Der Ausstieg von Mercedes aus der DTM zum Ende der Saison 2018 war ein völlig überraschender Paukenschlag. In den letzten Jahren waren eher BMW oder Audi mit einem Ende in der Tourenwagenserie in Verbindung gebracht worden. Nun also die Stuttgarter, die künftig die junge Formel E bevorzugen. Mit dem Aus von Mercedes in eineinhalb Jahren stellt sich die Frage: Bedeutet dies das Ende der DTM nach 2018?

Zum aktuellen Zeitpunkt ist klar: Nur mit Audi und BMW wird die DTM nicht fortbestehen. Die Verantwortlichen hatten sich vor einiger Zeit darauf geeinigt, dass die Serie nur mit mindestens drei Herstellern funktionieren kann. Eine Rückkehr zu einem Zweier-Duell wie Mercedes gegen Audi bis 2011 ist undenkbar.

Auf Nachfrage von Motorsport-Magazin.com teilte die ITR mit: "Die ITR als Trägerorganisation und Vermarkter der DTM bedauert den Schritt von Mercedes. Wir müssen die Entscheidung sportlich fair respektieren. Die DTM ist eine der bedeutendsten Tourenwagen-Serien der Welt. Mercedes hat den Ausstieg mit weitem Vorlauf angekündigt. Damit bleibt der ITR Zeit, die Situation zu analysieren und ein tragfähiges Konzept für die Zukunft aufzusetzen."

Kann die Mercedes-Lücke gefüllt werden?

Dass ein anderer deutscher Hersteller - Opel oder Porsche - kurzfristig in die Bresche springt und die Mercedes-Lücke ausfüllt, kann man sich nur schwer vorstellen. "Eine Rückkehr von Opel in die DTM steht nicht zur Debatte", sagte Opel Motorsport Direktor Jörg Schrott am Dienstagmorgen zu Motorsport-Magazin.com. "Der angekündigte Ausstieg von Mercedes hat auf die strategische Ausrichtung von Opel keinen Einfluss."

Internationale Autobauer hatten sich in der Vergangenheit vor einem Einstieg gescheut, denn: Der Erfolg muss sich bei einem solch kostspieligen Projekt kurzfristig einstellen. Das ist durch den Erfahrungsrückstand aber nur mit extremem Aufwand möglich - und selbst dann alles andere als gesichert.

Hinzu kommt, dass die DTM auch nicht jeden Hersteller akzeptiert. Es soll in der Vergangenheit Anfragen internationaler Autobauer gegeben haben, die jedoch abgeschmettert wurden. Wenn überhaupt, hätte es ein Hersteller auf dem Premium-Niveau von Audi, BMW und Mercedes sein müssen. Hier könnte der neuen Serienchef Gerhard Berger für frischen Wind sorgen - nach dem Mercedes-Aus muss er es sogar.

Class One wieder ein Thema

Da die Wahrscheinlichkeit, dass ein neuer Hersteller ins bestehende Konstrukt der DTM nachrückt, sehr gering ist, kommt die Super GT-Serie mehr als je zuvor wieder ins Spiel. Und damit das Class-One-Reglement, das eine gemeinsame Zukunft zwischen Japan und Deutschland vorsah.

Mitte 2016 wurde eine Absichtserklärung zwischen DTM und Super GT verabschiedet, wonach das Reglement der Class One bis September 2017 erarbeitet werden sollte. Danach wurde es allerdings ruhig um dieses Vorhaben. Auch, weil sich die deutschen Hersteller nicht auf den Bau eines neuen Motors einigen konnten. Der Turbo-Motor hätte ursprünglich 2018 kommen sollen, zuletzt war die Einführung für 2019 geplant. In Japan wird er schon gefahren.

BMW Motorsportdirektor Jens Marquardt: "Nun gilt es, die Situation zu bewerten und gemeinsam mit der ITR Szenarien für die Zukunft zu diskutieren, ob nun auf Basis des bestehenden Reglements oder aber eines anderen, wie beispielsweise des GT-Reglements. Die Fans haben es in jedem Fall verdient, dass man um die Zukunft der DTM kämpft. Das tun wir."

Super GT als Rettungsanker?

Nach dem Mercedes-Paukenschlag wäre eine Kooperation mit der Super GT samt neuem Motoren-Reglement wohl die beste Chance für die DTM, in ähnlicher Form weiter zu existieren. Findet die deutsche Serie am Ende doch noch eine Einigung mit der Super GT und den darin vertretenen Herstellern Toyota, Nissan und Honda?

Die Kooperation mit Japan schien innerhalb des letzten Jahres auf Eis zu liegen. Schwer zu sagen, wie Gerhard Berger aktuell zu dieser möglichen Partnerschaft steht. "Ich glaube fest daran, auch andere Kontinente ins Boot zu bekommen", hatte der Österreicher kurz nach seinem Amtsantritt erklärt.

Grundsätzlich abgeneigt zeigten sich die deutschen Vertreter zuletzt immerhin nicht. Am Norisring brachte BMW-Motorsportdirektor Jens Marquardt etwa Toyota ins Spiel. "Ich könnte es mir bei meinen ehemaligen Kollegen aus Köln gut vorstellen, dass sie mit einem Lexus in der DTM mitfahren", sagte er. "Es ist ein Premiumhersteller, der sehr gut zu uns in die Serie passen würde. Ich denke, mit dem Standort in Köln wären sie sehr gut in der Lage, so ein Programm locker auf die Beine zu stellen."

Mercedes lässt die Bombe platzen und steigt Ende 2018 aus der DTM aus, Foto: Motorsport-Magazin.com/Collage
Mercedes lässt die Bombe platzen und steigt Ende 2018 aus der DTM aus, Foto: Motorsport-Magazin.com/Collage

Rückkehr der Privat-Teams?

Eine Alternative könnte die Rückkehr der Privat-Teams sein. Zuletzt erschien diese Option äußerst unrealistisch. Durch den Mercedes-Rückzug könnte sie wieder in Betracht gezogen werden. Zuletzt am Norisring sagte Audi-Motorsportchef Dieter Gass bezüglich dieser Möglichkeit: "Das ist extrem schwierig, weil es keine Vorjahresautos gibt. Die Monocoques werden über Jahre verwendet. Deshalb stehen nicht jedes Jahr alte Autos zur Verfügung." Wegen der hohen kosten sei die Einstiegshürde für private Teams sehr hoch.

Wie auch immer: Nachdem die DTM immer latent bedroht war, einen ihrer Hersteller zu verlieren, ist nun der Ernstfall eingetreten. Viel Zeit bleibt den Verantwortlichen nicht, eine Lösung für die Zukunft zu finden. Auch, weil sich Audi und BMW künftig ebenfalls werksseitig in der Formel E engagieren werden. Audi steigt bereits zur kommenden Saison ein, BMW ein Jahr später. Mercedes folgt 2019/20. Daher kann zumindest nicht ausgeschlossen werden, dass Ingolstadt und München auch den DTM-Stecker ziehen...