Audi-Festspiele in Spa-Francorchamps - BMW erlebt ein Debakel auf ganzer Linie: beim diesjährigen Saisonauftakt konnte man den Eindruck gewinnen, dass nur ein Hersteller in der DTM antritt. Mit zwei Fünffachsiegen und zwei Doppel-Poles dominierte der Autobauer aus Ingolstadt bei der Rückkehr auf den Ardennenkurs nach 15 Jahren Abwesenheit.

BMW präsentierte sich hingegen in erschreckender Verfassung, wie auch die nackten Zahlen belegen. In den Rennen hatte der jeweils bestplatzierte M4-Pilot einen enormen Rückstand auf die Sieger Nico Müller respektive Rene Rast (Rennen 1: Philipp Eng, 36,424 Sekunden / Rennen 2: Sheldon van der Linde, 24,118 Sekunden).

Eine Steilvorlage für Audi, die bereits 2019 mit der Einführung der Turbo-Autos das Geschehen in der DTM bestimmten und die Titel in allen drei Wertungen gewannen. "Das Reifen-Management ist sehr wichtig. Wir wissen aber auch, dass auf einer Strecke wie Spa der Motor eine große Rolle spielt. Wir haben deutlich gezeigt, dass wir hier den besseren Motor hatten", schickte Audi-Motorsportchef Dieter Gass indirekte Grüße nach München.

Die Gründe für das durchweg schwache Abschneiden dürften vielfältig gewesen sein. Aufgrund des Zwei-Tages-Formats in Spa standen den Teams nur 45 Minuten Trainingszeit zur Verfügung - und das auch noch auf nasser Strecke. Diese Zeit dürfte nicht ausgereicht haben, um den im Winter stark überarbeiteten BMW M4 optimal auf den 7,004 Kilometer langen und einzigartigen Kurs einzustellen.

DTM 2020, Spa-Saisonauftakt: Highlights und Zusammenfassung: (02:00 Min.)

Massive Probleme mit dem entscheidenden Reifen-Management in beiden Rennen trotz unterschiedlicher Umgebungstemperaturen waren die Folge. Den Anfang machte ein nicht optimal gewählter Kompromiss beim Setup, das sich mehr auf die Renn-Performance statt auf das Qualifying fokussieren sollte. "Im Qualifying sind wir einen zu großen Kompromiss eingegangen", räumte BMW Motorsport-Direktor Jens Marquardt am Sonntagmorgen ein.

Dabei spielte die bessere Leistungsentfaltung der Motoren den Audi-Piloten in die Karten. "Es lag nicht nur am Motor, warum wir uns schwergetan haben", sagte BMW-Pilot Marco Wittmann. "Wir hatten einen hohen Reifenverschleiß im Rennen und konnten den Audis nicht folgen. Wir hatten größere Probleme mit den Reifen."

Auf bis zu eine Sekunde bezifferte der zweifache DTM-Champion den Rückstand zur Konkurrenz - eine Welt in der Tourenwagenserie. BMW-Juwel Sheldon van der Linde, der mit den Startplätzen fünf und vier jeweils bestplatzierter M4-Fahrer im Qualifying war: "Insgesamt hatte Audi den besseren Speed. Wir mussten unsere Reifen mehr rannehmen, um mithalten zu können. Wenn du einen Pace-Vorteil hast, kannst du die Reifen besser managen."

Auf der Gegenseite zeigte sich Audi kollektiv überrascht von der fehlenden Performance der Konkurrenz. Loic Duval analysierte am Sonntagabend: "Mit neuen, frischen Reifen waren sie konkurrenzfähig. Aber bei ihnen haben die Reifen vor uns die Klippe erreicht und das kostete sie an Performance. Auf einer Runde konnten sie mitkämpfen, hatten aber Probleme mit der Renn-Pace."

Das BMW-Lager - das sich nach den vorangegangenen Testfahrten mehr ausgerechnet hatte - hofft auf die speziellen Bedingungen in Spa und bessere Resultate auf handelsüblicheren Rennstrecken im DTM-Kalender. Nach zwei von 18 Saisonrennen führt Audi die Meisterschaft mit 152 Punkten an, BMW liegt mit 34 Zählern meilenweit dahinter.

"Auch für Audi war es eine neue Strecke und sie haben einfach einen besseren Job gemacht", versuchte BMW-Pilot Timo Glock nichts zu beschönigen. Der frühere Formel-1-Fahrer kam im Rennen am Sonntag nicht über den 13. Platz hinaus - mit fast einer Minute Rückstand auf Sieger Rast.

Glock weiter: "Beim Topspeed sind wir nicht schlecht. Aber wir haben einen größeren Reifenverschleiß als die Audis. Im Qualifying sehen sie stark aus, im Rennen sogar noch stärker. Ich hoffe, dass wir auf anderen Rennstrecken besser aussortiert sind."

Nach der Spa-Klatsche bietet sich BMW in zwei Wochen beim ersten von zwei direkt aufeinanderfolgenden Rennwochenenden auf dem Lausitzring die Möglichkeit, zu zeigen, ob während der Winterpause wirklich deutliche Fortschritte gelungen sind. Allerdings: Der EuroSpeedway gehörte in der Vergangenheit nicht zu den Paradestrecken der Münchner.

Seit dem DTM-Comeback 2012 gelang BMW nur ein einziger Sieg in der Lausitz (Bruno Spengler 2012), während Audi und Mercedes jeweils sechs Rennen gewinnen konnten. In der Qualifying-Statistik sieht es kaum besser aus: in 13 Anläufen sicherte sich nur zwei Mal ein BMW-Fahrer die Pole Position (Spengler 2012, Eng 2018/2).

"Eine Sekunde Rückstand, das ist eine andere Welt", sagte Wittmann. "Aber wir wollen kämpfen und nicht hinterherfahren. Wir haben jetzt zwei Wochen Zeit und finden hoffentlich die Gründe, damit es besser wird." Markenkollege Glock: "Die Audis waren sehr dominant. Ich hoffe, dass wir am Lausitzring aussortierter sind als in Spa."