Mit Vorhersagen ist das so eine Sache beim vorletzten DTM-Rennwochenende in Spielberg. War für den Trainings-Freitag eigentlich starker Regen angekündigt, blieb es größtenteils trocken. Pünktlich mit Beginn des 2. Freien Trainings am Nachmittag öffnete der Himmel über der beschaulichen Berglandschaft kurzzeitig seine Schleusen, aber nicht einmal ausreichend, um die Fahrer für einen Wechsel auf Regenreifen zu überzeugen.

Andere Vorhersagen bewahrheiteten sich hingegen umso mehr: Audi fährt auf dem Red Bull Ring heillos hinterher. Landeten die Fahrer von Abt Sportsline mit Titelkandidat Ricardo Feller, Engstler-Audi und Attempto-Audi im 1. Training geschlossen am Ende des Klassements, wurde es in der zweiten 45-minütigen Session kaum besser. Bestplatzierter Fahrer eines Audi R8 LMS GT3 war DTM-Rookie Luca Engstler - abgeschlagen auf dem 18. Rang.

Sheldon van der Linde setzt Duftmarke mit Bestzeit

Dem Audi-Sport-Fahrer aus dem Team seines Vaters fehlten gut acht Zehntelsekunden zu Spitzenreiter Sheldon van der Linde (Schubert-BMW), der mit der Bestzeit zumindest eine kleine Duftmarke auf dem Weg zur erhofften Titelverteidigung setzen konnte. Der Südafrikaner hat in der DTM-Tabelle 60 Punkte Rückstand auf den Gesamtführenden Mirko Bortolotti (SSR-Lamborghini) und braucht schon fast ein Traum-Wochenende à la Lausitzring 2022, wo er mit einem Doppelsieg den Grundstein für den späteren Titelgewinn legte.

Abt-Pilot und Titelanwärter Ricardo Feller fehlte im Training gar eine Sekunde auf die BMW-Spitze, angeführt von van der Linde und seinem Schubert-Teamkollegen Rene Rast. Geht es so weiter, dürfte der Meisterschaftskampf für den Gesamt-Dritten aus dem Lager der Äbte nach diesem Wochenende gelaufen sein.

Bislang wirkten die Audi in Spielberg komplett, und wie selbst angekündigt, chancenlos. Der Red Bull Ring galt noch nie als Audi-Strecke, doch diesmal scheint es eklatant zu sein. "Die können eigentlich schon jetzt nach Hause fahren", sagte selbst ein DTM-erfahrener Vertreter eines anderen Herstellers. An einen großen Bluff der Audianer glaubt niemand so wirklich.

Abt-Direktor Martin Tomczyk: "Fühlen uns benachteiligt"

"Wir fühlen uns benachteiligt", machte Abt-Motorsportdirektor Martin Tomczyk am Freitag nach dem 1. Freien Training gegenüber Motorsport-Magazin.com noch einmal deutlich. "In Kurven sind wir zwar schneller, aber dass man mit einem GT3-Auto nur auf den Geraden überholen kann, ist auch bekannt." Auch mit weniger BoP-Gewicht rechnet man sich hier im Audi-Lager keine guten Chancen aus, eher hätte es einen größeren Restriktor benötigt, um den Berg hochzukommen. Der Topspeed-Nachteil auf die Konkurrenz beträgt bis zu 8 km/h.

Deutlich konkurrenzfähiger präsentierten sich neben BMW und den Emil-Frey-Ferrari auch Porsche. Im 2. Training belegten hinter den beiden Schubert-BMW und Thierry Vermeulen (Emil-Frey-Ferrari) drei Porsche 911 GT3 R die Plätze vier bis sechs: Titelanwärter Thomas Preining und Manthey-Teamkollege Dennis Olsen sowie Laurin Heinrich (Bernhard-Porsche).

Im Kollektiv ebenfalls vorne dabei die vier Mercedes-Piloten Jusuf Owega (Landgraf-Mercedes), Lokalmatador Lucas Auer (Winward-Mercedes) sowie Maro Engel im zweiten Landgraf-Mercedes auf den Positionen sieben, acht und zehn. Zwischen das AMG-Trio drängelte sich Jack Aitken mit seinem Ferrari 296 GT3 von Emil Frey Racing.

Ärgerliche Grid-Strafe für Luca Stolz

Unglücklich lief es unterdessen für den Mann der vergangenen Wochen, Luca Stolz (HRT-Mercedes): Der AMG-Fahrer kassierte nach dem 1. Training eine Verwarnung, weil nach Sessionende kurz vor der Einfahrt zur Boxengasse noch einmal ausscherte und auf die Strecke zurückkehrte. Das brachte Stolz die dritte Verwarnung der Saison und damit eine aus sicher Sicht höchst ärgerliche 5-Platz-Gridstrafe für den Samstag ein.

Caldarelli schnellster Lamborghini bei DTM-Debüt

Ein Fragezeichen steht unterdessen noch hinter Lamborghini und dem neuen Evo-Modell seines Huracan GT3. Der Sportwagenbauer aus Italien war in der Vergangenheit auf dem Red Bull Ring zwar konkurrenzfähiger als der bauähnliche Audi, für ein gutes Ergebnis musste allerdings auch vieles zusammenpassen. Der perfekte Mann für diese Aufgabe dürfte Mirko Bortolotti sein, der mit seinem Münchner Rennstall SSR Performance in Richtung Titelgewinn drängt. Im 2. Training musste sich der in Wien lebende Italiener allerdings mit dem 17. Platz begnügen.

Der schnellste Lambo-Fahrer war DTM-Debütant Andrea Caldarelli beim Heimrennen seines GRT-Teams um Teamchef Gottfried Grasser. Der italienische Werkspilot nimmt in Spielberg das zuletzt vakante Cockpit beim Rennstall aus Knittelfeld ein und belegte am Nachmittag den elften Platz. Caldarelli kennt den GT3-Lamborghini sowie die GRT-Mannschaft ohnehin seit Jahren und hat auch in der DTM offenbar keine Anpassungsschwierigkeiten.

Nach dem Privat-Test am Donnerstag und den beiden Freien Trainings am Freitag wird es am Samstag erstmals ernst: Das Qualifying für das Samstagsrennen beginnt um 09:00 Uhr. Der Rennstart zum drittletzten Rennen des Jahres erfolgt um 13:30 Uhr. Erlebt die DTM morgen die nächste Regenschlacht auf dem Formel-1-Kurs?