Im Rahmen des Saisonfinales auf dem Hockenheimring (04.-06. Oktober) kommt es zum mit Spannung erwarteten Aufeinandertreffen der DTM mit den japanischen Vertretern der Super GT. Je ein Rennwagen von Honda, Nissan und Lexus treten erstmals unter Wettbewerbsbedingungen gegen die 18 DTM-Wagen von Audi, BMW und Aston Martin an.

Während die Japaner als Gaststarter nicht für Punkte berechtigt sind, kämpfen die DTM-Teams der drei Hersteller um die letzten Meisterschaftszähler in der Saison 2019. Sicherlich wollen sich die japanischen Autobauer nicht die Blöße geben und hoffen auf einen vergleichbaren Kampf mit den Vertretern der deutschen Tourenwagenserie - doch die Vorzeichen unterscheiden sich in einigen Aspekten.

Um einen Eindruck zu gewinnen, wozu die GT500-Boliden Honda NSX, Nissan GT-R und Lexus LC 500 auf dem Hockenheimring fähig sind, erhalten sie am Donnerstag, 03. Oktober vor dem Finalwochenende einen Extra-Test. Zwei einstündige Sessions (10:00-11:00 Uhr und 14:00-15:00 Uhr) sollen ermitteln, ob die Performance der Autos nachträglich angepasst werden muss.

BoP-Einstufung mit Tücken

Es ist geplant, Japaner und DTM-Autos mittels einer Balance of Performance auf ein ähnliches Niveau zu bringen. Verändert würden hier allerdings ausschließlich die GT500-Rennautos, die aktuell etwas schneller als die deutschen Pendants eingeschätzt werden. Sollte das der Fall sein, werden Honda, Nissan und Lexus mit Zusatzgewicht bestückt. Die DTM-Autos werden nicht verändert.

Diese Einstufung bzw. Bewertung der Performance ist aus mehreren Gründen tückisch. Während bei BoP-Fragen in GT-Rennserien eine schnelle Runde als Vergleich herangezogen wird, hält sich dieser Vergleichswert in der Tourenwagenserie in Grenzen.

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Der Hankook-Unterschied

Zum einen spielen die Reifen eine ganz entscheidende Rolle in den Rennen. Die Japaner starten in Hockenheim und auch beim am 23./24. November 2019 in Fuji folgenden Show-Rennen auf den aus der DTM bekannten Hankook-Reifen. Die aktuellen Exemplare weisen einen von der ITR und den Herstellern gewollten plötzlichen Abbau auf, um für mehr Spannung zu sorgen.

In der DTM benötigten die Hersteller eine ganze Weile, um das Verhalten der Hankook-Reifen mit den neuen Turbo-Autos einschätzen zu können. Den Teams aus der Super GT stehen derweil gar keine Erfahrungswerte unter Rennbedingungen zur Verfügung, da in der japanischen GT-Serie Entwicklungsreifen unterschiedliche Hersteller zum Einsatz kommen.

Zu Beginn dieses Jahres haben sich die Japaner in der Heimat mit den für sie unbekannten Reifen bei einem Test vertraut gemacht - trotzdem ist der Wissensrückstand auf die DTM enorm, wenngleich sie während des Hockenheim-Wochenendes die gleiche Unterstützung von Hankook-Mitarbeitern erhalten werden wie die deutschen Teams.

Japaner ohne DRS und Push-to-Pass

Ähnlich heikel: Die DTM-Autos sind mit DRS-Flügel und Push-to-Pass bestückt. Honda, Nissan und Lexus verfügen hingegen nicht über die beiden künstlichen Überholhilfen. Während beim Show-Rennen in Fuji diese Werkzeuge komplett verboten sind, kommen sie in Hockenheim bei den DTM-Autos zum Einsatz, schließlich handelt es sich um das reguläre Saisonfinale.

Trotz etwas besserem Aero-Paket - die DTM fährt die Class-1-Spezifikation von 2019, die Japaner sind noch auf dem Stand von 2018 mit etwas mehr Abtrieb - und größerem Verständnis des Turbo-Motors dürfte es schwierig werden, sich gegen die DTM-Boliden mit ihren Überholhilfen zu wehren. DRS-Klappflügel und Push-to-Pass bringen auf dem Hockenheimring bis zu sechs Zehntelsekunden Vorsprung pro Runde.

"Das ist ein großer Unterschied", glaubt auch Audi-Werksfahrer Jamie Green. "Es ist noch nicht klar, wie schnell ihre Autos sind. Aber das Überholen wird schwieriger, wenn einem diese Werkzeuge nicht zur Verfügung stehen." In Hockenheim funktioniert der DRS-Flügel wegen der rund einen Kilometer langen Parabolika traditionell am effektivsten.

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Button: Keine zu großen Erwartungen

Zwar handelt es sich beim Gaststart der Japaner in Hockenheim (Alternative zu einem eigenständigen Event in Europa, das nicht zustande kam) mehr um eine Show und ein Zeichen für die angedachte gemeinsame Zukunft beider Serien, doch hinterherfahren wollen die asiatischen Vertreter samt Superstar Jenson Button nicht.

Der Formel-1-Weltmeister, der einen Honda NSX mit der Startnummer 1 pilotiert, sagt vor dem Treffen der Nationen: "Hockenheim ist natürlich DTM-Land, somit gehen wir dort nicht mit zu großen Erwartungen an den Start. Außerdem müssen wir noch herausfinden, wie die Autos zusammen auf der Strecke fahren."

Ob die Japaner bei den Testfahrten am Donnerstag wirklich alles zeigen, darf bezweifelt werden. Wo eine Balance of Performance im Spiel ist, ist das sogenannte Sandbagging - ein Performance-Tiefstapeln - meist nicht weit. Dabei darf nicht außer Acht gelassen werden, dass sich Honda, Nissan und Lexus nicht nur mit den DTM-Teams, sondern auch untereinander einen Wettkampf liefern.