Es war im Spätherbst 2020 eines der großen Streit-Themen in Motorsport-Deutschland: Auf der Suche nach einer Lösung, die DTM nach den Hersteller-Ausstiegen vor dem drohenden Tod zu retten, brachte Serienboss Gerhard Berger ein Konzept mit performanteren Autos auf Basis der GT3-Kategorie ins Spiel.

Der Ausgang dieser langanhaltenden und feurig geführten Diskussionen ist bekannt. Die DTM startet mit handelsüblichen GT3-Boliden, die sich nur durch eine Balance of Performance an der oberen Skala der Leistungsgrenze von anderen GT3-Rennserien unterscheiden.

Der Verzicht auf ein 'GT-Plus'-Konzept hat sich ausgezahlt: Mit aktuell 28 Autos von sechs unterschiedlichen Marken präsentiert sich die deutsche Traditionsserie mit einer professionell und breit aufgestellten Basis, die sich durch den Verzicht auf Fahrerwechsel während der Rennen von anderen GT3-Serien abhebt.

Jetzt kommt der ACO mit GT3-Premium

Es ist schon etwas kurios: Knapp zwei Jahre nach Bergers GT-Plus-Gedankenspielen ist es jetzt der Le-Mans-Veranstalter ACO, der mit einer eigenen 'GT3-Premium'-Idee für rege Diskussionen unter den Herstellern sorgt. Für die WEC-Langstreckenweltmeisterschaft mit den 24 Stunden von Le Mans als Highlight wünscht sich der ACO eine spezielle Variante der GT3-Fahrzeuge, die ab 2024 die aktuelle und höchst kostenintensive GTE-Kategorie ablöst.

Details zur am Rande der diesjährigen 24h Le Mans vorgestellten 'GT3 Premium' sind noch nicht bekannt. Dabei handelt es sich offenbar um die Idee eines speziellen Aero-Pakets, das nur in Le Mans bzw. in der WEC eingesetzt werden soll. Dieser besondere Look soll laut Langstrecken-Chef Richard Mille mit 50.000 bis 100.000 Euro zu Buche schlagen und nur sehr geringe Auswirkungen auf die Performance haben.

Berger: "Wünsche ihnen viel Erfolg damit..."

In diesem Zuge kamen unweigerlich die Erinnerungen an den einstigen Berger-Plan für die DTM hoch. Wäre 'GT3-Premium' - sollte es tatsächlich soweit kommen - auch etwas für die Serie unter der Leitung des Österreichers?

Beim vergangenen Rennwochenende in Imola winkte Berger auf Nachfrage von Motorsport-Magazin.com ab: "Ich bin happy, wie es aktuell ist. Du kannst so etwas machen, aber das kostet viel Geld. Wer bezahlt das?" Mit einem verschmitzten Grinsen im Gesicht schob Berger in Erinnerung an seine einstigen Wortgefechte nach: "Ich wünsche ihnen viel Erfolg damit..."

DTM Imola 2022: Highligths zum Sonntags-Rennen: (04:00 Min.)

Porsche: Keine kategorische Ablehnung

Die Begeisterung unter den Herstellern für eine Premium-Version der GT3-Fahrzeuge ab 2024 in der WEC hielt zunächst in Grenzen. Mit offener Kritik sparte man in den Chef-Etagen der Automarken zunächst lieber - erst einmal sollen die konkreten Details des ACO bzw. der FIA auf den Tisch. Grundregel aber in der aktuellen Wirtschaftssituation des globalen Motorsports: Alles, was zusätzlich das Budget belastet, sollte besonders gut begründet werden.

Porsche-Motorsportchef Thomas Laudenbach, der am Samstag der DTM in Imola einen Besuch abstattete, drückte sich vorsichtig aus. "Wir wollen das nicht kategorisch ablehnen", sagte er in einem Interview für die kommende Print-Ausgabe von Motorsport-Magazin.com. "Ich habe in Le Mans mit Pierre Fillon (ACO-Präsident; d. Red.) gesprochen und bin mir sehr sicher, dass wir eine Lösung finden."

Premium-Kit nur für wenige GT3-Autos

Ein Knackpunkt am ACO-Wunsch: Bei der aktuellen Starterfeld-Limitierung (62 Plätze) für die 24 Stunden von Le Mans ist der Platz für GT3-Fahrzeuge begrenzt. Neben all den neuen Hypercars und LMDh-Autos von Toyota, Ferrari, Peugeot, Porsche, Lamborghini, Cadillac, Alpine und Co., können pro Hersteller vermutlich maximal fünf GT3-Autos beim Langstrecken-Klassiker an den Start gehen.

Vor diesem Hintergrund ist es fraglich, ob die Hersteller ihren Kundenteams für die geplante Pro-Am-Kategorie zusätzliche Kosten für ein spezielles GT3-Aerokit aufbürden wollen. "Wir sprechen tatsächlich von einer begrenzten Anzahl an Autos und es ist schwierig, so eine Entwicklung kostendeckend durchzuführen", sagte Laudenbach. "Aus Sicht des Herstellers würde ich mir wünschen, dass wir mit den Autos genauso fahren wie bei anderen Veranstaltungen. Wobei das ohnehin nicht ganz möglich ist, weil wir ähnlich wie in Daytona die Übersetzung wegen der langen Geraden anpassen müssen."

Foto: DTM
Foto: DTM

Lamborghini: Laufende Kosten im Blick

Bei Lamborghini, das 2024 mit neuentwickelten LMDh-Autos in die Topklasse von Le Mans einsteigt und für 2023 eine Evo-Version des aktuellen Huracan GT3 auf den Markt bringt, hielt sich Motorsportchef Giorgio Sanna zunächst bedeckt. "Der Wechsel von GTE zu GT3 sorgt für eine große Kostenreduktion", sagte der frühere Rennfahrer in Imola zu Motorsport-Magazin.com. "Wenn sich der Promoter etwas Spezielles wünscht, werden wir mit dem ACO und der FIA sprechen, um zu verstehen, was der richtige Weg ist."

Lambo-Motorsportchef Sanna weiter: "Für mich macht es immer Sinn, den Regeln zu folgen. Wenn die Regeln besagen, dass es ein speziell dafür vorgesehenes Aero-Kit gibt, dann machen wir das. Wir sind sehr stolz, endlich mit GT3-Autos in Le Mans und in der WEC antreten zu können. Gleichzeitig legen wir bei Lamborghini Squadra Corse immer besonderen Wert auf die laufenden Kosten unserer Kunden."

Foto: Lamborghini
Foto: Lamborghini

Berger über DTM-Zukunft: Schritt für Schritt

Unterdessen war DTM-Boss Berger darauf bedacht, die Basis der Serie unter dem GT3-Reglement auf stabile Beine zu stellen. "Wir sollten nicht zu viele Dinge auf einmal machen", mahnte der Geschäftsmann. "Das momentane Produkt ist gut. Vielleicht ein paar weitere Hersteller für nächstes Jahr, ein britischer, amerikanischer oder asiatischer wäre noch gut. Dazu mehr Marketing, um das Image zu verbessern und noch mehr Fans zu überzeugen, dass die DTM die härteste GT-Meisterschaft ist."