Während der BMW M6 GT3 in diesem Jahr auf seine Abschiedstournee geht, läuft hinter den Kulissen die Entwicklungsarbeit am Nachfolgemodell BMW M4 GT3 auf absoluten Hochtouren. Mit dem 'Neuen' will der Autobauer aus München einen Volltreffer landen und das rentable Kundensportgeschäft kräftig ankurbeln.

Wo die Wahl der Modelle BMW M6 in GT3-Ausführung und BMW M8 als teure GTE-Variante stark von Marketing-Einflüssen geleitet waren und in der Rennszene gerne einmal als 'Badewanne' oder 'Kohlenkasten' bezeichnet wurden, will BMW mit dem M4 an seine wahren M-Gene anknüpfen. Allein die Proportionen lassen im Gegensatz zu M6 und M8 darauf schließen, dass mit dem schlanken BMW M4 GT3 wieder ein 'echter' Rennwagen auf die Strecke geht.

Selbst BMW teilte in einer kürzlich erschienen Pressemeldung mit: "Im direkten Vergleich mit seinem Vorgänger, dem BMW M6 GT3, zeichnen sich beim BMW M4 GT3 bereits zu diesem Zeitpunkt der Entwicklung deutliche Verbesserungen in entscheidenden Bereichen ab." Gemeint sind die Reduzierung der Laufzeitkosten und des Wartungsaufwandes genauso wie die Fahrbarkeit für Profi- und für Amateur-Rennfahrer.

BMW M4 GT3: Heiße Phase vor ersten Renneinsätzen

An Daten mangelt es den Ingenieuren jedenfalls nicht. Laut Angaben von BMW hat der BMW M4 GT3 mehr als 12.000 Testkilometer abgespult, unter anderem auf den spanischen Rennstrecken Almeria und Monteblanco. Damit sei laut den Münchnern "die heiße Phase vor den ersten Renneinsätzen eingeläutet" worden.

Nach Informationen von Motorsport-Magazin.com ist geplant, dieses Jahr mit dem M4 GT3 an unterschiedlichen Rennen außerhalb der Wertung teilzunehmen. Die Nürburgring Langstrecken-Serie ist ebenso im Gespräch wie die DTM, die 2021 erstmals auf ein GT3-Reglement setzt. Laut Zeitplan soll der BMW M4 GT3 im September homologiert und ab Anfang 2022 an Kunden ausgeliefert werden.

Der neue BMW M4 GT3 für 2022 im Tarnkleid bei Testfahrten, Foto: BMW Motorsport
Der neue BMW M4 GT3 für 2022 im Tarnkleid bei Testfahrten, Foto: BMW Motorsport

Tomczyk: Mit wenigen Ausnahmen hat alles super funktioniert

Ein wichtiger Schritt in der Entwicklung waren die Testfahrten vergangene Woche im spanischen Almeria. Dauerläufen und Rennsimulationen standen auf dem strammen Testprogramm, am Steuer saßen die Werksfahrer Martin Tomczyk, Jens Klingmann und Nick Yelloly. Es ist geplant, die Testarbeit am BMW M4 GT3 im April und Mai mit weiteren Sessions fortzusetzen.

"Nachdem ich das Auto bisher nur einmal im Nassen gefahren war, war der Test in Almeria für mich so etwas wie eine Premiere", sagte der frühere DTM-Champion Tomczyk. "Wir waren super vorbereitet, und es hat mit wenigen Ausnahmen alles super funktioniert. Mir macht es ebenfalls sehr viel Spaß, das Auto zu fahren. Mein Eindruck ist sehr positiv."

Straffes Testprogramm mit dem BMW M4 GT3

BMW Motorsport, das am 01. April 2021 mit der BMW M GmbH zusammengeführt worden ist, wie Motorsport-Magazin.com berichtet hatte, hat sich mit dem neuen Kundensportler einiges vorgenommen. Leiter der Motorsport-Abteilung ist inzwischen der langjährige BMW-Mitarbeiter Mike Krack, der in seiner neuen Funktion an BMW M GmbH-Geschäftsführer Markus Flasch berichtet.

Nur ein Beispiel, wie intensiv die Entwicklung am BMW M4 GT3 verläuft: Nach Informationen von Motorsport-Magazin.com wurde das Auto zum Ende des vergangenen Jahres selbst bei schwierigsten Witterungsbedingungen samt Schneefall auf dem Lausitzring über die Piste gehetzt!

BMW-Team RMG: Rückkehr in die DTM?

Die Entwicklungsarbeit hat inzwischen das frühere DTM-Team RMG aus Niederzissen unter der Leitung von Stefan Reinhold übernommen. Zunächst kümmerte sich das erfolgreiche Traditions-Team Schnitzer Motorsport um die Arbeit, bis es Ende 2020 zur in der Öffentlichkeit hitzig diskutierten Trennung mit BMW kam. RMG führt auch die geplanten Testrennen in diesem Jahr durch, möglicherweise bei ausgewählten Rennen in der alten sportlichen Heimat namens DTM.

BMW M4 GT3: Entwicklung seit Anfang 2019

Welchen zeitlichen und finanziellen Aufwand BMW mit dem M4 GT3 betreibt, zeigt ein Blick in die Zeitleiste. Schon Anfang 2019 - vor gut zwei Jahren also - begann die Entwicklungsarbeit mit CFD-Simulationen am Computer. Ab Februar 2019 lief der mehr als 500 PS starke Motor auf dem Prüfstand, ab Mitte des Jahres fanden mit einem 60-Prozent-Modell erste Tests im Windkanal statt. Anfang 2020 wurde die erste Testkarosse des BMW M4 GT3 im BMW-Werk Regensburg gefertigt.

Den Rollout in Dingolfing absolvierte im Juli 2020 der frühere DTM-Pilot Augusto Farfus, der ebenso in die Entwicklungsarbeit involviert ist wie seine BMW-Markenkollegen Marco Wittmann, Bruno Spengler, Sheldon van der Linde und Jesse Krohn.

Heckansicht des BMW M4 GT3 bei jüngsten Testfahrten, Foto: BMW Motorsport
Heckansicht des BMW M4 GT3 bei jüngsten Testfahrten, Foto: BMW Motorsport

Sechszylinder-Twinturbo im BMW M4 GT3

Der Motor des BMW M4 GT3 ist auf dem Serienmodell aufgebaut, sprich: Unter der Haube wummert ein Sechszylinder-Aggregat samt Twin-Turbo. BMW selbst spricht von einer Leistung von mehr als 500 PS, die sich jedoch nach der jeweiligen Einstufung (Balance of Performance) einer Rennserie richtet, in der das Auto an den Start gehen wird. Genaue technische Daten der Rennversion sind bislang nicht öffentlich einsehbar.

BMW M6 GT3 auf Abschiedstour

Bis der BMW M4 GT3 auf die Kundensport-Konkurrenz losgelassen wird, springt der seit 2016 eingesetzte M6 GT3 ein letztes Mal in die Bresche. Der äußerlich recht klobige V8-Biturbo-Bolide geht unter anderem in der DTM an den Start. ROWE Racing, das BMW letztes Jahr beim 24-Stunden-Rennen auf dem Nürburgring den 20. Gesamtsieg in der Eifel bescherte, kommt mit zwei M6. Die beiden BMW-Werksfahrer Timo Glock und Sheldon van der Linde sitzen am Steuer.

Mit Walkenhorst Motorsport hat sich ein zweites BMW-Kundenteam in der DTM eingeschrieben. Der Fahrer des BMW M6 GT3 steht offiziell noch nicht fest, dürfte aber keine allzu große Überraschung sein.

Bekannt sind unterdessen die Piloten, mit denen Walkenhorst bei den fünf Langstrecken-Rennen der GT World Challenge Europe antritt. Wie BMW selbst in einer Pressemitteilung bekanntgab, teilt sich der zweifache DTM-Champion Marco Wittmann einen M6 GT3 mit Sheldon van der Linde und David Pittard. Den zweiten BMW des Teams pilotieren unter anderem beim 24h-Rennen von Spa-Francorchamps Timo Glock, Martin Tomczyk und Thomas Neubauer.

Während Walkenhorst Motorsport in der früher als Blancpain bekannten, internationalen GT3-Rennserie mit beiden Autos in der Pro-Kategorie startet, bestreitet Boutsen Ginion aus Belgien als weiteres BMW-Team in der Langstrecken-Wertung die Rennen in der Klasse Pro-Am. Der BMW M6 GT3 kommt in der Serie von Gründer Stephane Ratel übrigens nur im Endurance- und nicht im Sprint Cup zum Einsatz.