Als wäre das DTM-Wochenende auf dem Sachsenring nicht schon turbulent genug gewesen, folgte der dickste Hammer vier Stunden nach dem Ende des aufregenden Sonntagsrennens. Ben Dörr verlor den zweiten Platz im Nachgang wegen einer Disqualifikation und damit den ersten Podesterfolg eines McLaren in der Geschichte der deutschen Traditionsserie.
Dem Familienteam Dörr Motorsport waren gleich drei Fehler unterlaufen, die den Sportkommissaren in der Summe keine andere Wahl ließen, als Nachwuchspilot Dörr aus der Wertung zu nehmen. Dazu zählten:
- 1. Ein verbotener Wechsel von Slick-Reifen auf andere Slicks in der Startaufstellung
- 2. Dörr fuhr vor dem Start mit Reifen aus der Boxengasse in die Startaufstellung, die er nicht im Qualifying genutzt hatte (Top-10 des Qualifyings müssen aber auf diesen Reifen rausfahren und starten)
- 3. Die Runde in die Startaufstellung auf den falschen Reifen verschaffte Dörr einen potenziellen Vorteil, weil die Reifen dadurch angewärmt wurden. Das Anwärmen von Reifen ist allerdings unter allen Umständen verboten
Robin Dörr: "Ein Fehler, den wir uns ganz klar ankreiden müssen"
Es sind diese Momente im Profi-Sport, bei denen sich die Verantwortlichen am liebsten unter einem Stein verstecken würden. Dörr-Technikchef Robin Dörr stellte sich am späten Sonntagabend auf dem Sachsenring dennoch den Fragen von Motorsport-Magazin.com. Der ältere Bruder von Ben Dörr räumte zwar enttäuscht, aber ohne Umschweife ein: "Das war ein Fehler, den wir uns ganz klar ankreiden müssen."
Einen versuchten Betrug kann man in diesem Fall ganz klar ausschließen: In der DTM sind alle Reifen mit Sensoren ausgestattet und können zu jedem Zeitpunkt überwacht werden. Wie der jungen Dörr-Mannschaft ein solcher Fehler passieren konnte, muss jetzt intern aufgearbeitet werden. Robin Dörr meinte in einer ersten Reaktion: "Fehler passieren. Wir müssen uns nach dem Wochenende zusammensetzen und genau schauen, wie es zu diesem Missverständnis kam und woran es lag."
Und weiter: "Wir wussten, dass wir mit den Reifen starten mussten, mit denen wir im Qualifying die schnellste Runde gefahren sind. Warum wir mit einem neuen Satz Slicks rausgefahren sind (auf dem Weg in die Startaufstellung; d. Red.), weiß ich noch nicht. Das müssen wir intern klären."
Dörr-Team wusste schon während des Rennens Bescheid
Motorsport-Magazin.com weiß: Das Team wurde frühzeitig vom Verstoß gegen das Reglement in Kenntnis gesetzt. Dass der 20 Jahre junge Dörr dann auch noch von Startplatz acht aufs Podium fuhr - auch profitierend von zahlreichen Ausfällen vor ihm fahrender Piloten - tat dann doppelt weh. "Wir wussten es seit der Startaufstellung. Deswegen hatte das ganze Rennen einen Beigeschmack. Das erste Podium in der DTM wegen einer Disqualifikation zu verlieren, tut unheimlich weh", bestätigte Robin Dörr.
Frage: Wusste denn Fahrer Ben Dörr während des Rennens, dass ihm eine Strafe droht? Antwort von Bruder Robin: "Ben wusste, welche Reifen drauf sind. Es ist nicht seine Aufgabe, das Reglement zu kennen. Da müssen wir uns als Team die Vorwürfe machen. Wir haben Ben gesagt, dass er sein Rennen fahren soll. Dass wir ein Podium rausfahren, damit hatte eigentlich niemand von uns gerechnet."
Disqualifikation unumgänglich: Fehler brachte potenziellen Vorteil
Derartige Fehler werden in der DTM hart bestraft. Die Sportkommissare ließen sich mit ihrem Urteil einige Stunden Zeit, um alle Daten auszuwerten und die Beteiligten anzuhören, aber auch, um das Gesamtbild einzuordnen. Wer disqualifiziert schon gerne ein Nachwuchstalent, das selbst überhaupt keine Schuld trifft, sondern der operative Fehler ganz klar beim Team lag?
Die drei Verstöße gegen das Sportliche Reglement waren aus Sicht der Sportkommissare jedoch zu gravierend, um stattdessen ein milderes Strafmaß zu verhängen. Temperatur-Messungen ergaben, dass die Reifen, die Dörr verbotenerweise für die Runde in die Startaufstellung nutzte und später beim ersten Boxenstopp montieren ließ, wärmer waren als erlaubt.
Eine geringere Strafe hätte Tür und Tor für Nachahmer geöffnet, was in der DTM - wo Reifenwärmer und jegliche Versuche, die Reifen anzuwärmen, streng untersagt sind - unter allen Umständen vermieden werden soll.

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