Beim DTM-Saisonauftakt am Wochenende in Portimao (29.04.-01.05.2022) geht ein riesengroßes Starterfeld mit 29 Piloten an den Start. Die meisten Augen dürften auf Sebastien Loeb gerichtet sein, der Stammfahrer Nick Cassidy im Ferrari 488 GT3 von AF Corse ersetzt. Weil die parallel in Monaco gastierende Formel E Priorität genießt für den Neuseeländer, bekommt die DTM mit Loeb einen absoluten Welt-Star.
Ob der neunfache Rallye-Weltmeister dieses Jahr bei weiteren DTM-Rennen antritt, ist noch nicht bekannt. Eine weitere Möglichkeit hätte das Saison-Highlight auf dem Norisring (01.-03.07.) geboten, weil Cassidy für das zeitgleich stattfindende Formel-E-Rennen in Vancouver eingeplant war. Der Kanada-Lauf wurde vor Kurzem allerdings abgesagt. Bei einer weiteren Überschneidung in Cassidys Programm - DTM in Spa mit WEC in Fuji - soll er nach Informationen von Motorsport-Magazin.com das DTM-Wochenende bestreiten.
Sollte Cassidy tatsächlich nur den DTM-Auftakt in Portimao verpassen, steigen zumindest seine theoretischen Chancen auf die Meisterschaft. Bei bis zu drei verpassten Rennwochenenden mit insgesamt sechs Rennen wäre er schon jetzt chancenlos gewesen.
Zu seinem riesigen Programm bestehend aus DTM, WEC (beide mit AF Corse) und Formel E (mit Envision) sagte der 27-Jährige im Gespräch mit Motorsport-Magazin.com: "In Japan bin ich auch schon viel gefahren mit den zwei Serien (Super GT und Super Formula) und den ganzen Testfahrten - echten Tests, nicht im Simulator! Als Rennfahrer willst du Rennen fahren. Es ist toll, dass ich so ziemlich jedes Wochenende im Auto sitzen kann."
Cassidy: Im Rallye-Auto ist Loeb zehn Minuten schneller
Cassidy, der sich den Gewinn der Formel-E-Weltmeisterschaft als großes Ziel gesteckt hat, gilt unter Experten seit Jahren als absoluter Allrounder und Spitzen-Rennfahrer. Bei den letzten DTM-Testfahrten in Hockenheim soll er rund eine Sekunde schneller gewesen sein als Loeb, mit dem er sich den Ferrari teilte. Cassidy: "Das kann man nicht vergleichen. Wenn ich Rallye fahre, ist er zehn Minuten schneller als ich - auf einer Stage! Der Austausch mit ihm ist super, er hat so viel Erfahrung."
Bei den aktuellen Testfahrten in Portimao wenige Tage vor dem ersten Saisonrennen war am Dienstag zunächst Cassidy an der Reihe. Loeb übernahm den AF-Corse-Ferrari erst am Mittwoch, um sich auf das relativ unbekannte GT3-Auto und die Strecke einzuschießen.
Dass der 48-Jährige trotz seiner einzigartigen Karriere beim ersten DTM-Rennen nicht gleich um Siege oder Podestplätze mitfahren wird bei all den GT3-Spezialisten im Starterfeld, wäre für Motorsport-Experten bei aller Erwartungshaltung überhaupt keine Überraschung.
Rast erwartet keine DTM-Siege von Loeb
"Er ist noch schnell, das haben wir bei der Monte gesehen", sagte der dreifache DTM-Champion und Rückkehrer Rene Rast mit Blick auf Loebs diesjährigen Sieg mit Ford bei der Rallye Monte-Carlo. "GT3 ist eine ganz andere Welt, aber er wird alles geben, um vorne dabei zu sein. Es wird schwierig, die letzten paar Zehntel zu finden. Ich erwarte keine Siege von Sebastien Loeb, aber vielleicht kann er im Mittelfeld kämpfen."
Niemand bezweifelt, dass Loeb auch im GT3-Boliden seine Leistung bringt. Mehrfach startete er in der Französischen GT-Meisterschaft, unter anderem 2011 auf einem Ferrari 458 GT3 von AF Corse. 2013 führte er sein eigenes Team Sebastien Loeb Racing mit GT3-McLaren samt Red-Bull-Beklebung in der damaligen FIA GT Series ins Rennen.
Tourenwagen-Erfahrung weist er zudem durch seine WTCC-Einsätze für Citroen in den Saisons 2014 und 2015 auf, die er jeweils auf dem dritten Platz in der Meisterschaft abschloss. Und überhaupt gilt Loeb als absoluter Motorsport-Allrounder, wie er dieses Jahr mit dem zweiten Platz bei der Rallye Dakar und seinem vierten Sieg beim Race of Champions einmal mehr eindrucksvoll unter Beweis stellte.
Götz: Loeb auf einer Stufe mit Schumacher und Rossi
Die DTM-Piloten haben großen Respekt vor Superstar Loeb. "Loeb ist für mich ein absoluter Hero, er steht auf der gleichen Stufe wie Michael Schumacher und Valentino Rossi", sagt der amtierende DTM-Champion Maximilian Götz an diesem Mittwoch. "Er will sich mit den GT3-Experten messen, deshalb großer Respekt an ihn. Ich habe mich heute Morgen mit ihm unterhalten, und ich habe ihm gesagt, er soll einfach auf dem Asphalt bleiben."
"Er ist einer der talentiertesten und komplettesten Rennfahrer auf der Welt. Er muss niemandem etwas beweisen und es ist bemerkenswert, dass er sich dieser schwierigen Aufgabe stellt", ergänzte Porsche-Werksfahrer Thomas Preining, der dieses Jahr sein DTM-Debüt mit dem KÜS Team Bernhard gibt.
Und DTM-Rückkehrer Philipp Eng (Schubert-BMW) meinte: "Als damals die ersten WRC-Videospiele rauskamen, bin ich immer sein Auto gefahren. Damals noch ein Citroen. Einen von seinem Format in der DTM zu haben, ist unglaublich. Es ist eine große Ehre für uns alle, dass er sich für die DTM entschieden hat. Mit seinem Talent und seiner Erfahrung bin ich sicher, dass wir ihn relativ weit vorne sehen werden."
Kasachstan-Absage ermöglicht Loebs DTM-Debüt
Die Idee, Loeb als Ersatzmann von Cassidy in der DTM antreten zu lassen, entstand nach Informationen von Motorsport-Magazin.com bereits im Dezember vergangenen Jahres, als klar war, dass der Neuseeländer wegen seines Formel-E-Engagements Rennwochenenden verpassen würde.
Dass Loeb tatsächlich in Portimao an den Start gehen kann, war zudem eine Folge der abgesagten Rallye Kasachstan im Rahmen der FIA Rallye-Raid-Weltmeisterschaft. Hier tritt er seit dem diesjährigen Auftakt bei der Rallye Dakar bei allen Rennen für das Team Prodrive an. Der Lauf in Kasachstan hätte vom 25. bis 30. April 2022 stattfinden sollen und wurde Mitte März in Folge der russischen Invasion in die Ukraine komplett abgesagt.
Übrigens: Loeb ist in Portimao sogar in einer Doppelrolle aktiv, als Fahrer und als Teamchef. Sein Team Sebastien Loeb Racing startet in der Tourenwagen-Serie TCR Europe, die neben der spanischen Formel-4-Meisterschaft und der Classic-Endurance-Racing Serie das Rahmenprogramm beim Saisonauftakt bildet.
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