An diesem Wochenende geht das siebte Rennwochenende der WTCR-Saison 2022 über die Bühne. Die zwei Rennen auf der französischen Strecke Anneau de Rhin könnten die letzten in der Geschichte der Rennserie sein. Denn das schwedische Team Cyan Racing Lynk & Co kündigte am Donnerstag an, dass es sich mit sofortiger Wirkung aus dem Tourenwagen-Weltcup zurückzieht. Damit sind nur noch elf Vollzeit-Starter aktiv, was eine Fortführung der Serie stark gefährdet. Als Grund für den Ausstieg nennt Cyan Racing Sicherheitsbedenken.

Konkret geht es dabei um die Goodyear-Reifen, welche in der inoffiziellen Tourenwagen-Weltmeisterschaft zum Einsatz kommen. Diese sorgten in der laufenden Saison für viele Probleme. Bereits im Mai mussten die geplanten Sprintrennen im Rahmenprogramm des 24-Stunden-Rennens auf der Nürburgring-Nordschleife abgesagt werden. Zur ganz großen Eskalation kam es aber beim letzten Rennwochenende in Vallelunga, als Cyan nach einem schweren Unfall im Training aus Sorge vor Reifenschäden zurückzog.

Cyan Racing: WTCR-Ausstieg nach Reifenschäden

Team-Manager Frederik Wahlen erklärte den Schritt folgendermaßen: "Wir haben in diesem Jahr einen Reifen, der nicht auf allen Strecken mit dem Balance-of-Performance- und Kompensationsgewichtsfenster für alle Autos umgehen kann. Und unser Auto ist am schwersten von allen unterwegs."

"Infolgedessen sind unsere Fahrer Reifenschäden bei hohen Geschwindigkeiten dem Risiko von Unfällen ausgesetzt. Es ist für Cyan Racing einfach nicht möglich, die Saison auf sichere Art und Weise fortzusetzen", erklärte Wahlen weiter. "Es ist die schwierigste Entscheidung, die wir je getroffen haben, denn jedes einzelne Mitglied von Cyan Racing ist hier, um zu gewinnen, und wir haben viele Dinge geopfert, um dorthin zu kommen, wo wir heute sind", bilanzierte er.

Doch unter den aktuellen Umständen sei es nicht möglich, sichere Rennen zu fahren. Der Ausstieg wurde nach Absprache mit dem Mutterkonzern, dem chinesischen Autohersteller Geely, getroffen. Alexander Murzdevski, Vorstand von Geely betonte die frustrierende Situation und erhob Vorwürfe gegen die Stakeholder der Serie. "Leider konnten die Stakeholder der WTCR gemeinsam zu keiner zufriedenstellenden Lösung kommen, um Cyan Racing eine sichere Teilnahme an der WTCR zu ermöglichen." Gleichzeitig dankten sowohl Wahlen als auch Murzdevski der FIA für ihre Unterstützung auf der Suche nach einer Lösung.

Indy 2005 in Vallelunga

Bereits vor dem WTCR-Lauf in Italien kam es aufgrund der Zusatzgewichte zu vielen Diskussionen. Der Lynk & Co 03 TCR von Cyan ist das schwerste Auto im diesjährigen Feld der Tourenwagen-Serie und somit sah sich das Team einer erhöhten Gefahr für Reifenschäden ausgesetzt. Dazu kam noch, dass Cyan nach dem Portugal-Wochenende in der BOP hochgestuft wurde und somit noch einmal mit zusätzlich 40 Kilogramm Zusatzgewicht unterwegs war. Das wirkte sich nicht nur auf die Konkurrenzfähigkeit der Autos aus, sondern erhöhte das Risiko für Reifenplatzer zusätzlich.

Nachdem am Wagen von Yvan Muller im Training der Pneus zu Bruch ging, was zu einem Highspeed-Unfall führte, kehrten die fünf Cyan-Autos bei den Rennen nach der Einführungsrunde in die Box zurück und nahmen nicht teil. Dadurch starteten nur elf Autos im ersten Rennen, in dem sich die Befürchtungen bestätigten. Sieben Fahrer erlitten in dem 25 Minuten langen Lauf einen Reifenschaden. Im zweiten Rennen kam es zu vier weiteren Reifendefekten.

Spengler-Unfall im Rahmenprogramm

Im Rahmenprogramm der WTCR in Vallelunga kam es bei der vollelektrischen ETCR außerdem zu einem folgenschweren Unfall von Bruno Spengler. Der Kanadier zog sich nach einem Unfall bei hoher Geschwindigkeit eine Wirbelsäulen-Fraktur zu. Die Ursache für den Unfall wurde nie kommuniziert, aber die Videoaufnahmen deuten auf einen möglichen Reifenschaden links hinten am Wagen des ehemaligen DTM-Piloten hin. Die ETCR setzt genauso wie die WTCR auf Goodyear-Reifen. Eine OP von Spengler in dieser Woche verlief erfolgreich.

Der WTCR-Kalender für die Saison 2022 hätte eigentlich nach den Rennen in Anneau-du-Rhin im Elsass mit mehreren Rennen in Asien fortgeführt werden sollen, darunter das Finale auf dem legendären Guia Circuit in Macau. Aufgrund von Logistik-Problemen wurden diese aber schon vor längerem abgesagt. Offiziell stehen Ersatzrennen noch aus, aber ob diese nach dem Rückzug von Cyan Racing Lynk & Co mit nur noch elf bis zwölf verbleibenden Startern abgehalten werden, ist unklar.

WTCR und Goodyear reagieren auf Ausstieg

Der Tourenwagen-Weltcup reagierte in einer Aussendung am Donnerstag-Nachmittag auf den Ausstieg von Cyan Racing. In diesem unterstrich der Präsident des Serienpromoters WSC, Marcello Lotti sein Unverständnis über die Entscheidung. "Die WSC hat die Entscheidungen der Konkurrenten immer respektiert, aber in diesem Fall kann ich keine Gründe dafür finden", so Lotti.

"Vor allem nachdem die WSC zusammen mit der FIA, dem Serienpromoter und dem Reifenlieferanten Maßnahmen ausgearbeitet hat, die die Probleme lösen würden, wie etwa eine Reduzierung des Gemeinsam mit der Reaktion wurden auch Maßnahmen ergriffen, die das Problem beheben sollen", betonte Lotti.

Das Kompensationsgewicht bei allen Fahrzeugen wurde um 20 Kilogramm verringert. Außerdem ersetzt Goodyear sämtliche Reifen, die noch von anderen Rennwochenenden übernommen wurden und der Reifenlieferant hält im Laufe des Wochenendes noch zwei zusätzliche Tests ab. Die WTCR-Rennteams absolvierten im April bereits einen Test auf der eher unbekannten Rennstrecke im Elsass, damals gab es keine Reifenprobleme.