieses Manöver war nicht gänzlich unumstritten, da sich Güven in der Spitzkehre weit raustragen ließ, um vor Rast zu bleiben, dieser so bis an den Streckenrand gedrückt und beim zurückkehren auf die Ideallinie von Ben Green (Emil-Frey-Ferrari) abgeräumt wurde. Rast hatte im Anschluss auch harte Kritik für Güven übrig, wie Ihr hier nachlesen könnt:

Güven schaut nur nach vorne: Wollte nicht im Cockpit rechnen

Nachdem Güven mit einem Overcut im ersten Boxenstopp-Fenster die Führung übernommen hatte, blieb er schließlich auch bis zur letzten Runde vorne. Dann schienen Güvens Titelträume zu platzen. Nachdem er sich zwischenzeitlich einen komfortablen Vorsprung erarbeitet hatte, brachte eine Safety-Car-Phase das Feld wieder zusammen. Allen voran Marco Wittmann setzte Güven anschließend im Schlussspurt unter Druck und überholte ihn in der letzten Runde zwischen den Kurven 10 und 11. So hätte Güven den Titel an Lucas Auer verloren.

Doch Güven hatte noch eine letzte Attacke im Köcher und ging mit einem kontrovers aufgefassten Manöver inklusive Reifen auf dem Gras und einem Kontakt mit Wittmann in der Sachskurve zur Titelentscheidung erneut vorbei. „Mein Mindset war immer: Ich wollte nicht rechnen, sondern das Rennen gewinnen“, beschrieb Güven seinen Gedankengang während des Rennens.

Emotionen nach DTM-Krimi: „Das ist die Bedeutung des Lebens“

“Ich wollte nicht in den Spiegel schauen, nicht nachrechnen. Das hatte ich mir fest vorgenommen“, so Güven weiter. „Der volle Fokus lag auf dem Rennen. Ich wusste erst, dass es geschafft ist, als die Durchsage am Funk kam.“ Sein Glück konnte Güven daraufhin kaum fassen: „Ich hoffe für jeden, der zusieht, dass sie einmal in ihrem Leben fühlen können, was ich gerade fühle. Für mich ist das die Bedeutung des Lebens.“ Mit seinem Titel ist Güven der fünfte unterschiedliche Titelträger im fünften Jahr der GT3-DTM. Dabei ist es aber das erste Mal, dass ein Hersteller (Porsche) bereits zum zweiten Mal den Fahrer-Champion stellt. Manthey gewann wie beim Triumph Preinings 2023 zudem auch die Team-Wertung.

Ayhancan Güven bei der DTM in Hockenheim
Güven ist der fünfte unterschiedliche Meister der GT3-DTM, Foto: IMAGO / Beautiful Sports

Für Güven ist der Titel die Krönung einer DTM-Karriere, die trotz ihres noch recht jungen Alters bereits einige Höhen und Tiefen durchlaufen hat. Güven hatte zunächst 2022 mit zwei Starts am Norisring bei AF-Corse-Ferrari sein DTM-Debüt gegeben. Damals hatte Güven den etatmäßigen Stammfahrer Nick Cassidy ersetzt, der durch die Formel E in Marrakesch verhindert war. Mit Platz sieben im Sonntagsrennen wusste Güven mit Ferrari-Maschinerie sofort zu überzeugen – obwohl er zuvor vor allem in Porsche-Markenpokalen an den Start gegangen war.

Güven in der DTM: Große Steigerung im dritten Jahr

2022 debütierte Güven zudem auch als Stammfahrer im ADAC GT Masters und wurde zusammen mit Christian Engelhart auf Anhieb Vizemeister. 2023 folgte die Beförderung in die DTM zur Porsche-Kundenmannschaft Team Bernhard. Mit einem Podestplatz am Sachsenring beendete Güven die Saison auf dem 15. Platz und musste sich dabei seinem Rookie-Teamkollegen Laurin Heinrich mit 70:94 Zählern geschlagen geben.

Dennoch überzeugte Güven insofern, als dass er zur Saison 2024 zum dann einzig verbliebenen Porsche-Team Manthey als Ersatz für Dennis Olsen an der Seite des frisch gebackenen Champions Thomas Preining wechseln durfte. Es folgte eine herausfordernde Saison – für Porsche und Manthey grundsätzlich und für Güven im Speziellen.

Während Preining mit einem Sieg, zwei weiteren Podestplätzen und Meisterschaftsrang fünf die Porsche-Fahne hochhielt, erreichte Güven mit erneut einem Podestplatz die 16. Meisterschaftsplatzierung. Dabei fuhr der Mann aus Istanbul nicht einmal halb so viele Punkte ein wie Preining.

Sachsenring-Doppelsieg ebnet Güven Weg zum Titel

Doch zur Saison 2025 sollte alles anders werden. Schon beim Saisonauftakt in Oschersleben siegte er im Sonntagsrennen. Im Regen von Zandvoort folgte Triumph Nummer zwei. Dies reihte sich jedoch in eine Strecke von sechs Rennen ein, in denen Güven mit Ausnahme seines Zandvoort-Sieges kein einziges Mal die Top-10 erreichte.

Zum wirklichen Titelkandidaten mauserte sich Güven dann beim drittletzten Rennwochenende auf dem Sachsenring, wo er mit freundlicher Unterstützung Preinings, der zweimal im Kampf um den Sieg kollidierte, beide Rennen gewann. Bis zuletzt blieb Güven an der Spitze dran und stach in Hockenheim die restliche Konkurrenz auf dem Weg zum Titel aus. Insgesamt gewann er ganze fünf Rennen. Kein anderer Fahrer 2025 gewann mehr als drei Läufe. „Ich weiß, dass es nicht immer einfach war. Aber wir haben es geschafft und das ist, was zählt“, so Güven bei ProSieben.