Was seit Monaten spekuliert wird, ist jetzt traurige Gewissheit: Porsche zieht sich zum Ende der Saison 2025 aus der Langstrecken-Weltmeisterschaft (WEC) zurück. Das gab der mit 19 Gesamtsiegen erfolgreichste Hersteller in der Geschichte der 24 Stunden von Le Mans an diesem Dienstag offiziell bekannt.

"Wir bedauern sehr, dass wir aufgrund der aktuellen Rahmenbedingungen unser WEC-Engagement nach dieser Saison nicht fortsetzen werden", bestätigte Entwicklungsvorstand Dr. Michael Steiner die Botschaft, die wie eine Bombe in der Langstreckenwelt einschlägt.

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Porsche: Ausstieg aus WEC - IMSA wird fortgesetzt

Porsche kündigte zudem an, sein Prototypen-Engagement in der US-amerikanischen IMSA-Meisterschaft fortführen zu wollen - das zweite Werksprojekt neben der Formel E, zu dem sich die Zuffenhausener bereits langfristig bekannt haben.

Warum Porsche die in Deutschland nur bedingt relevante IMSA-Serie der boomenden WEC-Weltmeisterschaft vorzieht, geht aus der Pressemitteilung nicht hervor. Man unterstreiche "die Bedeutung des Marktes Nordamerika sowie des Langstreckensports für die Marke", hieß es lediglich.

Porsche-Motorsportchef Thomas Laudenbach ergänzte: "Wir nutzen den Motorsport als Entwicklungsplattform für Zukunftstechnologien und stellen mit ihm das Potenzial unserer Sportwagen anschaulich dar. Mit dem Porsche 963 in der nordamerikanischen IMSA-Serie und dem Porsche 99X Electric in der Formel-E-Weltmeisterschaft wollen wir auch zukünftig um Gesamtsiege kämpfen. Das ist unsere Tradition und unser Fokus."

Porsches vorerst letzter Werkseinsatz in der WEC steht beim Saisonfinale in Bahrain am 08. November 2025 bevor. Porsche belegt in der Hersteller-WM den zweiten Platz hinter Ferrari (204 zu 165 Punkte) und kann sich dank der starken zweiten Saisonhälfte Titelchancen ausrechnen. In der Fahrer-Wertung liegen die Porsche-Fahrer Kevin Estre und Laurens Vanthoor an dritter Stelle und können ihren WM-Titel verteidigen.

#6 Porsche mit Vanthoor, Estre, Campbell
19 Siege: Porsche ist der erfolgreichste Hersteller in Le Mans, Foto: IMAGO / PsnewZ

Porsche soll sich seit halbem Jahr mit Ausstiegs-Szenario befassen

Motorsport-Insider hatten erwartet, dass Porsche seinen WEC-Ausstieg am kommenden Wochenende im Rahmen des IMSA-Saisonfinales in Road Atlanta kommunizieren würde. Nach Informationen von Motorsport-Magazin.com aus VW-Kreisen soll sich Porsches Motorsportabteilung sogar schon seit einem halben Jahr mit einem möglichen Ausstiegsszenario beschäftigen. Wie Hersteller das eben tun müssen in wirtschaftlichen Krisen-Zeiten, auch zum Wohle der eigenen Mitarbeiter.

Das WEC-Aus dürfte eng verknüpft sein mit der aktuellen Situation im kriselnden Porsche-Konzern. Die letzten Konzernzahlen waren besorgniserregend: 91 Prozent Gewinn-Minus, 12,9 Prozent weniger Umsatz und der Rauswurf aus dem Dax im September. "Die Party, die wir in der Automobilindustrie über Jahrzehnte gefeiert haben, die ist in dieser Form vorbei", sagte Porsche-CEO Oliver Blume am Rande der IAA Mobility in München.

Möglicherweise spielt auch der mächtige Motorsport-Funktionär Roger Penske, dessen Team die Werkseinsätze für Porsche sowohl in der IMSA als auch in der WEC durchführt, eine Rolle. Dass Porsche beim WEC-Highlight, den 24 Stunden von Le Mans, im dritten Anlauf den 20. Gesamtsieg - und den ersten für Penske - verpasste, tat weh. Dieses Jahr saß der Stachel besonders tief, weil Porsche trotz einer perfekten Vorstellung der italienischen Hypercar-Konkurrenz von Ferrari erneut unterlegen war.

Oliver Blume: Porsche-CEO bei 24h Le Mans 2025
Der Porsche-Vorstand um Oliver Blume bei den 24h Le Mans 2025, Foto: IMAGO/Andreas Beil

Porsches Probleme mit der WEC

Die Balance of Performance ist und bleibt das große Thema in der Langstrecken-WM. Kein Geheimnis: Porsche fühlt sich in diesem Jahr stark benachteiligt. Motorsportchef Laudenbach sprach in diesem Zusammenhang gerne von "Rahmenbedingungen" und fügte vielsagend an: "Wir haben das Auto nicht langsamer gemacht."

Laudenbach brachte nicht ohne Grund öffentlich eine Vereinheitlichung der LMDh (u.a. Porsche, BMW, Alpine) und LMH-Hypercars (Ferrari, Toyota, Peugeot, Aston Martin) ins Spiel, um konzeptionelle Nachteile der in Teilen einheitlichen LMDh-Fahrzeuge auszugleichen. Ebenso sympathisierte er mit der Einführung eines Budget Cap, also einer Kostenobergrenze. So wie in der Formel E, zu der sich Porsche überraschend lange bis zum Jahr 2030 bekannt hat und damit eine Dynastie anstrebt.

Alles Themen, die die WEC-Welt derzeit beschäftigen - für die es aber keine baldige Lösung geben dürfte. In der mehr auf Unterhaltung ausgelegten, national ausgetragenen IMSA-Serie spielt die BoP eine vergleichsweise untergeordnete Rolle. In den USA fahren mit Ausnahme von Neueinsteiger Aston Martin aber nur LMDh-Prototypen, was die Angleichung der gesamtsiegfähigen Klasse deutlich einfacher gestaltet. Porsche kann beim bevorstehenden Saisonfinale alle Titel aus der Vorsaison verteidigen.

IMSA-Meisterschaft bringt Le-Mans-Entry

Porsche kann beim bevorstehenden Saisonfinale alle Titel aus der Vorsaison verteidigen. Der Gewinn der IMSA-Meisterschaft führt automatisch zu einer Einladung nach Le Mans – allerdings mit nur einem Auto statt den drei Werks-Wagen, die Porsche zuletzt beim Klassiker an den Start führte. Was der Werksausstieg in der WEC für das deutsche Kundenteam Proton Competition, das einen Porsche 963 in der Hypercar-Klasse einsetzt, bedeutet, ist noch unklar.

In der LMGT3-Klasse plant das Porsche-Kundenteam Manthey nach Informationen von Motorsport-Magazin.com unterdessen, sein Engagement fortzuführen. Der Rennstall aus Meuspath feierte in der neuen Klasse zwei Le-Mans-Siege in Folge und gewann 2024 die Meisterschaft. Manthey triumphierte am vergangenen Wochenende auch in der DTM mit dem überraschenden Titelgewinn durch Ayhancan Güven.