München, 14. Dezember 2013. Unter den Augen von 350 geladenen Gästen steht Mike Rockenfeller bei der ADAC SportGala auf der Bühne und nimmt die Auszeichnung zum ADAC Motorsportler des Jahres entgegen. Das Sahnehäubchen auf einer Traum-Saison. "Ich bin ein bisschen nervös, das merkt man wahrscheinlich...", sagt Rocky etwas verlegen, als er die Trophäe vom Moderatoren-Duo Christina Surer und Florian König überreicht bekommt. Eine rührende Laudatio von Manuel Reuter und ein Highlight-Film mit Rockenfellers besten Szenen des Jahres erinnern den amtierenden DTM-Champion daran, was er dieses Jahr alles erreicht hat. Rocky und das Rampenlicht - keine Liebesbeziehung und doch so wunderbar stellvertretend für sein Jahr 2013.

Fast schon heimlich fuhr der Audi-Pilot mit stoischer Ruhe zu seinem ersten Titelgewinn in der Tourenwagenserie. Während kuriose Strafen, Wasserflaschen und der Helikopter eines Staatschefs das Geschehen in der DTM beherrschten und das Sportliche zeitweise weit in den Hintergrund rückte, bastelte Rocky kontinuierlich an seinem Meisterstück. "Ich habe immer daran geglaubt, dass alles gut geht. Aber es gab auch Zweifel", sagte Rockenfeller offen und ehrlich, und erinnerte sich an seine Anfangszeiten zurück: "Ich wusste, dass ich im Sportwagen gut zurecht komme, Le Mans liegt mir. Aber die DTM hatte ich mir nicht so schwierig vorgestellt, das war brutal. Am Ende hat es sich aber gelohnt, durchzuhalten."

Foto: Audi
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Jeder erinnert sich noch gut an den Watergate-Skandal rund um Mattias Ekström am Norisring. Dass Rockenfeller in diesem Stadtkurs-Rennen vom 21. auf den 5. Platz vorfuhr, verkam völlig zur Nebensache. Dabei war diese Leistung der Grundpfeiler zur Meisterschaft. Stealthbomber Rocky, unter dem Radar zum Titel. "Im Qualifying standen wir hinten, mussten sogar das Getriebe wechseln - was den Bock auch nicht mehr fett gemacht hat - doch das Rennen verlief für mich super", erinnerte sich Rockenfeller im Gespräch mit Motorsport-Magazin.com an das fünfte Rennwochenende zurück. "Ich konnte sogar meine Führung in der Meisterschaft ausbauen. Da wusste ich, dass ich in diesem Jahr wirklich den Titel holen kann."

Es war auch der strategischen Meisterleistung seines Teams Phoenix zu verdanken, dass Rockenfeller am Norisring das Kunststück von 16 Positionsgewinnen gelang. Schon während der zweiten Safety-Car-Phase in der elften Runde beorderte die Mannschaft um Ernst Moser Rockenfeller zum zweiten Pflichtboxenstopp, so dass er die restlichen 72 Runden auf den schnellen Option-Reifen zurücklegen musste. Der Plan funktionierte perfekt und an der Seite von Markenkollege Ekström ging es für das schnelle Audi-Duo fast kampflos nach vorn. "Wir haben das Setup bereits im Winter verstanden und wussten den Option-Reifen zu nutzen", gab Rockenfeller einen Teil seines Erfolgsgeheimnisses preis. "Ich wusste, wie ich den Reifen lange am Leben erhalte und darauf haben wir unsere Strategie ausgelegt."

Foto: Audi
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Eine ähnliche Glanzleistung in Sachen Taktik zeigten Phoenix und Rockenfeller zwei Rennen später am Nürburgring. Schwierige Witterungsbedingungen, ein chaotischer Start - und schon fand sich der zu diesem Zeitpunkt Meisterschaftsführende Rockenfeller nach einer Kollision auf dem letzten Startplatz wieder. Eigentlich eine Katastrophe, doch Phoenix reagierte perfekt: Das Team holte Rocky während der frühen Safety-Car-Phase an die Box und schickte ihn auf Regenreifen wieder auf die Strecke. Dabei zählte der Reifenwechsel gar nicht zu den zwei Pflichtboxenstopps. Doch auf immer nasser werdender Strecke fuhr Rockenfeller mit den richtigen Reifen Kreise um die Konkurrenz und landete nach insgesamt drei Besuchen in der Boxengasse auf dem vierten Platz.

In einer eng geführten Rennserie wie der DTM gehört manchmal auch die nötige Portion Mut dazu, um große Erfolge zu feiern. Phoenix bewies gleich mehrmals die oft zitierten Eier und Rocky sorgte für die entsprechenden Resultate. Ohne ein bisschen Glück klappt es natürlich nicht - auch hier stand Rockenfeller mehrmals auf der Sonnenseite: Bei seinem Sieg im zweiten Saisonrennen in Brands Hatch erbte er die wichtige Pole Position vom disqualifizierten Martin Tomczyk. Bei der Premiere in Russland sicherte sich Rockenfeller die Pole ebenfalls kampflos, als das Qualifying nach Q3 wegen Putins Flugeinlage abgesagt wurde.

Die Zutaten für den Meisterschaftstriumph: ein gutes Auto, fahrerische Klasse, ein top-motiviertes Team, ein bisschen Glück - und natürlich Konstanz. Dieser Begriff begleitete Rocky durch die gesamte Saison. Er war der einzige Fahrer, der in den ersten neun Rennen stets in die Punkteränge fuhr. Bei nur zehn Läufen pro Jahr ist das Gold wert und wurde schließlich belohnt. Fast schon ungewohnt forsch äußerte sich Rockenfeller gegenüber Motorsport-Magazin.com mit dem Meistertitel im Gepäck: "Fahrerisch habe ich mich in den vergangenen sieben DTM-Jahren und fast 70 Rennen kaum verändert. Ohne überheblich klingen zu wollen, war mir immer klar, dass ich um den Titel fahren kann - wenn ich das richtige Auto dafür habe. Dieses Jahr hatte ich endlich alles, was ich brauchte."