Die DTM hat vor der Saison 2022 zahlreiche Änderungen im Sportlichen Reglement sowie im Technischen Reglement vorgenommen. Das betrifft unter anderem die vieldiskutierte Rückkehr des Stallorder-Verbots sowie Änderungen am Ablauf der Pflicht-Boxenstopps. Motorsport-Magazin.com erklärt die wichtigsten Regel-Neuheiten.
Update, 29. März 2022: Laut Angaben der ITR wurde das Reglement inzwischen von der FIA und vom DMSB geprüft und genehmigt. "Wir haben seit dem Ende der vergangenen Saison intensiv auf allen Ebenen gearbeitet, mit dem Ziel, das Regelwerk zu optimieren. Auf Basis der Erfahrungen der Vorsaison sowie Anregungen unserer Teams und unseres neuen Renndirektors Scot Elkins haben wir alle Themenbereiche beleuchtet und alle notwendigen Änderungen erarbeitet", sagte dazu DTM-Manager Frederic Elsner.
DTM 2022: Teamorder wieder verboten
Zur DTM-Saison 2022 kehrt ein Verbot der Stallregie ins Reglement zurück, nachdem ein solcher Passus im vergangenen Jahr fehlte. Geldstrafen wie noch 2020 (250.000 Euro) sind jetzt nicht mehr vorgesehen. Im schlimmsten Fall droht nun ein Ausschluss aus der Meisterschaft. "Geldstrafen sind möglich, aber ein Ausschluss ist schmerzhafter als eine Geldstrafe", sagte DTM-Manager Frederic Elsner in einer Pressekonferenz mit ausgewählten Medien.
Im DTM-Reglement 2022 heißt es unter Artikel 14.2: "Jegliche Anweisung (Teamorder) an einen Fahrer oder einen Teilnehmer, sei es mündlich oder anderweitig, die ein Qualifying- oder Rennergebnis beeinträchtigen könnte, ist nicht erlaubt." Es ist keinen handelnden Personen gestattet, "Fahrern oder Konkurrenten Teamorder zu erteilen, aufzuerlegen oder zu versuchen, sie aufzuerlegen".
DTM-Boss Gerhard Berger hatte nach dem Norisring-Finale angekündigt, strikt gegen Stallregie vorgehen zu wollen. Ob die neuen Maßnahmen helfen? Einen derartigen Versuch unternahm die DTM bereits 2008, bevor das Teamorder-Verbot 2013 wieder aus dem Regelbuch entfernt wurde. Kein großes Geheimnis: Absprachen unter Herstellern oder Teams können erfolgen, ohne, dass es jemand mitbekommen würde. In gewissen Fällen ist die Entscheidungshoheit zwischen Herstellern und Teams sogar vertraglich geregelt.
"Wichtig ist, dass wir diesen Paragraphen ins Reglement aufgenommen haben, sodass wir eine Möglichkeit haben, das zu ahnden", sagte der frühere DTM-Champion Martin Tomczyk, der nach dem Ende seiner aktiven Karriere nun als Serienmanager für die DTM Trophy tätig ist. "In Rücksprache mit Scott Elkins sind wir sicher, dass er sehr hart bei dem Thema einschreiten wird und die richtige Linie findet."
Große Änderungen beim Pflicht-Boxenstopp
Die Pflicht-Boxenstopps samt baubedingten Unterschieden zwischen den Marken waren eines der größten Themen in der DTM-Saison 2021. Aufgrund der homologierten Systeme konnten Teams mit Mercedes und Ferrari (Rad-Nuss-System) deutlich schnellere Pitstops absolvieren als Teams, die Audi oder BMW (Radmutter am Rad fixiert) einsetzten.
Choreographien, bei denen Mechaniker parallel an Vorder- und Hinterachse arbeiten, sollen ab 2022 nicht mehr möglich sein. Im DTM-Reglement heißt es: "Bei jedem Radwechsel, der den Wechsel eines Hinterrads beinhaltet, muss der Hinterradwechsel vor dem Wechsel eines Vorderrads abgeschlossen sein." Das soll zudem der Sicherheit dienen und vor durchdrehenden Rädern schützen. Dazu wird die Anzahl der Mechaniker bei einem Boxenstopp auf zwei pro Fahrzeugseite reduziert.
Zudem wird die Höchstgeschwindigkeit in der Boxengasse von 50 auf 60 km/h angehoben.
Eine weitere Änderung bei den Pflicht-Radwechseln betrifft die erlaubten Zeiten. 2022 darf der Boxenstopp "nicht vor Ablauf der zehnten (10) Minute des Rennens und nicht nach Ablauf der vierzig (40) Minute des Rennens stattfinden".
Pflicht-Boxenstopps unter Safety Car erlaubt
Bislang war es verboten, während einer Safety-Car-Phase den Pflicht-Boxenstopp zu absolvieren. Das ändert sich zur DTM-Saison 2022, Fahrer können die Boxengasse nun auch während einer Neutralisationsphase ansteuern. DTM-Manager Elsner: "Dadurch erhoffen wir und bisschen mehr Strategie und mehr Varianten.
Balance of Performance: Mehr Änderungen möglich
Die Balance of Performance bleibt einer der wichtigsten Faktoren in der DTM mit ihren GT3-Fahrzeugen. AVL erstellt weiterhin die Einstufungen für alle Fahrzeuge mit dem Luftbegrenzer/Ladedruck sowie dem Fahrzeuggewicht als Parametern.
Neu im Reglement für 2022: "Im Falle erheblicher und nicht definierbarer Abweichungen zwischen den erwarteten Leistungen bestimmter Fahrzeuge auf der Grundlage der BoP-Simulation und den tatsächlich auf der Strecke beobachteten Leistungen behält sich der Serienorganisator/-promoter das Recht vor, die Leistungsbilanz jederzeit zu ändern."
Einfach ausgedrückt: Ab sofort sind BoP-Änderungen auch während eines Rennwochenendes möglich. In der vergangenen Saison waren Veränderungen nur bei den ersten drei Veranstaltungen erlaubt, beziehungsweise, wenn eine neue Marke zum Starterfeld stieß. Ob die BoP-Einstufungen jetzt endlich für Fans und Medien offengelegt werden, stand zunächst noch nicht fest.
Full-Course-Yellow neu in der DTM
Das ist neu in der DTM: Die Einführung der aus vielen anderen Rennserien bekannten Full-Course-Yellow-Phase. Bei einem Zwischenfall kann die Rennleitung eine FCY-Phase ausrufen, zu der alle Autos nach einem 5-Sekunden-Warnsignal das Tempo auf 60 km/h drosseln müssen.
Überholmanöver und Pflicht-Boxenstopps sind unter Full-Course-Yellow verboten. Vor einigen Jahren setzte die DTM auf sogenannte Slow Zones, bei denen im Zuge eines Vorfalls nur einzelne Sektoren eingebremst wurden.
Elsner: "Der Input kam von Rennleiter Scott Elkins. Es ist geplant, auch nach einer Full Course Yellow einen DTM-Restart zu machen. Dadurch hat das Thema bei uns mehr Freunde gefunden als in der Vergangenheit."
Punkt für die schnellste Rennrunde
Auch das ist neu in der DTM 2022: Der Fahrer mit der schnellsten Rennrunde erhält einen Extra-Punkt für die Meisterschaft. Diese Regel gibt es ebenso in der Formel 1 sowie der Formel E. Auch in der DTM gilt: Der Fahrer mit der schnellsten Rennrunde erhält den Punkt nur, wenn er in die Top-10 gefahren ist.
Sollte ein Fahrer außerhalb der Top-10 die schnellste Rundenzeit im Rennen erzielt haben, gibt es keine Punkte. Im Qualifying erhalten die besten drei Fahrer weiterhin 3, 2 bzw. 1 Extra-Punkt.
Strafen bei Vergehen
Es ist vorgesehen, dass ein Fahrer nach drei Verwarnungen (Reprimands) beim nächsten Rennen in der Startaufstellung um fünf Positionen zurückversetzt wird, bei fünf Verwarnungen um zehn Positionen und im Falle einer sechsten Verwarnung für das nächste Event suspendiert wird.
Ablauf beim DTM Formation-Start angepasst
Der enge Start in Zweierreihen bleibt ein Teil der DTM und wird weiterhin 'fliegend' ausgeführt. Ab 2022 gibt aber nicht mehr der Pole-Setter den Zeitpunkt des Starts vor, sondern der Renndirektor. Zudem entfällt der bisherige Startkorridor, der auf Start/Ziel definiert war. Elsner erklärte: "Sobald die Ampel auf grün schaltet, darf man ausscheren und angreifen. Wir hoffen dadurch auf noch mehr Spannung."
Mehr Reifen für die DTM-Teams
In der DTM-Saison 2022 stehen den Teams mehr Michelin-Reifen zur Verfügung als bisher. Bislang erhielt jedes Auto zum ersten Rennwochenende fünf neue Reifensätze, danach nur noch drei pro Veranstaltung. In der neuen Saison starten die Teams ebenfalls mit fünf Sätzen pro Fahrzeug, können ab dem zweiten Event aber vier - einen Satz mehr als 2021 - Reifensätze im Training verwenden.
Davon muss ein Reifensatz in den Freien Trainings verwendet werden. Die anderen drei Reifensätze dürfen nur im Qualifying und Rennen verwendet werden. "Die Teams erhalten für den Freitag einen zusätzlichen Reifensatz, damit sie ordentliches Material haben", erklärte Elsner. "Man muss aber auch auf den Kostenfaktor achten."
Neuer Erfolgsballast
Der Erfolgsballast bleibt im Reglement verankert, es gibt aber eine Änderung bezüglich der Gewichte für die drei Erstplatzierten: Ab 2022 erhält das Sieger für das nächste Rennen wie bisher 25 Kilogramm, der Zweitplatzierte 15 und der Drittplatzierte 5 zusätzliche Kilogramm an Bord. "Dadurch könnte es für den Rennsieger noch einen Ticken schwieriger werden", sagte Elsner.
Änderungen beim Mindestgewicht
Das Fahrer-Mindestgewicht für 2022 wurde von 84 auf 80 Kilogramm reduziert, wodurch entsprechende Ausgleichsgewichte zum tatsächlichen Gewicht des jeweiligen Fahrers reduziert werden.
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