Nico Müller schießt sich auf die Zukunft seiner Karriere mit Audi Sport ein: Der zweifache DTM-Vizemeister startet 2022 in der Langstrecken-Weltmeisterschaft WEC. Müller erhielt vom Autobauer aus Ingolstadt die Freigabe, um für das neu geschaffene Team Vector Sport in der LMP2-Kategorie anzutreten. Seine Teamkollegen werden zu einem späteren Zeitpunkt bekanntgegeben.

Müllers Rückkehr auf die Langstrecke ist kein Zufall. Seine Einsätze in der Sportwagen-WM dienen der Vorbereitung auf das LMDh-Programm, mit dem unter anderem Audi ab 2023 bei den wichtigen Langstrecken-Rennen der Welt um Gesamtsiege kämpfen will. Auch Porsche und BMW entwickeln derzeit einen LMDh-Boliden, der in der Hypercar-Klasse der WEC sowie in der IMSA antreten kann.

Vor seiner DTM-Zeit galt Müller lange als aussichtsreicher Kandidat für einen Platz in Audis LMP1-Programm, bevor schließlich die Tourenwagenserie den Vorzug erhielt. Sein bisher einziges Rennen in der WEC bestritt der Schweizer 2017 in Shanghai für das LMP2-Team G-Drive an der Seite von Roman Rusinov und Leo Roussel.

Müller: Wiedersehen mit Formel-E-Vertrautem

Beim in Silverstone beheimateten Team Vector Sport trifft Müller auf ein vertrautes Gesicht: Die Mannschaft steht unter der Leitung von Gary Holland, einst Team-Manager beim Formel-E-Team Dragon/Penske, für das Müller 17 Rennen zwischen 2019 und 2021 bestritt.

In der abgelaufenen Saison beendete er das Formel-E-Projekt vorzeitig nach dem Monaco ePrix, um sich laut eigener Aussage auf die DTM konzentrieren zu können. Die weiterhin mangelnde Performance des US-Rennstalls dürfte ebenfalls eine Rolle bei der Entscheidung gespielt haben.

"Unser Dank gilt Audi Sport dafür, dass Nico in der Saison 2022 bei uns sein darf, denn seine Anwesenheit ist ein fester Bestandteil unserer Pläne", sagt Vector-Teamchef Holland. "Unsere Pläne für unseren LMP2-Einstieg umfassen eine wirklich starke Fahreraufstellung, ein erfahrenes und äußerst fähiges Ingenieursteam und ein bewährtes technisches Paket, aber wir haben auch Ambitionen, in Zukunft in verschiedene Klassen zu expandieren."

Müller, der die vergangene DTM-Saison mit Audi-Kundenteam Rosberg auf dem zehnten Platz abschloss: "Mit Blick auf die Zukunft ist es eine wirklich großartige Zeit, Teil der WEC und des Prototypen-Langstreckensports zu sein - sehr aufregend und positiv - und ich bin Audi Sport dankbar, dass ich diese Möglichkeit habe, meine Arbeit mit diesem neuen Projekt zu verbinden. Wir sind sehr glücklich, in dieser privilegierten Position zu sein, an dieser Ära teilhaben zu können."

In der LMP2-Klasse der WEC wird es 2022 richtig voll, Foto: LAT Images
In der LMP2-Klasse der WEC wird es 2022 richtig voll, Foto: LAT Images

Müller: DTM und WEC 2022 parallel

Müllers WEC-Einsatz soll keine Auswirkungen auf sein DTM-Programm haben, 2022 geht er wie geplant erneut in der Traditionsserie an den Start. Das hat ein Audi-Sprecher gegenüber Motorsport-Magazin.com bestätigt: "Grundsätzlich hat die DTM für Nico Müller Priorität." Eine weitere Saison beim Team Rosberg gilt für den Audi-Werksfahrer als wahrscheinlich, nachdem Abt Sportsline sicher mit Kelvin van der Linde und höchstwahrscheinlich mit Rückkehrer Rene Rast starten wird. Der dreifache DTM-Champion wird wie Müller in die Entwicklung des LMDh-Autos eingebunden.

2022 kommt es nach aktuellem Stand zu einer Kalender-Überschneidung zwischen DTM und WEC: Am 11. September bestreitet die Sportwagen-WM ihr vorletztes Saisonrennen im japanischen Fuji, während die DTM parallel zum drittletzten Event in Spa-Francorchamps gastiert. Auch der Meisterschaftsstand dürfte dann entscheiden, in welcher Serie Müller bei der Termin-Kollision fährt. Zusammen mit der fortschreitenden Entwicklung des Audi-Prototypen erwartet Müller jedenfalls ein höchst geschäftiges Jahr.

Startet WRT ab 2023 mit dem LMDh-Audi?

In der gut besuchten LMP2-Klasse der WEC 2022 treffen Müller und Vector Sport unter anderem auf den amtierenden LMP2-Weltmeister WRT. Das frühere DTM-Kundenteam von Audi gilt als höchst aussichtsreicher Kandidat, ab 2023 die Renneinsätze für Audi Sport in der LMDh durchzuführen. Kommendes Jahr führt der belgische Erfolgs-Rennstall vermutlich sogar einen zweiten LMP2 ins Feld.

Die mögliche LMDh-Partnerschaft wollte Vosse im Gespräch mit Motorsport-Magazin.com freilich nicht bestätigen. "Das werde ich nicht", sagte der frühere Rennfahrer. "Ich sage nur, dass wir seit zwölf Jahren eine starke Partnerschaft mit Audi haben. Wir haben zusammen viele Erfolge gefeiert. Ich stehe wegen unterschiedlicher Themen ständig im Austausch mit Audi."

Vosse vielsagend weiter: "Ich habe nie den Grund verheimlicht, warum wir LMP2 machen. Wir haben ein Auge auf die LMDh-Klasse geworfen. Uns gefällt diese Idee. Jetzt wollen wir uns auf die Karte bringen für jeden Hersteller, der in die neue Kategorie einsteigt."