Die Langstrecken-Weltmeisterschaft hat durchaus einen guten Start erwischt. Trotz des überraschenden Le-Mans-Rückzugs Peugeots und trotz der obligaten Schwierigkeiten, die der Aufbau eines neuen Motorsport-Championats mit sich bringt, scheint die nahe Zukunft gesichert zu sein. Porsche steht bereits in den Startlöchern, weitere Marken liebäugeln mit einem Einstieg. Motorsport-Magazin.com traf sich mit Toyota-Frontmann Alexander Wurz zu einem Gespräch über den Stand der Dinge.

"Nun ja, es stimmt schon, die Serie wächst", stimmte der Österreicher zu. Allerdings hängte er sogleich ein großes Aber hintendran: "Durch die Weltwirtschaftslage ist alles noch immer sehr, sehr kritisch. Wir haben es ja bei Peugeot gesehen: Von heute auf morgen kann Schluss sein." Damals hatte der französische PSA-Konzern mit gewichtigen Umsatzeinbußen beim Autoabsatz kämpfen müssen. Als Folge dessen entschied man im Januar 2012, das Peugeot-Langstreckenprogramm kurzerhand einzustampfen. Die Überraschung des Sportwagen-Jahres.

Großer Rüstungswettlauf ausgebrochen

Bedenkt man, wie häufig Peugeot gegenüber Rivale Audi an der Sarthe den Kürzeren zog, eine nachvollziehbare Sparmaßnahme. Immerhin ist ein WM-Engagement kein Schnäppchen. Zwar gab Wurz keine Zahlen preis, doch die aktuellen Budgets der großen LMP1-Werksteams sind ein offenes Geheimnis. Während Audi wohl mit deutlich über 110 Millionen Euro operiert, muss Toyota mit weniger als der Hälfte dessen zurande kommen. Zum Vergleich: Der Mercedes-Formel-1-Rennstall durfte in der Saison 2011 auf 112 Millionen zurückgreifen.

"Es ist wirklich brutal, was hier abgeht", schüttelte der ehemalige BMX-Weltmeister den Kopf. "Da ich nach wie vor in der Formel 1 involviert bin, kann ich das schon so behaupten. Das technische Niveau ist im Moment einfach so extrem hoch." Und genau dies sei die Achillessehne des Sports. Als Privatier könne man schlicht und ergreifend kein gesamtsiegfähiges Auto bauen, was die WM sehr abhängig mache. Der 39-Jährige kam letztlich aber zu dem Schluss, "dass Le Mans die Werke immer überlebt." Dies habe die Geschichte schon mehrmals gezeigt.

Der TS030 bei ersten Probefahrten in Le Castellet, Foto: Toyota
Der TS030 bei ersten Probefahrten in Le Castellet, Foto: Toyota

"Der Rüstungswettlauf ist jedenfalls schon in vollem Gange", schwang er auf den technologischen Aspekt zurück. Die kompliziertesten Luftführungen, Audis angeblasener Diffusor, Hybrid: "Alle Tricks, die in der Formel 1 zuletzt angewandt wurden, sind bei den LMP1-Autos vorhanden." Einen wesentlichen Unterschied zur Königsklasse gebe es jedoch: "Der Transfer von Rennserie zum Straßenauto ist absolut." Und dies sei zu 99,9 Prozent der Grund, weshalb Toyota an der Langstrecken-WM partizipiert. "Es steht Hybrid drauf, es ist Hybrid drinnen und Hybrid soll verkauft werden."

Was die motorsportlichen Hybrid-Bemühungen Toyotas unterstreicht, ist der Fakt, dass ein und dieselbe Person die Entwicklung sowohl des Toyota Prius als auch des Le-Mans-Prototypen TS030 geleitet hat respektive leitet, nämlich Teamchef Yoshiaki Kinoshita. "Der Transfer ist also unter Garantie da. Darum ist es tatsächlich interessant für die Hersteller", schloss Wurz den Kreis.