Am heutigen Freitag, 18. März 2022 feiert Timo Glock seinen 40. Geburtstag. Aus der ganzen Welt werden den 91-fachen Formel-1- und 146-maligen DTM-Starter Wünsche zum Ehrentag erreichen, während er im Flieger nach Bahrain sitzt, um seiner Rolle als bei den Fans beliebter TV-Experte nachzukommen.

Von seinem Hauptarbeitgeber BMW M Motorsport gab es ein frühzeitiges 'Geschenk' bereits im Januar dieses Jahres: Glock zählt auch 2022 und damit im zehnten Jahr in Folge zum Werksfahrer-Kader des Autobauers aus München. Zu einem zehnten Jahr in der DTM wird es allerdings nicht kommen. In der deutschen Traditionsserie, in der Glock 2013 nach seinem Formel-1-Abschied debütierte, hat BMW M Motorsport jetzt offensichtlich für ihn keinen Platz reserviert.

Nicht nur viele Fans werden Glock in der DTM vermissen, auch Medien verlieren einen stets beliebten Ansprechpartner zu den wichtigen und weniger wichtigen Themen des Motorsports. Man erinnere sich nur an seinen legendären 'You fucking idiots'-Spruch 2018 nach der epischen Schlacht mit Gary Paffett von Aussteiger Mercedes oder an das eine oder andere Verbal/Stinkefinger-Gefecht mit den Herren Mortara, Ekström oder Müller. Wo Glock war, war Stimmung in der Bude!

Timo Glock vor 'GT-Abschiebung' nach Italien

Timo Glock verkörperte das, was die DTM einst so beliebt gemacht hatte: Ein Rennfahrer mit großem Namen und beeindruckender Motorsport-Vita, der sich nie verbiegen ließ, stets ungeschönt seine Meinung zum Besten gab und damit nicht selten aneckte in der Rennserie, in der die Marketing-Abteilungen der Hersteller jahrelang große Macht hatten.

Schlagzeilen kann Glock dieses Jahr eigentlich nur noch am TV-Experten-Mikro produzieren. In der Italienischen GT-Meisterschaft, in der er von BMW ebenso wie schon letztes Jahr Ex-DTM-Champion Bruno Spengler angeblich 'abgeschoben' werden soll, würde man hierzulande nicht mehr viel von seinen Leistungen mitbekommen. Eine Amateur-Rennserie, nicht ansatzweise auf dem Niveau einer DTM oder GT World Challenge.

Wo sind all die DTM-Größen hin?

Dass BMW in der DTM-Saison 2022 auf Glock verzichtet, war durchaus eine Überraschung. Bei allem Respekt vor dem zweifachen DTM-Champion Marco Wittmann, Top-Talent Sheldon van der Linde, DTM-Rückkehrer Philipp Eng oder einem spannenden Nachwuchsmann wie Esteban Muth: An die Strahlkraft eines weltberühmten Fahrers wie Timo Glock mit seiner F1-Vergangenheit reichen sie nicht heran.

Glock ist der nächste in einer längeren Reihe an Rennfahrern, die inzwischen nicht mehr in der DTM an den Start gehen. Etwa sein guter Kumpel und zweifacher Meister Timo Scheider, Fan-Liebling Spengler, Audi-Ikone Mattias Ekström, der zweimalige Champion Gary Paffett, 2013-Meister Mike Rockenfeller oder auch Ex-Meister Martin Tomczyk, der seine aktive Karriere vor Kurzem an den Nagel gehängt hat. Fahrer, die zu waschechten Hersteller-Zeiten gutes Geld in der DTM verdient haben, zu Fan-Favoriten avancierten und dann plötzlich erst mal keine Rolle mehr spielten.

Dabei sind es genau diese Fahrer, an denen sich die Jungen orientieren und mit ihnen messen können. Wer einen Glock, Scheider, Paffett oder Ekström schlug, polierte damit gleichzeitig sein eigenes Image auf und konnte zum Top-Fahrer aufsteigen. Dieses Rezept galt über Jahrzehnte hinweg als eines der Erfolgsgeheimnisse der Tourenwagenserie mit ihrer über 30-jährigen Geschichte. Jetzt liegt es an Fahrern wie Wittmann, Rene Rast oder auch Nico Müller, diese Ära fortzuführen.

Glock: Jährlicher DTM-Titelanwärter

Ist Glock wirklich schon Einer fürs motorsportliche Abstellgleis? 2021 herrschte viel Frust, für ihn und sein ROWE-Team war mit dem altersschwachen BMW M6 GT3 nicht viel zu holen. Das galt ebenso für seinen hochtalentierten Teamkollegen Sheldon van der Linde, mit 22 Jahren fast halb so alt wie Glock. Vielleicht ist die GT3-Welt auch nichts für Glock, der sein Leben lang in Formelautos und Tourenwagen-Prototypen verbrachte. Ehemalige DTM-Fahrer wie Loic Duval zog es eher in Richtung der fahrerisch anspruchsvolleren Langstrecken-Boliden.

Bei den Aufs und Abs seiner DTM-Zeit und der sicherlich hohen Erwartungshaltung an einen ehemaligen Formel-1-Fahrer rückten seine Erfolge nicht selten etwas in den Hintergrund. Wer kann sich etwa noch daran erinnern, dass Glock 2020 nicht nur der älteste Fahrer im Starterfeld war, sondern gleichzeitig der bestplatzierte aller BMW-Werksfahrer? Hinter den dominanten Audis um Champion Rene Rast belegte der RMG-Pilot den fünften Rang und erzielte in Zolder die einzige Pole Position im maßlos unterlegenen BMW M4 DTM.

Tatsächlich zählte Glock seit 2017 jährlich zu den Titel-Anwärtern in der DTM und mischte mehrfach um die Meisterschaft mit. 2017 kämpfte er bis zum letzten Saisondrittel um den Titel, 2018 bis zur Mitte des Jahres. Am Ende gingen Glock und vor allem BMW meist die Puste aus, es fehlte schlichtweg an Konstanz. Dabei sei aber nicht zu vergessen, dass BMW seit Wittmanns Triumph 2016 mit einem 'Zugeständnis-Auto' keinen Titel mehr in der DTM geholt hat. Den Fahrern kann man also nur bedingt einen Vorwurf machen.

Foto: BMW Motorsport
Foto: BMW Motorsport

Glock muss ins neue Prestige-Projekt von BMW

Für Fans bleibt zu hoffen, dass BMW künftig Glock in das ambitionierte LMDh-Programm aufnimmt. Mit seiner riesigen Erfahrung und dem weiterhin vorhandenen Speed wäre er sportlich wie medial sicherlich ein Mehrwert für dieses Projekt, das Anfang 2023 mit dem ersten Rennen bei den 24 Stunden von Daytona beginnen soll und irgendwann auch seinen Weg zum 24-Stunden-Rennen von Le Mans finden könnte.

Nicht zuletzt der neunfache Le-Mans-Sieger Tom Kristensen (45 Jahre alt beim letzten Le-Mans-Sieg 2013) hat bewiesen, dass das Alter auf der Langstrecke eine höchst untergeordnete Rolle spielt.

Und dass Glock sich selbst noch lange nicht zum alten Eisen zählt, versicherte er uns vor gut einem Jahr, kurz vor seinem Debüt bei den 24h Daytona im GTE-BMW. "Ich merke immer noch das gleiche Adrenalin vor einem Rennen", sagte er. "Solange diese Nervosität noch da ist, merke ich, dass es noch brennt und ich heiß aufs Rennfahren bin." Daran dürfte sich auch mit einer '4' vor der Alterszahl noch nichts geändert haben...