Für Rene Rast beginnt an diesem Wochenende ein neues Kapitel seiner Motorsport-Karriere. Der dreifache DTM-Champion steht mit Audi vor seiner ersten vollen Saison in der Formel E. Vor dem Saisonauftakt in Saudi-Arabien (26./27. Februar) äußerte sich Rast erstmals ausführlich zu der Meldung, die in den vergangenen Tagen für großen Wirbel gesorgt hat: seinen Abschied aus der DTM.
"Wir haben die Köpfe zusammengesteckt und geschaut, was Sinn macht und was nicht", sagte Rast, als ihn Motorsport-Magazin.com am Montag in seinem Hotelzimmer in Riad erreichte. "Nach mehreren Gesprächen haben wir entschieden, die DTM nicht zu machen. Weil es einfach zu viele Überschneidungen gibt. Wir alle wissen, dass man in der DTM keine Meisterschaft gewinnen kann, wenn man mehr als ein Wochenende verpasst. Bei einem ist es unwahrscheinlich, bei zwei nicht mehr möglich."
Nach aktuellem Stand sollen sich die Rennkalender der DTM und Formel E bei zwei Terminen überschneiden. Dass die Formel E nach dem DTM-Ausstieg von Audi für Rast Priorität genießen würde, war von Beginn an klar. "Wenn man keine Chance auf die Meisterschaft hat, ist das für den Fahrer doof und für das Team nicht schön", sagte der 34-Jährige. "Das Team hätte dann nur einen Fahrer, auf das es bauen kann. Und die Formel E hatte von Beginn an Priorität."
Rene Rast: Eine Rennserie reicht
Wie anstrengend ein Doppelprogramm aus DTM und Formel E sein kann, erfuhr Rast 2020 am eigenen Leib, als er mit seinen Audi-Kollegen Nico Müller und Robin Frijns zehn Rennen innerhalb von 16 Tagen absolvierte. "In der Formel E zur Covid-Zeit ist alles noch viel komplizierter geworden mit der Reiserei und Vorbereitung", führte Rast weiter aus. "Stell dir vor, es wäre noch DTM nebenbei. Dann wäre ich fast gar nicht mehr zuhause. Es sind so viele Faktoren, die dazu geführt haben, sich auf eine Rennserie zu fokussieren. Und das reicht dann auch."
Ob er möglicherweise einzelne DTM-Rennen in der Saison 2022 bestreitet, wenn es das Programm mit der Formel E zulässt? Rast: "Darüber habe ich noch nicht nachgedacht. Das ist auch eine Kostenfrage. Rosberg und Abt haben ihre Stammfahrer für das ganze Jahr. Warum sollten sie ein drittes Auto dazunehmen, um mich fahren zu lassen? Wenn es keinen Sinn macht und zu viel Geld kostet, muss man es bleiben lassen."
Rast: Vielleicht gibt's ja noch Überraschungen
Ganz verzichten müssen die DTM-Fans immerhin nicht auf Rast. Der gebürtige Mindener will sich zumindest bei Rennen blicken lassen. "Ich werde mich nicht komplett zurückziehen", versicherte er. "2003 kam ich erstmals mit der DTM in Berührung und hatte seitdem immer etwas mit ihr zu tun. Ich werde jetzt nicht komplett die Tür schließen, sondern versuchen, so oft wie möglich an der Strecke zu sein. Ich habe noch nicht überlegt, was für eine Aufgabe ich da ausüben könnte. Vielleicht gibt's ja noch Überraschungen."
Ob Rast neben der Formel E noch weitere Rennen in dieser Saison bestreiten wird, erscheint ungewiss. Das 24-Stunden-Rennen auf dem Nürburgring überschneidet sich mit dem Double-Header in Santiago de Chile - sofern es wegen der Corona-Pandemie nicht zu weiteren Terminänderungen kommen wird. "Wir schauen gerade, welche Möglichkeiten es im Kalender gibt. 24 Stunden Nürburgring und Spa sind Optionen, die im Raum stehen. Wir haben in der Vergangenheit ja oft gesehen, dass sich Termine verschieben. Vielleicht ist es dann doch wieder möglich."
Die Formel E veröffentlicht ihren Rennkalender 2021 nur häppchenweise, um auf die weitere Entwicklung der Pandemie reagieren zu können. Bislang wurden die ersten acht Rennen der Saison kommuniziert. Für Rast könnte es die erste und gleichzeitig letzte Saison in der Elektro-Rennserie sein, nachdem Audi seinen Werksausstieg zum Jahresende angekündigt hat.
Ein Jahr Formel E hätte keinen großen Einfluss
"Mit Blick auf meine Karriere wird die Formel E keinen großen Einfluss haben, wenn es bei diesem einem Jahr bleibt", meinte Rast. "Ich habe in den letzten Jahren gezeigt, dass ich Rennfahren und mit den großen Jungs mithalten kann. Die Formel E ist eine eigene Art von Motorsport. Wenn man sich anschaut, wer erfolgreich war, dann waren es immer die Fahrer mit fünf, sechs Jahren Erfahrung. Wenn ich nicht erfolgreich sein sollte - was ich nicht hoffe - dann hätte das keinen großen Einfluss."
Es gelte nun erst einmal, den Saisonverlauf abzuwarten. Wer weiß: Vielleicht entpuppt sich Rast ja auch in der Formel E als Ausnahmekönner? "Ich schaue, ob ich mich wohlfühle und ob ich schnell Erfolg haben kann." Gespräche über eine Zukunft in der Formel E bei einem möglichen Audi-Kundenteam habe es noch nicht gegeben. Die scheint Rast auch nicht unbedingt anstreben, wenn man seinen Worten lauscht.
Was ihn offenbar mehr reizt, ist das neue LMDh-Projekt von Audi und die damit verbundene Rückkehr zu den 24 Stunden von Le Mans. 2015 ging Rast mit dem Audi-Werksteam beim Langstrecken-Klassiker an den Start, 2016 fuhr er sich mit dem LMP2-Team G-Drive zurück in den Fokus - und wenig später in die DTM.
Rast: Sehe mich eher bei LMDh
Rast: "Mit LMDh hat Audi Sport ein tolles Standbein für die Zukunft, wo ich mich persönlich eher sehe. Vom Gefühl her sehe ich mich eher in Richtung Langstrecke, aber es kann sich alles ändern." Wie Motorsport-Msagazin.com berichtet hat, spannen Audi und Porsche bei der neuen LMDh-Formel zusammen. Hand in Hand wollen die beiden Hersteller bei den wichtigsten Sportwagenrennen der Welt von Daytona bis Le Mans um Gesamtsiege kämpfen.
"Noch bin ich da nicht eingebunden", sagte Rast. "Ich kann nicht sagen, wie weit das LMDh-Projekt bereits fortgeschritten ist. Mein Hauptfokus ist die Formel E. Ich hoffe aber, dass ich bei Audi ein Standing erreicht habe, dass ich auch bei LMDh zumindest eingeplant werde."
Rast bekommt Müllers Ex-Ingenieur
Bis Audi und Porsche 2023 mit den Prototypen samt einheitlichen Chassis und Hybridsystemen in die Top-Kategorie des Langstreckensports zurückkehren, vergeht noch eine Weile. Erst einmal gilt es für Rast und Audi-Teamkollege Lucas di Grassi, einen guten Start in Saudi-Arabien zu erwischen. Rast erhält mit Felix Fechner, zuletzt für Nico Müller in der DTM zuständig, einen neuen Renn-Ingenieur. Auch der aus der DTM bekannte Mathieu Le Nail als Performance-Ingenieur muss sich noch auf die Formel E einschießen.
Rast: "Wir müssen schauen, wie das Wochenende läuft. Wir haben nicht gesagt, dass wir einen Doppelsieg einfahren wollen. Meine Crew und ich sind alle neu in der Formel E. Da werden Fehler passieren, die wir jetzt noch nicht auf dem Schirm haben. Das ist ganz normal. Wir hoffen, dass wir in die Punkte fahren. Die letzten beiden Rennen in Berlin waren gut, Formel-E-Auto fahren kann ich. Die Frage ist nur, wie schnell ich mich adaptieren kann."
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