Es war am Ende keine große Überraschung, aber dennoch ein Beben mit Nachwirkungen: Porsche steigt nach der Saison 2025 aus der Langstrecken-Weltmeisterschaft aus. Damit verliert die WEC ihren Leuchtturm und die mit 19 Gesamtsiegen erfolgreichste Marke beim Highlight im Rennkalender, den 24 Stunden von Le Mans. Wer schon einmal beim Klassiker in Frankreich zugegen war, der weiß: Was Ferrari für die Formel 1, ist Porsche für die Langstrecke. Es ist ein brutaler Verlust und nicht im Ansatz durch die künftigen Einsteiger Genesis-Hyundai, McLaren oder Ford aufzuwiegen.
Der Ausstieg aus der Hypercar-Klasse nach nur drei Jahren ist zum großen Teil wirtschaftlicher Natur bedingt, wenn man die letzten Konzernzahlen der stolzen Zuffenhausener betrachtet: 91 Prozent Gewinn-Minus, 12,9 Prozent weniger Umsatz und der Rauswurf aus dem Dax im September. Bei "strategischen Neuausrichtungen" steht der Motorsport meist ganz weit oben auf der Streichliste. Für die WEC war bei Porsche kein Platz mehr, auch, wenn es großen Teilen der Motorsportabteilung das Herz zerreißt.
Beim ACO müssen alle Alarmglocken schrillen
Ebenso müssen beim Le-Mans-Veranstalter ACO sämtliche Alarmglocken schrillen: Porsche zieht den Stecker auch, weil es "keine Chancengleichheit" mehr gegeben sieht. Beim mit Abstand wichtigsten Rennen in Le Mans war Porsche drei Jahre in Folge der Konkurrenz von Ferrari unterlegen. Und das, obwohl die #6 Crew um Kevin Estre, Laurens Vanthoor und Matt Campbell bei der diesjährigen Auflage nahezu perfekte Arbeit leistete, während die Italiener mehrfach patzten.
Es zeigte sich aber eindrucksvoll: In Le Mans können LMDh-Autos wie der Porsche 963 nicht mit den Hypercars samt größeren technischen Freiheiten mithalten; vor allem nicht mit dem Ferrari, der so gut konzeptioniert erscheint, dass er die BoP irgendwie austricksen kann. Porsches letztjähriger Gewinn der Fahrer-WM und die mögliche Titelverteidigung beim bevorstehenden Saisonfinale in Bahrain (08. November) können diese Enttäuschung nicht aufwiegen.
Risiko für Porsche-Nachahmer rasant gestiegen
Bei weiteren LMDh-Vertretern wie Cadillac und Alpine oder den baldigen Neueinsteigern Genesis/Ford/McLaren wird man Porsches Entscheidung mit großem Interesse verfolgen. Warum jährlich mittlere zweistellige Millionenbeträge ausgeben, wenn man in Le Mans sowieso kaum gewinnen kann, dürfte sich das eine oder andere Vorstandsmitglied bei der nächsten Budgetvergabe fragen. Das Risiko für Porsche-Nachahmer in nächster Zeit ist jedenfalls rasant gestiegen. Die selbsternannte 'Platin-Ära' der WEC kann einen ganz dunklen Fleck abbekommen.
Dass Porsche trotz des WEC-Rückzuges auch künftig der US-amerikanischen IMSA-Serie erhalten bleibt, kann dem ACO ebenfalls nicht schmecken. Vermutlich hatte der amerikanische Partner, das Team des mächtigen US-Unternehmers Roger Penske, hier einen gewissen Einfluss.

IMSA: Weniger BoP - weniger Reichweite
Vorteil IMSA, wo Porsche an diesem Wochenende beim Saisonfinale in Road Atlanta (im Livestream auf YouTube) alle Titel verteidigen kann: In der Topklasse fahren praktisch nur LMDh-Prototypen um den Sieg, das vereinfacht die Erstellung der Balance of Performance. Und weil das US-Format mit den berüchtigten späten Safety Cars, die das Feld wieder einsammeln, mehr auf Entertainment ausgerichtet ist, gerät die BoP zuweilen in den Hintergrund.
Nachteil IMSA: Die Serie ist über die Grenzen Amerikas hinaus nur wenig bekannt und selbst das Saisonhighlight im Januar, die 24 Stunden von Daytona, kommt nicht ansatzweise an den Glanz seines europäischen Pendants in Le Mans heran. Dass viele Motorsport-Fans angesichts dieser Wahl und am gleichzeitigen Festhalten an der Formel E - Porsche hat sich bis 2030 (!) zur Elektro-WM bekannt - verstimmt sind, ist nachvollziehbar.



diese WEC Redaktion