Porsche hat die 49. Auflage und gleichzeitig das kürzeste 24-Stunden-Rennen in der Geschichte des Nürburgrings gewonnen. Nach nur 58 gefahren Runden setzte sich das Team Manthey #911 (Matteo Cairoli/Michael Christensen/Kevin Estre/Lars Kern, laut Team wegen Krankheit vorzeitig abgemeldet) mit Schlussfahrer Kevin Estre durch.
Vorjahressieger ROWE Racing mit dem #98 BMW M6 GT3 (Connor De Phillippi/Martin Tomczyk/Sheldon van der Linde/Marco Wittmann) und der #7 Mercedes-AMG GT3 des Team GetSpeed (Maximilian Götz, Daniel Juncadella, Raffaele Marciello, Fabian Schiller) belegten die weiteren Plätze auf dem Podium.
Für Porsche war es der 13. Gesamtsieg beim 24h-Rennen Nürburgring, während Manthey seinen Status als erfolgreichstes Team des Eifel-Klassikers festigte: Die Traditionsmannschaft, die in diesem Jahr ihr 25. Firmen-Jubiläum feiert, errang ihren siebten Sieg nach 2006 bis 2009, 2011 und 2018.
In der spannenden Schlussphase blieb Manthey-Fahrer Estre, der den Restart am Sonntagmittag von Platz sechs aufgenommen hatte, nach seinem letzten Boxenstopp mit rund acht Sekunden Vorsprung vor dem Zweitplatzierten BMW-Werksfahrer Sheldon van der Linde. ROWE verpasste den zweiten Gesamtsieg in Folge beim 24h-Rennen Nürburgring - es wäre die erste Titelverteidigung seit Manthey 2008/09 gewesen - denkbar knapp.
24h Nürburgring mit 9:30 Stunden Renndauer
Aufgrund starken Nebels musste das Rennen, das bereits kurz nach dem Start von heftigem Regen beeinflusst wurde, am späten Samstagabend abgebrochen werden. Die Witterungsverhältnisse in der Eifel verzögerten den Restart bis zum Sonntagmittag um 12:00 Uhr mehrfach.
Letztendlich führte das 24h-Rennen Nürburgring 2021 über eine Gesamtdauer von 09:31 Stunden, wobei die Teams am Sonntag ein 'Sprintrennen' über nur 03:30 Stunden am absoluten Limit zurücklegten. Nach 2020 musste das 24-Stunden-Rennen zum zweiten Mal in Folge während der Nacht unterbrochen werden. Im vergangenen Jahr dauerte die Regen-Zwangspause 09:28 Stunden - dieses Jahr konnten die mehr als 120 Autos in Folge der Unterbrechung (14:29 Stunden) nur ähnlich lange überhaupt Rennfahren.
Die Stimmen vom Podium
Manthey-Siegfahrer und wohl der Mann des Rennens, Kevin Estre: "Ich habe keine Worte, das war so ein hartes Rennen! Kurz, aber intensiv. Wir haben alles gegeben und es war sehr schwer, durchzukommen, ohne Fehler zu machen. Den Grello auf der Nordschleife zu fahren, war besonders, hier zu gewinnen, unglaublich! Es tut mir leid für Lars (Kern; d. Red.), der leider krank ist und nicht fahren konnte. Aber er ist ein Teil des Teams und sein Name steht auch auf dem Auto."
"Es tut ein bisschen weh", sagte Sheldon van der Linde, der gemeinsam mit seinem heutigen Teamkollegen Martin Tomczyk im vergangenen Jahr mit Schnitzer-Motorsport aufs Podium gefahren war: "Wir waren so knapp dran in der letzten Runde. Irgendwie haben wir es durch eine Code 60 verloren. Aber wir kamen von P25 und können mega-happy sein." Tomczyk ergänzte: "Wenn man so knapp dran ist, möchte man natürlich gewinnen."
Raffaele Marciello, der den Benz im letzten Moment nach einem packenden Fight mit dem #44 Falken-Porsche zum letzten Podestplatz führte: "Ein gutes Ergebnis, aber kein Sieg. Wir können also nicht happy sein. Zu Beginn fielen wir wegen einer falschen Reifenwahl zu weit zurück. Diesmal waren wir nicht so schnell wie Porsche und BMW, nächstes Jahr müssen wir einen besseren Job machen."
Favoriten-Sterben nach dem Restart
Der verzögerte Restart am Sonntag zur Mittagszeit verlief ähnlich aufreibend wie der Rennstart knapp 24 Stunden zuvor. Innerhalb weniger Runden büßten gleich vier Favoriten ihre Chancen auf den möglichen Gesamtsieg ein. Maro Engel verunfallte auf Platz zwei liegend im #4 HRT-Mercedes nach einem Unfall mit dem bei Fans beliebten Opel Manta. Das AMG-Ass konnte das Medical Center nach einem Check zügig verlassen. "Ich habe die Situation falsch eingeschätzt", räumte Engel ein.
Kurz zuvor erlitt Michele Beretta im #11 Audi R8 LMS GT3 beim Kampf um P6 einen Reifenschaden nach einem Kontakt mit Raffaele Marciello im #7 GetSpeed-Mercedes. Dem vorausgegangen war ein Dreher samt Reifenschaden des Österreichers Thomas Preining (#33 Falken-Porsche), der zu diesem Zeitpunkt die zwölfte Position belegte. Das 'Favoriten-Sterben' perfekt machte in dieser Phase Philipp Eng, der im Vorjahressieger-BMW #1 von ROWE Racing beim Restart zunächst führte, bis er wegen eines elektrischen Problems (Leistungsverlust) vorzeitig ausfiel.
Das Drama nahm in den verbleibenden 90 Minuten seinen Lauf. Bei aufkommendem Regen setzte Hubert Haupt den #6 Mercedes seines eigenen HRT-Teams auf der Nordschleife in die Leitplanken - damit war nach Engel auch der zweite AMG-GT3 des Teams mit Sitz im Meuspath in der Nähe des Nürburgrings ausgeschieden.
Und der Schlussspurt blieb eine Nervenangelegenheit: Sieganwärter und 24h-Newcomer #3 Rutronik Racing fiel mit seinem Porsche 911 GT3 R von Platz drei weit zurück, als Julien Andlauer mit Kelvin van der Lindes Land-Audi #29 auf der Nordschleife kollidierte. Ein weiterer Schreckmoment folgte 30 Minuten vor dem Rennende, als beim Kampf um die Top-8 der #31 Frikadelli-Porsche mit Patrick Pilet bei voller Geschwindigkeit in die Seite des langsam fahrenden #77 M6 GT3 des BMW Junior Team (Augusto Farfus am Steuer) knallte.
Beide als Mitfavoriten ins Rennen gestarteten Frikadelli-Porsche von Teamchef Klaus Abbelen, der den Tod seiner Lebensgefährtin und der 'Königin des Nürburgrings', Sabine Schmitz, in diesem Jahr zu betrauern hat, sahen die Ziellinie nicht.
Unfälle und Abflüge in der Startphase
Das diesjährige 24-Stunden-Rennen begann schon mit großer Dramatik. Nach regnerischen Qualifyings am Donnerstag und Freitag erwartete die Teams zum Rennstart am Samstagnachmittag trockene Bedingungen. Das Wetter sollte jedoch nicht lange halten: Nach nur einer Runde, die der Großteil der 121 gestarteten Fahrzeuge auf Slick-Reifen aufnahm, schüttete es wie aus Eimern über der Nordschleife und der Grand-Prix-Strecke.
Mehrere Code-60-Phasen auf der längsten Rennstrecke der Welt in Folge von Abflügen und Unfällen sorgten mehrfach für Verzögerungen. Während sich die Regenschauer bis in den frühen Abend hineinzogen, erwischte es bei schwierigen Bedingungen auch mehrere Anwärter auf den Rennsieg.
Prominente Opfer in den ersten Rennstunden waren der #26 Wochenspiegel-Ferrari (Grossmann/Trummer/Hirschi/Ludwig) der FFF Racing Lamborghini mit der Startnummer #63 (Mapelli/Perera/Bortolotti/Altoe) , der #15 Phoenix-Audi (Stippler/Frijns/Drudi) nach einem Unfall von Dries Vanthoor oder auch der #30 Porsche 911 GT3 R (Jaminet/Tandy/Bamber/Campbell), den das Team Frikadelli wegen technischer Probleme vorzeitig aus dem Rennen nehmen musste.
Porsche-Vorfälle: Feuer-Unfall und Überschlag
Die Auftaktphase sorgte für zwei Schreckmomente durch Autos in kleineren Klassen. In der zweiten Runde fing der #69 Porsche 991 GT 3 Cup des Team Clickversicherung plötzlich Feuer und ging regelrecht in Flammen auf. Startfahrer Robin Chrzanowski kam mit dem Schrecken davon, war aber noch Stunden nach dem Vorfall konsterniert: "Das ist ein Scheißtag. Es tut richtig weh, die ganze Vorbereitung, sechs Wochen lang das Auto perfekt vorbereitet... das ist schon hart."
Nach vier Stunden ereignete sich ein schwerer Unfall auf der Nordschleife. Stefan Branner schlug mit seinem Porsche 718 Cayman GTS im Bereich Tiergarten frontal in die Leitplanken ein. Der #87 Porsche wurde zurück auf die Rennstrecke geschleudert und überschlug sich dabei. Der Münchner wurde nach einem ersten Check im Medical Center anschließend ins Krankenhaus in Daun eingeliefert und musste sich wegen erlittener Wirbelverletzungen (keine Lähmungserscheinungen) einer Operation unterziehen.
Nürburgring: Auf Regen folgt Nebel - Rennen abgebrochen
Als der heftige Regen in den Abendstunden konstant nachließ, folgte wenig später das nächste Wetter-Ungemach: Nebel machte sich immer mehr auf der Strecke breit. Wegen der schlechten Sichtverhältnisse stellte die Rennleitung bis zu ein Drittel der Rennstrecke unter Code 60 - an wirkliches Rennfahren war zu diesem Zeitpunkt kaum noch zu denken.
Um 22:29 Uhr blieb der Rennleitung unter der Führung von Rennleiter Walter Hornung keine andere Wahl, als das Rennen mit roten Flaggen zu unterbrechen. Erst am Sonntagvormittag und nach mehreren Verzögerungen nahm das Feld das Rennen hinter dem Safety Car und dem Führenden Philipp Eng im #1 ROWE-BMW wieder auf. Maro Engel im #4 HRT-Mercedes, Alexander Sims im Schubert-BMW mit der Startnummer #20 und Michele Beretta (#11 Phoenix-Audi) folgten auf den weiteren Plätzen.
24h Nürburgring 2021: Gesamtergebnis (Top-10)
Pos. | Nr. | Team | Fahrer | Rd./Rückstand |
---|---|---|---|---|
1 | 911 | Manthey-Racing | Cairoli/Christensen/Estre/Kern | 59 Rd. |
2 | 98 | ROWE RACING | De Philippi/Tomczyk/van der Linde/Wittmann | 8.8 Sek. |
3 | 7 | Mercedes-AMG Team GetSpeed | Götz/Juncadella/Marciello/Schiller | 49.6 Sek. |
4 | 44 | Falken Motorsports | Bachler/Ragginger/Müller/Picariello | 53.1 Sek |
5 | 2 | Audi Sport Team Car Collection | Haase/Müller/Niederhauser/Winkelhock | 53.3 Sek |
6 | 20 | Schubert Motorsport | Krohn/Klingmann/Sims/Dusseldorp | 54.3 Sek |
7 | 8 | Mercedes-AMG Team GetSpeed | Gounon/Müller/Schiller/Vaxiviere | 55.2 Sek |
8 | 23 | Huber Motorsport | Neuffer/Aust/Menzel/Seefried | 2:54.8 Min |
9 | 33 | Falken Motorsports | Bachler/Werner/Preining/Arnold | 3:31.7 Min |
10 | 40 | 10Q Racing Team Hauer & Zabel | Heyer/Jäger/Buurman/Baumann | 1 Runde |
diese 24h Nürburgring Rennbericht