Klare Sache: Abt Sportsline gehört zur DTM wie die Bratwurst zum Nürburgring. Seit genau 25 Jahren engagiert sich der Rennstall aus Kempten in der deutschen Traditionsserie, die 2024 ihren 40. Geburtstag feiert. Ab der 'Neuen DTM' zum Jahr 2000 waren die Äbte durchgängig mit von der Partie, und das stets mit Rennwagen von Audi.
Angefangen beim in 100 Tagen aufgebauten Abt-Audi TT-R über diverse Silhouetten-Prototypen der Class-1-Ära bis hin zum aktuellen Audi R8 LMS GT3 Evo2: Wo Abt draufsteht, steckt Audi drin. Und der Erfolg sowieso: Mit 76 Siegen, 256 Podestplätzen, fünf Fahrer- und fünf Teamtiteln ist Abt Sportsline das erfolgreichste aktive Team im DTM-Starterfeld.
Abt Sportsline und Audi in der DTM: Zeichen stehen auf Abschied
Mit Kelvin van der Linde und Ricardo Feller greifen derzeit sogar beide Abt-Piloten nach dem Titelgewinn, sie reisen als Erst- und Drittplatzierte zum bevorstehenden Rennwochenende an den Norisring. Der erste Fahrer-Titeltriumph seit Timo Scheider 2009 könnte gleichzeitig der letzte mit Audi sein: Die Zeichen stehen nach dem Ingolstädter Vorstands-Beben - keine finanzielle Unterstützung mehr für Kundenteams - auf Abschied.
Die Äbte haben Audi trotz dieser hochdiskutablen Entscheidung die Treue gehalten und setzen zusammen mit dem neuen, alten Sponsor Red Bull als einziges Team weiterhin zwei Audi R8 LMS GT3 in der DTM ein. Was Hans-Jürgen Abt, CEO der Abt-Gruppe, von der Entscheidung um den abgetretenen Audi-Vorstand Markus Duesmann zugunsten des Formel-1-Einstiegs ab 2026 hält, daraus machte er kein Geheimnis.
Hans-Jürgen Abt: "Kann mich mit dieser Firmenpolitik nicht identifizieren"
"Ich kann mich mit dieser Firmenpolitik nicht identifizieren und würde mir wünschen, dass der aktuelle Audi-Vorstandsvorsitzende Gernot Döllner das noch einmal überdenkt", richtete Abt in einer Pressemitteilung einen Appell an die Vorstandsetage in Ingolstadt. "Kundensport ist ein Geschäftsmodell und mit relativ geringen Mitteln machbar. Noch dazu boomt er."
Audi habe laut Abt mit seinen Erfolgen weltweit über viele Jahre Kunden angesprochen und glücklich gemacht. "Und dann kippt man so etwas. Ich glaube, dass das den Kunden überhaupt nicht gefällt und sie im schlimmsten Fall zu Mitbewerbern wie BMW oder Mercedes abwandern. Die wieder zurückzuholen kostet mehr Geld, als die Abteilung am Leben zu halten."
Wie geht es für Abt Sportsline in der DTM weiter?
Viele professionelle Kundenteams und langjährige Werksfahrer hatten sich in der Folge von Audi bzw. Audi Sport abgewandt und neue Partner gesucht. Und das trotz des Wissens, dass der aktuelle GT3-Audi zu den beliebtesten und günstigsten Kundensportwagen der Welt gehört. So gelang dem Privatteam Scherer Sport PHX - ehemals Phoenix Racing - sogar der Gesamtsieg beim diesjährigen 24-Stunden-Rennen auf dem Nürburgring.
Ohne finanzielle Unterstützung ist es für die meisten Profi-Kundenteams allerdings nicht mehr möglich, im harten Wettbewerb mit einem Dutzend Marken auf Augenhöhe zu konkurrieren. Auch Abt Sportsline hat sich anderweitig umgeschaut ist und letztes Jahr auf der Nürburgring-Nordschleife zu Lamborghini gewechselt.
Offen bleibt, ob die Äbte ab 2025 auch in der DTM auf die italienischen GT3-Rennwagen setzen. "Durch das 24h-Rennen haben wir gute Kontakte zu Lamborghini und tauschen uns immer mal aus", sagte Abt-CEO Thomas Biermaier zu Motorsport-Magazin.com. "Wir wollten dieses Jahr auf jeden Fall mit Audi weitermachen und nicht so aufhören. Ich glaube, dass Audi es uns hoch anrechnet, dass wir sie trotz des Rückzuges weiter in der DTM vertreten. Was 2025 passiert, werden wir später im Herbst verkünden."
Klar ist nur, dass die DTM auch nach einem Vierteljahrhundert Zugehörigkeit ein wichtiger Bestandteil des Unternehmens bleibt. Hans-Jürgen Abt: "Natürlich. Wir sind ein innovatives Unternehmen. 'Von der Rennstrecke auf die Straße' ist unser Slogan. Wir wollen den Leuten zeigen, dass wir gute Arbeit leisten, technisch versiert und zuverlässig sind. Durch den Motorsport kann man Vertrauen in unsere Produkte aufbauen. In der DTM beweisen wir unsere technische Kompetenz."
"Schon im vierten Rennen wurde festgelegt, auf welchen Fahrer man setzt"
Dass die Äbte in der DTM als Privatteam seit dem Reglementwechsel 2021 auf GT3-Autos ihr eigenes Ding machen, gefiel Abt sogar. Schonungslos legte er offen, was viele Fahrerlager-Insider wissen, sich aber kaum jemand getraut hat, offen auszusprechen!
Abt: "Ich bin sehr glücklich, dass wir wieder unsere eigenen Wege gehen und alles im Team selbst entscheiden können. In den letzten Jahren der Werksdynastie konnten wir ja nicht einmal mehr an unseren eigenen Setups arbeiten. Alles war gläsern. Wenn wir etwas geändert haben, wussten das auch die anderen Teams von Phoenix und Rosberg. Unser einziges Asset waren am Ende eigentlich noch die Boxenstopps."
Das sei nicht der Anspruch von Abt gewesen, der fortfuhr: "Es ging nur noch um das Auto und die Marke. Schon im vierten Rennen wurde festgelegt, auf welchen Fahrer man setzt. Für mich war das nicht mehr real racing, wie wir es heute wieder haben: kämpfen, Spaß haben und auf der Strecke etwas riskieren."
Den vom neuen DTM-Promoter ADAC eingeschlagenen Weg begrüßte Abt, der sich für eine Verringerung des CO2-Ausstoßes aussprach und dafür, die Teams zu stärken, "damit sich diese langfristig engagieren, ohne zu sehr von den Herstellern abhängig zu sein. Formel 1 und MotoGP zeigen, wie ein Geschäftsmodell für Promoter, Veranstalter und Teams funktionieren kann. Da müssen wir mit der DTM in Deutschland auch hin".
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