Die 24h von Le Mans sind 2020 kaum wiederzuerkennen. Kein Wunder, schließlich hat die Corona-Pandemie auch eines der größten Autorennen des Planeten im Würgegriff. Der Ausbruch von SARS-CoV-2 sorgt für ein Event mit komprimiertem Zeitplan und unter Ausschluss der Öffentlichkeit, das im September statt im Juni stattfindet. Das ändert auch für die involvierten Teams einiges.

Toyota-Boss: Auch ohne Test gut gerüstet für Le Mans

Normalerweise findet zwei Wochen vor den 24h von Le Mans bereits ein Testtag statt - das wäre in diesem Jahr also an diesem Wochenende gewesen. Der Testtag verschafft den Teams die Möglichkeit, bereits für insgesamt acht Stunden auf der Strecke zu trainieren und Daten zu sammeln. Für das Team selbst halten sich die Folgen in Grenzen, glaubt Toyota-Teamdirektor Rob Leupen auf Anfrage von Motorsport-Magazin.com.

"Der fehlende Le-Mans-Test fällt für uns vermutlich nicht so stark ins Gewicht wie bei anderen Teams. Natürlich ist nach der langen Pause sowohl für das Team, als auch für die Fahrer jeder Kilometer im Auto wichtig. Doch gleichzeitig ist unser TS050 Hybrid ist ein bewährtes Auto, das bereits vier Le-Mans-Teilnahmen hinter sich hat und in dieser Zeit nur im Detail weiterentwickelt wurde", verweist Leupen auf den langjährigen Einsatz des Fahrzeugs in Le Mans.

2016 zum ersten Mal in Le Mans unterwegs: Der Toyota TS050 Hybrid, Foto: Toyota
2016 zum ersten Mal in Le Mans unterwegs: Der Toyota TS050 Hybrid, Foto: Toyota

Außerdem sollte man dank Testfahrten in Le Castellet und dem 6-Stunden-Rennen in Spa-Francorchamps auch ohne Testtag für Le Mans gut gerüstet sein, so Leupen. Tatsächlich konnte man auf diese Weise bereits viel Erfahrung mit dem Low-Downforce-Kit des TS050 Hybrid sammeln. Doch Le Mans stellt nochmal ganz andere Anforderungen an Mensch und Material. Die Strecke besteht größtenteils aus öffentlichen Straßen, die nur einmal im Jahr für das Rennen abgesperrt werden. Der Vollgas-Anteil ist exorbitant hoch.

Sebastien Buemi: Gute Vorbereitung der Schlüssel für Le Mans

Wie sich diese einzigartigen Belastungen auf das Auto und dessen Performance auswirken, lässt sich nur in der Realität valide ermitteln. Durch den fehlenden Testtag starten die Teams aber "kalt" ins erste Training. Umso wichtiger ist in diesem Jahr die Vorbereitung auf das diesjährige Rennen, die Toyota-Pilot Sebastien Buemi gegenüber Motorsport-Magazin.com sogar als Schlüssel bezeichnet. Der kompakte Zeitplan, dem auch der traditionell rennfreie Freitag zum Opfer fiel, stellt Fahrer und Crews vor neue Herausforderungen.

Die Vorbereitung ist für Sebastien Buemi der Schlüssel, Foto: Toyota
Die Vorbereitung ist für Sebastien Buemi der Schlüssel, Foto: Toyota

"Das Event dauert normalerweise sehr lang, wo man viel Zeit hat, um die Daten zu analysieren. Das ist dieses Jahr komplett anders. Wir haben nur zehn Stunden Freies Training am Donnerstag, und dann geht es direkt ins Hyperpole-Qualifying am Freitag und ins Rennen am Samstag. Wir können uns also keine Unfälle am Donnerstag erlauben. Ebenso wenig dürfen wir auf dem falschen Fuß ins Wochenende starten. Das würde bedeuten, dass man Schwierigkeiten bekommt, einen Rückstand rechtzeitig wieder aufzuholen", gibt Buemi zu bedenken.

Toyota mit umfassenden Maßnahmen gegen COVID-19

An der Rennstrecke selbst ändert sich durch die Pandemie auch die Arbeit der Teams aus der Le-Mans-Szene. Wie überall im Rennsport und im Profisport allgemein, gilt es auch hier, die Corona-Schutzmaßnahmen bestmöglich einzuhalten, um einen Ausbruch des Virus zu verhindern. "Wir tragen Schutzmasken, halten wenn möglich Abstand und haben überall Desinfektions-Stationen aufgebaut", schildert Leupen die Maßnahmen, die man bei Toyota getroffen hat.

Toyotas Crew muss sich im Kampf gegen COVID-19 einem ausführlichen Prozdere unterziehen, Foto: Toyota
Toyotas Crew muss sich im Kampf gegen COVID-19 einem ausführlichen Prozdere unterziehen, Foto: Toyota

Zusätzlich hat man bei Toyota vor einem Rennwochenende ein bestimmtes Prozedere etabliert. "Vor der Abreise nach Spa und Le Mans unterzieht sich jedes Team-Mitglied einem Covid-19-Test. Vor Ort beginnt unser Tag mit einem täglichen Temperatur-Check. Wer erhöhte Temperatur hat oder Symptome zeigt, bleibt auf dem Hotelzimmer und wird unverzüglich getestet", berichtet Leupen. Womöglich muss das Team im Notfall also leicht dezimiert die Arbeit in Le Mans verrichten.

Nichtsdestotrotz lobt Leupen die Flexibilität des Teams in Pandemie-Zeiten: "Unser Team-Management haben diese neue Anforderungen immer wieder vor Herausforderungen gestellt, aber sie haben das sehr gut gelöst und hatten immer eine Antwort parat." Eine Antwort auf COVID-19 hatten auch die Le-Mans-Organisatoren vom ACO stets parat - weshalb die 88. Ausgabe der 24h von Le Mans aufgrund der stark veränderten Rahmenbedingungen als ziemlich außergewöhnlich in die Geschichte eingehen sollte.