Der Löwe ist erwacht! An diesem Freitag hat Peugeot sein Hypercar für die Rückkehr zu den 24 Stunden von Le Mans erstmals in der finalen Renn-Version präsentiert. Beim Launch in Portimao zog der Autobauer aus Frankreich die Hüllen vom spektakulär anmutenden LMH-Hypercar, dessen auffälligstes Merkmal der fehlende Heckflügel ist.

Gleichzeitig gab Peugeot offiziell den Termin für das Renndebüt bekannt. Beim vierten WEC-Rennen der Saison 2022 in Monza (10. Juli) tritt der Peugeot 9X8 erstmals gegen die LMH-Konkurrenz von Toyota und Glickenhaus an.

Die diesjährigen 24 Stunden von Le Mans am 11./12. Juni 2022 kamen etwas zu früh angesichts der FIA-Homologation, die aus Kostengründen eine Einfrierung der Rennwagen bis 2025 vorsieht. Nach dem Abschied von Kevin Magnussen in Richtung der Formel 1 hat Peugeot unterdessen eine eigene Lösung präsentiert und den als Ersatzfahrer geplanten James Rossiter zum Stammpiloten befördert. Das Fahrer-Aufgebot komplettieren wie bereits bekannt Paul Di Resta, Loic Duval, Mikkel Jensen, Gustavo Menezes und Jean-Eric Vergne.

Die genaue Zusammensetzung der beiden Trios will Peugeot in den kommenden Wochen bestätigen, sobald das Testprogramm des Hypercars abgeschlossen ist. Die beiden Peugeot 9X8 werden nach dem Monza-Debüt auch im September bei den 6 Stunden von Fuji in Japan sowie bei den 8 Stunden von Bahrain im November an den Start gehen. 2023 folgt dann der erste Einsatz bei den 24 Stunden von Le Mans, pünktlich zum 100. Geburtstag des Langstrecken-Klassikers.

Foto: Peugeot
Foto: Peugeot

Schon im November 2019 hatte Peugeot seine Rückkehr in die WEC-Langstrecken-Weltmeisterschaft bekanntgegeben und im September 2020 den Bau eines Le-Mans-Hypercars - damals noch mit Heckflügel - angekündigt. Nur: Zu diesem frühen Zeitpunkt war noch gar nicht final entschieden, dass es ein globales Reglement zwischen Le-Mans-Veranstalter ACO und der IMSA geben würde, welches gemeinsame Rennen zwischen Le-Mans-Hypercars (LMH) und Le-Mans-Daytona-hybrid-Rennwagen (LMDh) ermöglicht.

Während die LMDh-Boliden von BMW, Porsche, Lamborghini Cadillac und Co. aus einem Sammelsurium an Einheitsbauteilen (Chassis, Hybridsystem an der Hinterachse, Batterie und Getriebe) bestehen, bietet das LMH-Reglement ungeahnte Freiheiten bei Chassis und Motorantrieb.

Beim Verbrennungsmotor haben sich die Peugeot-Ingenieure für einen 2,6-Liter-Biturbo V6 mit einer reglementierten Maximalleistung von 680 PS (500 kW) entschieden. Als Unterstützung dient eine 200-kW-Motor-Generator-Einheit, ebenso eigens entwickelt wie die 900-Volt-Batterie von SAFT, einer Tochtergesellschaft von Total. Auch das sequentielle Siebengang-Getriebe, das Brake-by-Wire-System oder die Elektronik wurden während zahlreicher Testfahrten auf Herz und Nieren überprüft.

Foto: Peugeot Sport
Foto: Peugeot Sport

Mehr als 10.000 Kilometer hat der Peugeot laut Herstellerangaben im Laufe von 25 Testtagen zurückgelegt, von Portimao über Barcelona bis Magny-Cours. Ob die Franzosen in Zukunft auch bei IMSA-Rennen antreten werden - per Reglement möglich - wurde zunächst nicht bestätigt. Ebenso wenig die Möglichkeit, das Auto an potenzielle Kundenteams zu vergeben.

"Wir haben nicht einfach einen Motor in ein Auto eingepflanzt, sondern das gesamte Projekt gemeinsam durchgeplant", sagte Peugeot-Motorenleiter Francois Coudrain zu Motorsport-Magazin.com. "Vor mehr als zwei Jahren haben wir praktisch auf der grünen Wiese begonnen und geschaut, dass alle Komponenten zusammenpassen. So haben wir etwa das Kühlsystem sehr gut ins globale Design integriert und ganz anders, als es bei anderen Konzepten zu sehen ist."

Im Laufe der Entwicklungsphase hatten die Ingenieure zwischenzeitlich einen einzelnen Turbo in Betracht gezogen, ebenso einen Motor mit größerem Hubraum. Nach einer späteren Änderung des Reglements mit einer maximalen Systemleistung von nur noch 500 statt wie ursprünglich geplant 585 kW, fiel die Wahl letztendlich auf den V6-Biturbo.

Viel auffälliger ist als die Technik unter der Haube ist der konsequente Verzicht auf einen Heckflügel am Auto, das Peugeot nach 1992, 1993 und 2009 den vierten Gesamtsieg bei den 24 Stunden von Le Mans bescheren soll.

"Anfangs hatten wir das gar nicht auf dem Zettel, das hat sich im Laufe der Entwicklung ergeben", verriet Technikdirektor Olivier Jansonnie gegenüber Motorsport-Magazin.com. "Der fehlende Heckflügel ist natürlich sehr sichtbar, deshalb schaut die Öffentlichkeit so stark darauf. Aber um ehrlich zu sein, haben wir aus technischer Sicht ganz andere Dinge zu lösen."

"Überraschenderweise fühlt es sich gut an", sagte der rennsporterfahrene Franzose Loic Duval, der nach dem Le-Mans-Sieg mit Audi 2013 nun seinen nächsten Triumph beim 24-Stunden-Klassiker anstrebt. "Ich habe nicht das Gefühl, dass am Heck etwas fehlt. Die Balance ist ziemlich gut."