Gary Paffett ist eines der Urgesteine in der DTM. Seit dem dritten Event der DTM-Saison 2003 bestritt der Brite alle Rennen für Mercedes. Doch 2018 endet die Mercedes-Ära in der DTM. Der Fahrzeughersteller aus Stuttgart orientiert sich in die Formel E. Im Interview spricht Gary Paffett über den Ausstieg aus seiner Sicht und seine Pläne für die Zukunft.

Gary, ist der Mercedes-Ausstieg Ende 2018 bei dir ein permanentes Thema?
Täglich denke ich nicht daran, nein. Nach der Bekanntgabe waren wir alle im Team überrascht und geschockt. Die erste Reaktion war: Wow, was machen wir danach? Das hat sich jetzt etwas gelegt. Jeder im Team ist weiter voll fokussiert auf die DTM, inklusive mir. Das gilt auch für das nächste Jahr. Mercedes hat uns klar gemacht, dass sie es auch 2018 ordentlich angehen wollen. Sie haben uns nie das Gefühl gegeben, dass wir hier nur noch unsere Zeit absitzen sollen bis zum Ausstieg aus der DTM. Natürlich denken ich und auch alle anderen im Team an den rennfreien Tagen darüber nach, was 2019 folgen wird. Im Moment lebe ich quasi zwei verschiedene Leben: zum einen liegt der Fokus auf die aktuelle Situation in der DTM und zum anderen schaut man schon, was die Zukunft bringen wird.

Wie laufen die Gespräche mit deinen Mercedes-Kollegen über die Zukunft ab?
Nach der Bekanntgabe habe ich mich lange mit Rob (Wickens), mit dem ich ja sehr gut klarkomme, darüber unterhalten, was wir machen könnten. Mit den anderen Jungs hatte ich solche Gespräche eigentlich nicht. Ich fokussiere mich lieber auf mich selbst statt darauf zu schauen, was andere machen.

Ist es denn sicher, dass du 2018 wieder für Mercedes in der DTM an den Start gehen wirst?
Es gibt ja noch keine offizielle Bekanntgabe, aber sagen wir mal so: Ich bin zuversichtlich, dass ich auch nächstes Jahr mit Mercedes in der DTM fahren werde. Das haben sie mir so vermittelt. Bei noch einem ausstehenden Jahr gibt es für sie eigentlich auch keinen Grund, etwas an der Fahreraufstellung zu ändern.

Man geht davon aus, dass du vertraglich langfristig an Mercedes gebunden bist. Entscheiden sie dann, was du 2019 machen wirst?
Ich würde nicht sagen, dass ich einen Langzeitvertrag habe. Ich habe eine tolle Beziehung zu Mercedes und HWA und es gibt wahrscheinlich ein Verständnis, dass wir lange Zeit zusammenarbeiten. Ich bin für die kommenden Jahre aber nicht vertraglich an Mercedes gebunden. Als ich meinen letzten DTM-Vertrag unterschrieben habe, war der auf mehrere Jahre angelegt. Aber das kommt zu einem Ende, weil die DTM zu einem Ende kommt. Ich würde aber natürlich sehr gern weiter mit Mercedes arbeiten.

Wie genau?
Die Formel E ist da eine Möglichkeit. Das wäre toll, das Projekt würde ich total gerne anführen, auch als eine neue Herausforderung für mich. Vielleicht machen sie aber noch was anderes, das weiß ich nicht. Das müssen wir abwarten, aber ich habe deutlich gemacht, dass ich gern bei Mercedes bleiben möchte. Sie wissen also, was ich mir wünsche. Gleichzeitig wissen sie auch, dass ich mich anderweitig umschaue. Es gibt nur eine begrenzte Anzahl an Cockpits und ich denke, dass ich Mercedes einiges bieten kann - egal, in welcher Serie. Wenn sie sich aber für andere Fahrer entscheiden sollten, dann möchte ich gerne Optionen haben. Ich bin der Meinung, dass ich 2019 immer noch auf einem Top-Level sein werde, was das Rennfahren angeht.

Also keine Gedanken an ein Karriereende nach 2018?
Nein. Wenn man sich mein Alter anschaut und das, was ich erreicht habe, dann könnte ich aufhören. Aber das Racing macht mir einfach zu großen Spaß. In der DTM hat Mercedes ein schwieriges Jahr, aber mit meiner eigenen Leistung bin ich ziemlich zufrieden und ich fühle mich wohl. Es gab Jahre in der DTM, in denen ich mit meinen Teamkollegen nicht mithalten konnte. Das war ziemlich frustrierend. Das Gefühl habe ich jetzt aber überhaupt nicht, ich fahre auf dem gleichen Niveau oder out-performe sie sogar. Solange ich das erreichen kann, möchte ich weitermachen. Ich bin ein Racer. Das ist alles harte Arbeit, um jedes Wochenende abzuliefern. Aber ich liebe diese Arbeit. Und schau' dir mal Kimi Räikkönen an. Der ist 37 und hat seinen Vertrag bei Ferrari verlängert. Das Alter ist also kein Limit. Gerade im Motorsport kannst du lange weitermachen. Frag mal unsere Trainer: Ich bin fitter und stärker als je zuvor! Ich habe nicht das Gefühl, dass ich an einem Punkt angelangt bin, an dem es Zeit ist, aufzuhören.

Könntest du dir vorstellen, in der DTM für einen anderen Hersteller zu fahren?
Das wäre schon sehr komisch. Ich würde gerne antworten: 'Nein, auf keinen Fall'. Aber in dieser Situation ist das schwer zu sagen. Du musst dir Optionen offenhalten. Sagen wir so: Idealerweise nicht - aber du kannst es nie wissen. Wenn ich gegen Mercedes antreten müsste, würde ich es definitiv nicht machen. Aber wenn sie nicht mehr in der DTM sind, wäre das schon eine Möglichkeit.

Welche anderen Rennserien kommen für dich noch in Frage?
Ich sage schon seit Jahren, dass die australische V8 Supercars-Serie toll ist. Zuletzt habe ich das beim Rennwochenende in Moskau gesagt - also kurz bevor Mercedes den DTM-Ausstieg bekanntgegeben hat. Merkwürdig, oder? Um ehrlich zu sein, hat mich 2004 das Team Triple Eight Racing Engineering gefragt, ob ich für sie 2005 in der Supercars-Serie fahren würde. Ich fuhr damals einen Test für Triple Eight, als sie noch in der britischen Tourenwagenserie waren. Daher kannten wir uns. Sie sind dann nach Australien gewechselt und wollten mich verpflichten. Ich fuhr da aber schon in der DTM. Seitdem habe ich die Supercars-Serie immer mehr oder weniger verfolgt und die Autos sehen nach einer Menge Spaß aus. Ich würde das also nicht ausschließen, sondern werde mir die Möglichkeiten dort anschauen.

Was noch?
Ich habe ja schon mal in die Langstrecken-Szene reingeschnuppert, als ich vergangenes Jahr die 24 Stunden von Spa gefahren bin. Das hat mir großen Spaß gemacht. Vielleicht auf einem Top-Level, also in der LMP-Klasse. Das würde mich auf jeden Fall interessieren. Endurance-Racing ist was völlig anderes und die LM-Prototypen sind unglaubliche Rennwagen. Es wäre eine tolle Gelegenheit, so etwas mal zu fahren. Das gilt übrigens auch für NASCAR.

Du scheinst für alles offen zu sein.
Nein, nicht alles. Ich bin sicher, dass ich keine Indycars fahren würde. Zu diesem Zeitpunkt meiner Karriere interessiert mich die Serie nicht. Für mein Gefühl ist das Risiko bei den Highspeed-Rennen im Oval zu hoch. Das ist wohl die einzige Serie, bei der ich sagen würde, dass ich mir sie nicht einmal anschauen möchte. Für so ziemlich alles andere wäre ich offen, ich bin nicht auf eine spezielle Sache festgefahren. Natürlich wäre es aber am schönsten, wenn Mercedes mir ein tolles Angebot machen würde.