Rene Rast startet 2021 nicht mehr in der DTM und verpasst damit die mögliche Titelverteidigung. Ein klarer Schnitt: Der Audi-Star verabschiedet sich ebenso wie die Hersteller Audi und BMW. Ein Rückschlag für die künftige Kundensportserie, die ihren Champion und das große Aushängeschild der vergangenen vier Jahre verliert.

Wenn es einen DTM-Fahrer gab, der die Massen begeisterte, dann war es Rene Rast. Eine Rolle, die Deutschlands erfolgreichster GT- und Tourenwagenfahrer des Jahrzehnts tatsächlich erst im zarten Alter von 30 Jahren einnahm.

Rasts vielleicht größte Herausforderung

Jetzt, mit 34 Lenzen, stellt sich Rast einer neuen Herausforderung. Der vielleicht größten seiner Karriere, wie er nach der dritten DTM-Meisterschaft schon zum Jahresende vermutete. In der Formel E kann Rast sein riesengroßes Talent - stets gepaart mit akribischer Detailarbeit - noch einmal unter Beweis stellen. Und einmal mehr zeigen, wie fatal es rückblickend war, ihn nie für die Formel 1 zu berücksichtigen.

Viele seiner Fans hatten bis zuletzt gehofft, dass Rast der DTM treu bleibt und 2021 zweigleisig fährt. Nicht zuletzt, weil die Formel E speziell in Deutschland weiter nach Akzeptanz sucht. Zweifel an der Elektromobilität übertönen oftmals den Fakt, dass das Starterfeld gespickt ist mit international renommierten Piloten, die wie Rast ebenso in der Lage sind, jedes Rennauto der Welt an seine Grenzen bringen zu können.

Rast hätte sich keinen Gefallen getan

Bei aller Liebe zur DTM: In diesem hochkompetitiven Umfeld hätte Rast sich und auch seinen treuen Anhängern keinen Gefallen getan, Kompromisse in Form eines Doppelprogrammes einzugehen. Zwischen einem GT3- und einem Formel-E-Boliden herrschen himmelweite Unterschiede. Das Leistungsniveau ist heutzutage derart spitz, dass eigentlich nur der absolute Fokus auf ein Programm zum Erfolg führen kann.

Das hat Ausnahmekönner Rast selbst im Jahr 2020 bewiesen, als er innerhalb von 16 Tagen in zehn Rennen zwischen DTM- und dem ihm unbekannten Formel-E-Auto hin- und herwechselte. Ein ambitioniertes Unterfangen, das ihn beinahe den DTM-Titel gekostet hätte, wäre es ihm nicht rechtzeitig gelungen, den Schalter umzulegen.

Nicht nur durch dieses Beispiel hat Audi - wenn auch mit einiger Anlaufzeit - gelernt: Der Fokus auf ein Programm bietet Rast die besten Chancen, auch in der Formel E zu bestehen und für Furore zu sorgen. Sein Erfahrungsnachteil in dieser ungewöhnlichen Motorsportumgebung ist ohnehin Bürde genug und darf angesichts des ultrakompakten Ein-Tages-Formats nicht unterschätzt werden.

Rene Rast steht vor seiner ersten vollen Saison in der Formel E, Foto: Audi Communications Motorsport
Rene Rast steht vor seiner ersten vollen Saison in der Formel E, Foto: Audi Communications Motorsport

Rast: Aus der Formel E nach Le Mans

Nicht umsonst hat sich Audi weit gestreckt, um Rast langfristig trotz anderer lukrativer Angebote in den eigenen Reihen zu halten - und ihn künftig höchstwahrscheinlich in das neue LMDh-Projekt mit Rennen in Le Mans, Daytona und Co. zu integrieren. Gleichzeitig für Rast die beste Gelegenheit, dann im Herbst seiner Karriere um Gesamtsiege bei den wichtigsten Langstreckenrennen der Welt kämpfen zu können.

Mit einem fokussierten Rast an der Seite von Elektro-Veteran Lucas di Grassi rechnet sich Arbeitgeber Audi zudem die größte Wahrscheinlichkeit aus, sich mit einem weiteren Titel aus der Formel E zu verabschieden. Das hätte einen ganz anderen Stellenwert als ein weiterer Erfolg in der DTM, die ab 2021 faktisch nur eine Kundensport-Plattform mit erweiterter Werksunterstützung ist.

Nach dem Gewinn der Fahrer-Meisterschaft 2017 und dem Teamtitel 2018 in der Formel E, stotterte Audis Motor in den vergangenen beiden Jahren gehörig. Die Saison 2021 bietet die letzte Chance, sich vor dem Werksausstieg mit einem weiteren Erfolg im großen Herstellerreigen zu profilieren.

Rene Rast war das Aushängeschild der letzten DTM-Jahre, Foto: SICHTBARfotografie 2020
Rene Rast war das Aushängeschild der letzten DTM-Jahre, Foto: SICHTBARfotografie 2020

Verständliche Entscheidung

Für Rast dürfte die Formel E damit ein kurzes Intermezzo bleiben, in dem er mehr gewinnen als verlieren kann. Sie ist zusammen mit Audi eine Zwischenstation hin zu einem seiner großen Träume: dem Gesamtsieg bei den 24 Stunden von Le Mans. Jener magische Ort, der 2016 für Rast einen Scheideweg seiner Karriere bedeutete, soll mit dem LMDh-Einstieg der Ingolstädter ab 2023 das nächste und letzte Kapitel seiner aktiven Karriere einleiten.

Bei derartigen Zukunftsaussichten sollte Rasts eingeschlagener Weg bei Audi - so weh es der DTM auch tun mag - für alle Seiten verständlich sein.