Die neue Reifen-Regel wird auch beim DTM-Event in Spielberg eine nicht zu unterschätzende Rolle spielen. Der Mindest-Kaltluftdruck in den profilosen Slick-Reifen von DTM-Exklusivausstatter Hankook beträgt wie zuletzt am Nürburgring 1,3 bar. Dieser Wert könnte sich aber im Verlauf des Wochenendes noch ändern!

Diese wichtige Info hat der Deutsche Motor Sport Bund (DMSB) auf Anfrage von Motorsport-Magazin.com bestätigt. Hintergrund sind die wechselhaften Witterungsbedingungen in der Steiermark. Bis zum Beginn des Wochenendes werden rund um den Red Bull Ring in Spielberg Temperaturen von über 20 Grad vorhergesagt. Für Samstag und Sonntag kündigen die Wetterdienste allerdings einen Temperatursturz von zehn Grad und zudem eine große Niederschlagswahrscheinlichkeit an.

Weil die Umgebungstemperatur bei der Festlegung des Mindest-Kaltluftdrucks eine große Rolle spielt, könnte der am Donnerstag von Hankook offiziell vorgegebene Wert von 1,3 bar im Laufe des Wochenendes noch einmal verändert werden.

Zudem hat der DMSB am Donnerstag die neue Reifen-Regelung präzisiert und den Herstellern und Teams die Details offiziell mitgeteilt (das komplette Schreiben folgt am Ende dieses Artikels;d.Red.) Der DMSB wies zudem ausdrücklich darauf hin, dass bezüglich der neuen Reifen-Regelung auch zukünftig noch Ergänzungen oder Präzisierungen möglich sind.

Empfehlung krass unterschritten

Einige Teams fuhren in dieser Saison jedoch entgegen den Sicherheits-Empfehlungen von Premiumhersteller Hankook mit sehr niedrigen Kalt-Luftdrücken und haben deswegen nahezu einen kompletten DTM-Lauf mit einem Reifensatz von Hankook bestritten. Nach Informationen von Motorsport-Magazin.com wurde die Empfehlung von Hankook um bis zu 0,4 bar unterschritten.

DTM-Autos mit 250 km/h auf der Felge unterwegs

Das unverantwortliche und gefährliche Vorgehen von Herstellern und Teams wurde von DTM-Chef Gerhard Berger im Interview mit Motorsport-Magazin.com scharf kritisiert. "Wir können nicht verantworten, dass DTM-Autos quasi nur noch auf der Felge fahrend mit 250 km/h unterwegs sind", schimpfte der Österreicher, der zudem kein Verständnis für die Kritik von Mercedes an der neuen Reifen-Regelung hat. Dabei wurde sogar von einem deutlichen Eingriff in die Meisterschaft gesprochen.

Für Berger ist das ein Mickey-Maus-Thema, bei dem viel Wind um relativ wenig gemacht wurde: "In Wirklichkeit ist es eine Sache: Eine Empfehlung wurde in eine Regel verändert, weil wir gemerkt haben, dass sich der Eine oder Andere (Hersteller bzw. Team;d.Red.) nicht an die Empfehlungen von Hankook gehalten und sie teilweise massiv unterschritten hat."

Der Österreicher weiter: "Das ist einerseits ein Sicherheits-Thema, weil ein Reifen mit sehr niedrigem Luftdruck leicht beschädigt werden kann, zum Beispiel beim Überfahren eines Curbs. Und andererseits hat es dazu geführt, dass wir in der Vergangenheit oftmals Boxenstopps in den ersten Rennrunden gesehen haben (insgesamt 39 bis einschließlich Brands Hatch in den ersten drei Runde;d.Red.)."

Berger gibt zu, dass sich durch die neue Regelung das Reifenverhalten während der Rennen ein wenig verändern würde, "aber die Teams werden blitzschnell ihre Strategien darauf anpassen und es wird niemand mehr drüber sprechen".

Berger: Kein Verständnis für Mercedes

Die Einschätzung des Österreichers wird durch die Resultate zuletzt am Nürburgring bestätigt: Spitzenreiter Gary Paffett fuhr mit seinem Mercedes-AMG C 63 im Qualifying zwei Mal in die erste Reihe auf Startplatz zwei. Im ersten Rennen belegte der Brite den dritten und im zweiten Rennen den fünften Platz. Ohne die zehn Sekunden Zeitverlust beim Pflichtboxenstopp (ein Rad klemmte), hätte Paffett sogar Siegchancen gehabt. Und sein schärfster Rivale im Titelkampf, HWA-Teamkollege Paul Di Resta, fuhr nach einer Nullrunde am Samstag im zweiten Lauf von Startplatz elf auf Rang drei nach vorne.

Deshalb hat Berger für die Aufregung kein Verständnis: "Mercedes führt alle drei Wertungen mit großem Vorsprung an. Auch wenn sie jetzt etwas an Performance verloren haben, für die anvisierten Titel reicht die allemal!"

Hintergrund zur neuen Reifen-Regel in der DTM

Hintergrund der neuen Reifen-Regelung ist eine von den Herstellern und Teams in der DTM ignorierte Empfehlung (1,1 bar) von Hankook bezüglich des Mindest-Kaltluftdrucks in den Slick-Reifen.

Seit dem siebten DTM-Event in Misano wird deshalb den Herstellern und Teams ein Mindest-Kaltluftdruck vorgeschrieben, der beim Spielberg-Event 1,3 bar betragen muss - und der vom DMSB kontrolliert wird. Dadurch soll gewährleistet werden, dass, wie mit den Herstellern abgesprochen, beim Hankook-Slick-Reifen nach rund 100 gefahrenen Kilometern ein kontrollierter Drop-off Effekt einsetzt und so ein Pflicht-Boxenstopp gegen Mitte eines Rennens nötig wird.

Reifen-Regel: DMSB-Präzisierung im Wortlaut

Aus Gründen der Sicherheit wird in Ausführung der Artikel 10.2 und 11.9.3.i des Internationalen Sportgesetzes (lSG), dem Artikel 24.8 des Sportlichen Reglements der DTM 2018 sowie den Artikeln 2.2. und 2.3 des Technischen Reglements der DTM 2018 folgendes klargestellt:

'Vorgeschriebene Reifen' im Sinne von Artikel 12.2 des Technischen Reglements der DTM 2018 sind nur solche Slick-Reifen, die der verbindlichen Druckvorgabe des Reifenherstellers (veröffentlicht am offiziellen schwarzen Brett) bezüglich Mindestdruck entsprechen.

Für Slick-Reifen, die an einem Fahrzeug montiert sind, ist die vom Reifenhersteller für die betreffende Veranstaltung herausgegebene Vorgabe bezüglich des Mindest-Reifen-Luftdrucks bei einer Reifen-Lufttemperatur von 25 Grad im Reifen an allen vier Rädern verbindlich. Bei Abweichungen von dieser Temperatur, ist der Wert aus der Temperaturkompensationstabelle des Reifenherstellers verbindlich (Messung erfolgt mit dem Reifenluftdruckkontrollsystem LB17-008).

Für beide Werte (Reifen-Lufttemperatur und Reifen-Luftdruck) sind die Werte verbindlich, die über die jeweiligen im betreffenden Rad verbauten Sensoren des Reifen-Luftdruck-Kontrollsystems (LB17-008) übermittelt werden.

Ab dem Moment des Starts eines Wertungslaufs gilt vorstehende Regelung auch für alle nicht am Fahrzeug montierten Slick-Reifen, die in dem betreffenden Wertungslauf noch verwendet werden dürfen.

Verfahren für die Messung

Für Slick-Reifen, die an einem Fahrzeug montiert sind, kann die Kontrolle des Mindest-Reifen-Luftdrucks wahlweise mit einem Auslesegerät für das Reifendruckkontrollsystem, mit einem Luftdruckprüfer oder über Datenaufzeichnung des Fahrzeugs erfolgen.

Die Veränderung der vom Reifenluftdruckkontrollsystem aufgenommenen Daten, in welcher Weise auch immer, ist nicht zulässig. Die Kalibrierung des Sensors kann jederzeit durch die Technischen Kommissare oder deren Beauftragte überprüft werden.

Für Slick-Reifen, die bei Beginn der Einführungsrunde auf dem Fahrzeug montiert sind und für diese verwendet werden, gelten folgende Regelungen:

- Bis spätestens 10 Minuten vor Beginn der Einführungsrunde dürfen die Teams den Luftdruck der betreffenden Räder überprüfen und anpassen. Hierbei ist ausschließlich das Ablassen von Luft erlaubt. Danach erfolgt die Messung durch die Technischen Kommissare oder deren Beauftragte.

- Direkt nach der Messung werden die Ventilkappen mit Siegeln versehen, die nicht mehr entfernt werden dürfen. Ausschließlich diese Räder dürfen für den Start des Rennens auf dem Fahrzeug montiert werden und der Reifendruck darf nicht mehr angepasst werden. Die Ventilkappen müssen sich ab diesem Zeitpunkt immer auf den Ventilen befinden. Ausnahme: Es werden Regenreifen verwendet.

Für Slick-Reifen, die bei Beginn der Informationsrunde (erstes Verlassen der Boxengasse nach Boxenampel grün) nicht auf dem Fahrzeug montiert sind, können bis zur Montage auf dem betreffenden Fahrzeug jederzeit Messungen des Reifendrucks durch die Technischen Kommissare oder deren Beauftragte durchgeführt werden.

Kommt ein externes Auslesegerät oder ein Luftdruckprüfer bei Messungen in der jeweiligen Box zum Einsatz, so wird bei einer Unterschreitung des Mindest-Reifen-Luftdrucks ein Teamvertreter informiert und dieser einmalig zum Anheben des Reifendrucks auf den Mindest-Reifen-Luftdruck aufgefordert.

Das Ergebnis von Luftdruck-Kontrollen durch Technische Kommissare oder deren Beauftragte ist eine Sachrichter-Entscheidung. Es werden in der Regel alle Reifen aller Fahrzeuge im Parc Ferme überprüft.

Präzisierungen im Sportlichen Reglement der DTM 2018 zum Zweck einer Überwachung des vorgeschriebenen Mindest-Reifen-Luftdrucks

Artikel 38.1 Start / Startverzögerung

Während der Informationsrunde(n), im Zeitraum zwischen dem Öffnen der Boxengasse (Boxenampel grün) und dem Schließen der Boxengasse (Boxenampel rot), darf grundsätzlich nur maximal ein (1) Teammitglied pro Fahrzeug die Boxengasse betreten. Als Boxengasse im Sinne dieser Regelung gilt der Bereich zwischen der Begrenzungslinie vor den Boxen und der Boxenmauer. Die Boxenmauer gilt in diesem Sinne nicht als Boxengasse. Das Überqueren der Boxengasse von der Box zur Boxenmauer und/oder umgekehrt ist für Besitzer eines Pitwall-Tickets zulässig.

Ausnahme:

Sofern die Information "wet tyre boxes open" auf Seite 7 der offiziellen Zeitnahmemonitore erschienen ist und bevor die Boxengasse für die Informationsrunden geöffnet wird (Boxenampel Grün), darf spätestens bis zu diesem Zeitpunkt pro Fahrzeug ein (1) weiteres Teammitglied mit jeweils einem Reifen-Trolley die Boxengasse und die Startaufstellung betreten.

Artikel 45.3.1 Post Qualifying Parc Ferme, Tabelle 14, Punkt 29 wird wie folgt ergänzt: Das Korrigieren des Reifendrucks ist bei Slick-Reifen nur bis spätestens 10 Minuten vor Beginn der Einführungsrunde erlaubt. Gültigkeit dieser Informationen: Ab der DTM-Veranstaltung in Spielberg. Alle vorangegangenen Informationen des Renndirektors zum Thema Mindest-Reifen-Luftdruck werden durch diese ersetzt.