Saisonauftakt auf dem Norisring - eine Schlagzeile, die viele DTM-Fans trotz aktuell schwieriger Zeiten etwas glücklicher stimmte. Mit dem eindeutigen Highlight im überarbeiteten Rennkalender in die Saison 2020 zu starten, brachte der DTM-Dachorganisation ITR einigen Beifall ein.
Ob sich das für den 10. bis 12. Juli geplante Rennwochenende auf dem Stadtkurs in Nürnberg umsetzen lässt, ist allerdings mehr als ungewiss. Vor allem, weil das Norisring-Wochenende im Gegensatz zu Veranstaltungen auf permanenten Rennstrecken einen enormen Kraftakt für die Verantwortlichen bedeutet. Die Vorbereitungen laufen bereits seit August 2019.
Neben dem kompletten Aufbau einer Rennstrecke samt Infrastruktur - die Arbeiten beginnen drei Wochen vor dem Rennen - gilt es, zahlreiche behördliche Auflagen zu meistern. Das könnte sich vor allem in der aktuellen Lage rund um die Coronavirus-Pandemie als knifflig erweisen.
"Wenn wir keine Genehmigung bekommen, weil uns die Veranstaltung behördlich untersagt wird, sind wir überzeugt, dass wir sie auf 2021 verschieben müssen", sagt Wolfgang Schlosser, Vorstandsvorsitzender des Motorsport Club Nürnberg e.V. (MCN), zu Motorsport-Magazin.com.
Schlosser: Uns würde das Herz bluten
Am Mittwoch in dieser Woche wird es diesbezüglich einen weiteren Austausch mit der DTM-Dachorganisation ITR geben. Sollte das Rennwochenende nicht zustande kommen können, wäre es nach 1958 und 1959 die erst dritte Absage in der traditionsreichen Geschichte des Norisring. "Darüber wären wir unglaublich traurig, uns würde das Herz bluten", so Schlosser.
Die für alle Involvierten notwendige Planungssicherheit für die aufwändige Organisation des Rennwochenendes kann zum aktuellen Zeitpunkt kaum gegeben werden. Dem gegenüber stehen hohe Kosten, die das Stadtrennen entlang des Dutzendteiches im Vorlauf verursacht und die gedeckt werden müssen.
Schlosser: "Wir können nicht erst zwei Wochen vor dem geplanten Termin sagen, ob es funktioniert, und dann ganz schnell die Rennstrecke aufbauen. Das geht nicht auf einer nicht-permanenten Rennstrecke. Das kann sicherlich Jeder verstehen. Ganz speziell bei uns muss abgewogen werden, ob wir fahren können oder nicht. Mein Bauchgefühl sagt mir, dass wir nicht fahren können."
Auch der Motorsport verlangt in Zeiten der Corona-Krise nach Flexibilität - im DTM-Kalender dürfte der Norisring jedoch über den geringsten Handlungsspielraum verfügen. Die Entwicklung auch in Deutschland lässt sich zum aktuellen Zeitpunkt kaum abschätzen.
Berger: Stand heute sehr schwierig
"Es liegt mir derzeit fern, solche Themen in den Vordergrund zu stellen, es geht um Arbeitsplätze und kranke Menschen", sagte DTM-Chef Gerhard Berger am Wochenende zur Kronenzeitung. "Der DTM-Kalender steht, ob er realistisch ist oder nicht, wird sich zeigen. Gleiches gilt für Spielberg (das Formel-1-Rennen in Österreich; d. Red.). Stand heute würde ich es mit 'sehr schwierig' beurteilen, aber die Situation ändert sich ja täglich."
An diesem Montag kündigte Bayerns Ministerpräsident Dr. Markus Söder eine Verlängerung der Ausgangsbeschränkung bis auf den 19. April an, mit dem Hinweis: "Wir dürfen keine Sorglosigkeit walten lassen. Das könnte dramatische Folgen haben."
Termin-Knappheit in Nürnberg
Eine Verlegung des nach aktuellem Planungsstand angegebenen Norisring-Termins erscheint auch mit Blick auf das Gesamtbild kaum möglich. Das DTM-Rennwochenende steht in Konkurrenz zu den Heimspielen des heimischen Fußballvereins 1. FC Nürnberg sowie zahlreichen aktuell verschobenen Messen auf dem zur Rennstrecke angrenzenden Messegelände.
"Wir brauchen das Gelände des angrenzenden Fußballstadions und auch das Messegelände", erklärt Schlosser. "Wir benötigen diese Flächen, sonst können wir gar nichts machen. Es ist am Jahresanfang schon schwierig, Termine zu finden. Wie soll es dann erst werden, wenn mindestens 30 Prozent der Möglichkeiten wegfallen?"
Gass: Müssen uns auf noch längere Pause einstellen
Die ITR hat sich dazu entschieden, alle Veranstaltungen in die zweite Jahreshälfte zu verlegen und konkrete Termine für die weiterhin zehn geplanten Rennwochenenden zu kommunizieren. Ein Schritt, der auf der einen Seite für eine gewisse Planungssicherheit sorgt, auf der anderen weitere Anpassungen zur Folge haben kann.
Audi-Motorsportchef Dieter Gass zu Motorsport-Magazin.com: "Ob wir im Juli wirklich wieder Motorsport betreiben können, bleibt abzuwarten. Derzeit kann niemand eine verlässliche Prognose abgeben, wann sich die Lage entspannen wird. Wir müssen uns auch auf eine noch längere Pause einstellen."
Marquardt: Es wird auch eine Zeit nach Corona geben
Die Zeit und Entscheidungen, die weit über den Sport hinausgehen, werden zeigen, wann wieder Alltag einkehren kann auf der Welt und im Rennsport. So sagt BMW Motorsport-Direktor Jens Marquardt zu Motorsport-Magazin.com: "Es wird auch eine Zeit nach Corona geben, und dafür stellen wir aktuell alle Weichen. Dies ist es, worauf wir alle gemeinsam hin arbeiten. Bis dahin gilt: durchhalten."
Das gilt auch für das geplante Rennwochenende auf dem Norisring - hier läuft die Zeit aber schneller davon als auf anderen Rennstrecken im DTM-Kalender. "Natürlich möchten wir gerne ein weiteres tolles Rennwochenende auf dem Norisring erleben", sagt Schlosser abschließend. "Wir wollen es ja machen. Aber wenn es nicht geht, dann geht es nicht. Gesundheit ist das wichtigste Gut für alle."
DTM-Kalender 2020 - Update (Vorbehaltlich FIA-Zustimmung)
Rennen | Rennstrecke | Land | Datum |
---|---|---|---|
1 | Norisring | Deutschland | 10.07.-12.07. |
2 | St. Petersburg oder Anderstorp ** | Russland oder Schweden | 31.07.-02.08. |
3 | Zolder | Belgien | 07.08.-09.08. |
4 | Brands Hatch | Großbritannien | 22.08.-23.08. |
5 | Assen | Niederlande | 04.09.-06.09. |
6 | Nürburgring | Deutschland | 11.09.-13.09. |
7 | St. Petersburg oder Anderstorp ** | Russland oder Schweden | 02.10.-04.10. |
8 | Lausitzring | Deutschland | 16.10.-18.10. |
9 | Hockenheimring | Deutschland | 06.11.-08.11. |
10 | Monza | Italien | 13.11.-15.11. |
** Entscheidung über Zuteilung Austragungsort/Datum folgt
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