Rene Rast gewann das chaotische Samstags-Rennen der DTM auf dem Red Bull Ring dank tatkräftiger Unterstützung zweier Audi-Teamkollegen und darf sich weiter Hoffnungen auf die Verteidigung der Meisterschaft machen. Der Audi-Pilot hat nun 174 Punkte auf dem Konto, sein Rückstand auf Spitzenreiter Paul Di Resta beträgt 'nur' noch 42 Zähler. Drei Rennen und insgesamt 84 Punkte stehen in der DTM-Saison 2018 noch aus.

In Spielberg hätte Rast unter normalen Umständen die Ziellinie als Dritter direkt vor Di Resta überquert. Weil seine Markenkollegen Mike Rockenfeller und Nico Müller den Titelaspiranten in den letzten Kurven aber vorbeiwinkten, steigen seine Chancen auf die Meisterschaft weiter.

Diese Audi-Aktion wurde von einigen Fans in den sozialen Netzwerken scharf kritisiert. Die Protagonisten selbst zeigten sich hingegen versöhnlicher.

Mercedes-Chef: Nicht gut, aber verständlich

Allen voran Mercedes-Teamchef Uli Fritz, der zu Motorsport-Magazin.com sagte: "Was in der letzten Runde passiert ist, finde ich nicht gut, habe aber Verständnis dafür. Deshalb müssen wir uns über solche Maßnahmen auch Gedanken machen. Mir wäre natürlich ein Sieg von Rocky lieber gewesen, aber das ist hier kein Wunschkonzert."

Rockenfeller hätte sicherlich gerne seinen ersten Saisonsieg und den zweiten Podestplatz seit dem Auftakt in Hockenheim über die Ziellinie bugsiert. Doch der frühere DTM-Champion agierte im Sinne des Teams und ließ dem in der Meisterschaft viel besser platzierten Rast den Vortritt. Eine Entscheidung, die Rockenfeller selbst verantwortete - schließlich ist der Teamfunk seit einiger Zeit in der Tourenwagenserie verboten.

DTM Spielberg: Video-Zusammenfassung zum Rennen am Samstag: (04:18 Min.)

Rockenfeller: Nichts zu diskutieren

"Da gibt es für mich überhaupt nichts zu diskutieren", sagte Rockenfeller. "In dieser Phase der Meisterschaft ist das ein völlig normaler Vorgang. Wenn ich anstelle von Rene gewesen wäre, hätte ich mich auch über das 'Geschenk' gefreut. Ich kann sehr gut mit meinem zweiten Platz leben, schließlich geht es um die Meisterschaft und die können wir gemeinsam für Audi noch gewinnen."

Rockenfeller weiter: "Das Thema Teamorder wird viel zu hoch gespielt, das gab es doch schon immer. Viel wichtiger ist, wie ehrlich man damit umgeht." In der Tat machten Audi und Rockenfeller kein Geheimnis daraus, dass sie Rast die bestmöglichen Aussichten im Titelfight verschaffen wollten. In der heißen Phase der Saison zählt schließlich jeder Zähler. Audi-Motorsportchef Dieter Gass: "Wir können von außen gar nicht eingreifen. Das haben die Fahrer schon selber geregelt."

Rast zündet den Turbo

Und mit Rast hat der Autobauer aus Ingolstadt den seit Wochen stärksten Fahrer der DTM in den eigenen Reihen. Rast gewann vier der letzten acht Rennen und fuhr acht Mal auf das Podium. In diesem Zeitraum holte er erstaunliche 151 Punkte. Zum Vergleich: Nach den ersten neun Saisonrennen hatte er 23 Punkte auf dem Konto und 104 Zähler Rückstand auf Spitzenreiter Paffett.

Rast nimmt den geschenkten Sieg auf dem Red Bull Ring natürlich gern an, doch schon direkt nach Rennende war ihm anzumerken, dass keine überschwängliche Freude herrschte. "Dafür, dass mich meinen Markenkollegen in der letzten Runde vorgelassen habe, kann ich mich nur bedanken", sagte Rast später. "Jeder, der mich kennt, weiß, dass ich nicht gerne einen Sieg geschenkt bekomme. Andersherum hätte ich es genauso gemacht. Wir sind heute das viertletzte Rennen gefahren. Da braucht es keine, das zeigt allein ein Blick auf die Tabelle."

Nach den vergangenen Leistungen vor allem von Rast herrscht bei Mercedes eine nicht unberechtigte Sorge, die Fahrer-Meisterschaft auf der Zielgeraden zu verlieren. Dabei hatten zeitweise vier Sternfahrer die vorderen Tabellenplätze belegt. Alles schien unter Kontrolle zu sein - dann drehte Rast auf.

Mercedes hätte locker gewinnen können

"Ganz ohne Frage hat Audi aufgeholt - und das nicht erst seit heute", sagte Mercedes-Teamchef Fritz. "Heute war für Alle viel möglich. Ich denke trotzdem, dass wir heute locker hätten gewinnen können." Damit spielte er auf den verlorenen Sieg von Daniel Juncadella an, der die Ziellinie als Erster überquert hatte, wegen eines laut Rennleitung falschen Vorgehens beim Re-Start aber nachträgliche 30 Sekunden aufgebrummt bekam.

Rast hat am Sonntag eine weitere Chance, die Meisterschaft noch spannender zu gestalten. Um 13:30 Uhr (bei Sat.1 und im Live-Ticker von Motorsport-Magazin.com) startet das zweite Rennen des Wochenendes. Rast selbstbewusst: "Natürlich glaube ich mit dem heutigen Erfolg wieder an den Titelgewinn. Wir haben wie schon so oft gesehen, was alles passieren kann. Schon am Nürburgring habe ich gesagt, dass wir nicht aufgeben werden, so lange noch theoretischen Titelchancen bestehen."