Während die deutschen Marken BMW und Porsche im Hypercar-Qualifying beim WEC-Lauf in Spa keine Rolle spielten, mischte ein Nachwuchsfahrer aus Deutschland die LMGT3-Klasse ordentlich auf: Finn Gehrsitz stürmte mit dem Lexus RC F GT3 zu seiner ersten Pole Position und der ersten für den in die Jahre gekommenen GT3-Japaner. Ebenso war es die erste Pole für einen Deutschen in der 2024 eingeführten GT3-Kategorie.
WEC-Debütant Gehrsitz setzte seine überzeugende Form auf dem Traditionskurs von Spa-Francorchamps nahtlos fort: Im entscheidenden Q2 des Qualifyings distanzierte der 20-Jährige den Zweitplatzierten Rennfahrersohn Eduardo Barrichello und dessen Aston Martin Vantage GT3 um 0,276 Sekunden. Für seine beste Runde benötigte der gebürtige Stuttgarter 2:17.732 Minuten - und knackte damit als einziger Pilot die 2:18er-Marke.
Vor dem Rennstart am Samstag (ab 14:00 Uhr im Sport1-Livestream) traf Motorsport-Magazin.com den bis über beide Ohren strahlenden Gehrsitz, der sich den #78 Lexus mit Arnold Robin aus Frankreich und dem Japaner Yuichi Nakayama teilt, zum schnellen Interview im Fahrerlager.
Finn, wie fühlt es sich an, als WEC-Debütant auf die Pole zu fahren und ebenso Lexus die erste Pole Position zu bescheren?
Finn Gehrsitz: Meine erste Pole im GT-Sport, und dann gleich in der WEC - das ist Wahnsinn! Spa ist eine ziemliche Herausforderung, gerade was das Reifenmanagement betrifft. Es geht darum, im Qualifying das perfekte Fenster zu treffen. Wir haben während der Trainings verschiedene Wege ausprobiert, über Nacht alles im Detail analysiert - und das hat sich ausgezahlt.

Wie groß war der Druck vor deiner schnellsten Runde im Qualifying?
Finn Gehrsitz: Wenn man auf seine Push-Runde geht, weiß man als Fahrer: Jetzt muss alles passen. Man hat nur diese eine Runde. Und wenn man die Track-Limits überschreitet - was hier schnell passieren kann - ist die Runde direkt weg. Der Druck war definitiv da. Als ich im ersten Sektor gesehen habe, dass ich deutlich schneller bin, ist mir schon ein kleiner Stein vom Herzen gefallen. Aber dann muss man es natürlich noch bis ins Ziel bringen. Die Anspannung ist bis zur letzten Anbremszone da. Als ich dann die Rundenzeit gesehen habe, wusste ich: Das war eine Hammer-Runde.
Du bestreistet deine erste WEC-Saison. Hattest du dir im Vorfeld einen so erfolgreichen Start ausgemalt?
Finn Gehrsitz: Ehrlich gesagt, nicht. Der Saisonauftakt in Katar lief schon super mit P4 im Qualifying und Platz vier im Rennen. Zuletzt in Imola folgte danach das erste Podium. Ich bin eigentlich mit der Erwartung in die Saison gestartet, ein Lernjahr zu bestreiten. Aber dass ich sofort vorne mitfahren kann, ist ein tolles Gefühl - gerade für einen jungen Fahrer wie mich. Ich bin sehr dankbar, dass mir Akkodis und Lexus diese Chance gegeben haben, mich beweisen zu dürfen.

Wie stehen am Samstag die Chancen auf euren ersten Sieg?
Finn Gehrsitz: Die Strategie spielt eine entscheidende Rolle. Das Reifenmanagement ist ein Riesenthema - wann und wie man die frischen Reifen nutzt, zum Beispiel. Ein bisschen Glück gehört natürlich auch dazu, weil es zu jeder Zeit eine Safety-Car-Phase geben kann. Wichtig ist, erst einmal die Pole zu verteidigen und dann die Strategie perfekt umzusetzen. Das sagt sich immer so leicht, aber es spielen unheimlich viele Faktoren eine Rolle, wenn man am Ende ganz oben stehen will.
Akkodis-Lexus tat sich 2024 unheimlich schwer in der LMGT3-Klasse. Wie erklärst du dir diesen großen Leistungssprung?
Finn Gehrsitz: Nach den Eindrücken aus der Vorsaison konnte man nicht davon ausgehen, dass wir direkt vorne mitfahren würden. Das Team hat aber über den Winter extrem viel Entwicklungsarbeit geleistet, etwa im Simulator. Da muss ich wirklich sagen: Die harte Arbeit hat sich gelohnt und zahlt sich jetzt aus.
diese WEC Interview