Martin Tomczyk gibt auch am Schreibtisch Vollgas! Nach dem Ende seiner Rennfahrer-Karriere Ende vergangenen Jahres nahm der DTM-Champion von 2011 eine neue Herausforderung in Angriff und wechselte zur DTM-Dachorganisation ITR. Zu Jahresbeginn als neuer Manager für die Rahmenrennserie DTM Trophy vorgestellt, steht nun schon 'DTM Representative Brand & Sports' auf der Visitenkarte des früheren Audi- und BMW-Werksfahrers.

Tomczyk hat sich innerhalb weniger Monate intensiv in das neue Arbeitsumfeld eingearbeitet, seine Expertise als langjähriger Rennfahrer wird im Fahrerlager der DTM geschätzt. Als Gerhard Berger beim Rennwochenende auf dem Lausitzring vorzeitig abreiste, übernahm Tomczyk sogar dessen Aufgaben an der Strecke.

Für Berger, so scheint es, war Tomczyks Verpflichtung ein echter Coup. Nicht zuletzt, weil der Österreicher zumindest ein wenig kürzertreten will im Vergleich zu seinen ersten Jahren als DTM-Boss, als er auch wegen seiner Prominenz der eindeutige Leuchtturm der deutschen Traditionsserie war und schlussendlich die DTM vor dem befürchteten Tod bewahrte. Mit knapp 30 Autos und sechs Herstellern unter dem 2021 eingeführten GT3-Reglement gilt die Rettung als geglückt.

Berger: "Martin Tomczyk wird einfach akzeptiert"

"Mein Traum ist, starke Leute zu bekommen, einen Unterbau", sagte Berger schon beim diesjährigen Saisonauftakt in Portimao. "Deshalb Martin Tomczyk, der einfach akzeptiert wird, wenn er auch mal ohne mich da sitzt und fachgerecht antworten kann. Es ist wichtig, dass ich mich ein bisschen rausnehme."

Mehreren DTM-Beobachtern war zuletzt aufgefallen, dass Berger nicht mehr die alles umfassende Präsenz seiner ersten Jahre in der DTM innehat. ITR-Kollegen wie Tomczyk, Frederic Elsner oder auch Technikchef Michael Resl rückten immer weiter in den Vordergrund.

Unternehmer Berger widersprach nicht: "Da steckt aber kein Plan dahinter, da geht es einfach um Überlastung. Ich habe noch drei Firmen und die so vernachlässigt, dass es eine Balance braucht. Aber mein Herz hängt am Motorsport, an der DTM. Da bin ich am liebsten. Auf Dauer muss ich das ein bisschen anders organisieren, sonst bleiben Familie und alles andere etwas auf der Strecke."

Tomczyk: "Eine Richtung, die vielleicht wegweisend ist"

Ob sich Tomczyk vorstellen könne, das neue 'Aushängeschild' der DTM zu werden, wollte Motorsport-Magazin.com vom 40-Jährigen wissen. Nicht wenige DTM-Experten könnten sich den Rosenheimer nach seinen ersten Auftritten als ITR-Mann durchaus auf lange Sicht in dieser Rolle vorstellen.

Martin Tomczyk im Gespräch mit Robert, Foto: Motorsport-Magazin.com
Martin Tomczyk im Gespräch mit Robert, Foto: Motorsport-Magazin.com

Tomczyk gab sich zurückhaltend: "Es ist wie in jedem Betrieb ein Miteinander. Und auch im Motorsport funktioniert es nur im Team. Als Gerhard beim DTM-Rennwochenende auf dem Lausitzring vorzeitig abgereist ist, habe ich ihn in seinen Aktivitäten vertreten. Das ist eine Richtung, die vielleicht wegweisend ist. Ich sehe mich noch nicht zu 100 Prozent in dieser Position. Es ist aber schon so, dass wir zusammen DTM machen wollen."

Die Umstellung vom aktiven Sportler ins Management sei anfangs gewöhnungsbedürftig gewesen, räumte Tomczyk ein. Aber: "Aus meiner Sicht war sehr schnell klar, dass es gut funktioniert. Jetzt weitet sich mein Tätigkeitsbereich immer mehr aus."

Hermann Tomczyk "hält sich - zum größten Teil - raus"

Auf den neuen Pfaden kann es zumindest nicht schaden, dass Martin mit Vater Hermann Tomczyk einen Motorsport-Experten mit jahrzehntelanger Erfahrung in der eigenen Familie weiß. Tomczyk Senior war von 1997 bis 2021 Sportpräsident des ADAC, zudem Ehrenpräsident des DMSB und ehemaliger Vizepräsident Sport beim Automobil-Weltverband FIA. Am vergangenen Rennwochenende auf dem Norisring stattete der frühere Rallye-Fahrer nach längerer Zeit auch der DTM mal wieder einen Besuch ab.

Wie der Vater, so der Sohn: Familie Tomczyk, Foto: ADAC Motorsport
Wie der Vater, so der Sohn: Familie Tomczyk, Foto: ADAC Motorsport

Ob man sich im Familienkreis austauscht, nachdem Martin nun ansatzweise in die Fußstapfen des Vaters steigt? Tomczyk Junior: "Er hat mich beim aktiven Rennfahren schon in Ruhe gelassen, und so macht er es auch jetzt. Natürlich ist er stolz, dass ich nach meiner Karriere auch einen Weg eingeschlagen habe, den er nach seiner aktiven Zeit gewählt hat. Er schaut die Rennen und gibt mir Feedback, wie er das als Zuschauer sieht. Ich versuche das dann aufzuarbeiten. Es ist klar, dass man in der Familie darüber spricht. Er weiß aber, dass ich das kann, und hält sich - zum größten Teil - raus."

Martin Tomczyk in der DTM: 24/7-Job und mehr

Überrascht war Tomczyk über die ausgedehnten Arbeitszeiten seines neuen Jobs. "Ich hatte es mir nicht ausgemalt, dass ich von Montag bis Freitag, von früh bis abends, im Büro sitze. Eigentlich ist es ein 24/7-Job, weil im Motorsport oft viel sehr schnell passieren muss." Alle müssten - das kennt man im Rennsport - immer erreichbar sein. Aber dem kann Tomczyk Positives abgewinnen: "Die Herausforderung ist das Schöne daran. Ich möchte mein Know-how und alles, was ich aus dem familiären Umfeld mitgenommen habe, diesem Sport widmen."

Nach 16 Jahren, die Tomczyk in der DTM gefahren ist, empfindet er vor allem Dankbarkeit. "Sie hat mich zu einem Werksfahrer und einem kompletten Rennfahrer gemacht." Jetzt auf der anderen Seite zu stehen, und eventuell andere Fahrer auf ihrem Weg nach oben zu begleiten, sei eine Aufgabe, die ihm große Freude bereitet.

Tomczyk schließt Cockpit-Comeback nicht kategorisch aus

Zweifel über seinen Rücktritt hätte Tomczyk nie gehabt: "Der Entschluss fiel natürlich nicht von heute auf morgen, ich hatte schon eine Vorbereitungszeit." Die Rennen seiner Ex-Kollegen schaut er sich trotzdem an. Wenn auch aus einem anderen Blickwinkel: "Ich achte darauf, welche Sponsoren gezeigt werden, TV-Grafiken, wie Stopps dargestellt werden."

Trotz einiger Angebote juckt ihn eine Wiederkehr in den aktiven Rennsport derzeit nicht. "Für mich war aber klar: Wenn ich einen Cut mache, dann auch richtig. Ich habe den Luxus, mir das gönnen zu können." Ganz ausschließen wollte Tomczyk eine Rückkehr aber nicht. "Dass ich irgendwann und irgendwo mal wieder ein Lenkrad in die Hand nehme, einfach, um Spaß zu haben und die Jungen ein bisschen zu ärgern, mag ich nicht ausschließen. Momentan liegen die Prioritäten aber klar auf der DTM-Plattform."

Das vollständige Interview mit dem neuen DTM-Manager Martin Tomczyk samt zahlreichen weiteren Themen könnt ihr in der aktuellen Print-Ausgabe von Motorsport-Magazin.com lesen. Erhältlich unter: https://abo.motorsport-magazin.com/bestellen.html