Mit den 480 PS des Allrad-Hybridantriebs sowie den zusätzlichen 520 PS des 3,7-Liter Benzinmotors repräsentiert der am Donnerstag auf der Rennstrecke Paul Ricard vorgestellte TS040 Hybrid die fortschrittlichste Hybrid-Technologie, die eine Rennstrecke je gesehen hat. Toyota Racing enthüllte den neuen TS040 Hybrid und die geringfügig veränderte Fahreraufstellung für die FIA-Langstrecken-Weltmeisterschaft 2014 - der Auftakt in eine neue Ära des Hybrid-Motorsports.

Toyota kehrt mit dem Wechsel zum Allrad-Hybridantrieb zu einem Konzept zurück, welches bereits seit 2007 Teil seiner Hybridantrieb-Entwicklung im Rennsport ist. In diesem Jahr gewann der allradgetriebene Supra HV-R als erster Hybrid-Rennwagen ein Langstreckenrennen - die 24 Stunden von Tokachi.

Der neue Antriebsstrang, Toyota-Hybrid-System-Racing genannt, wurde speziell für die geänderten WEC-Technik-Regularien entwickelt, die ein besonderes Augenmerk auf geringeren Kraftstoffverbrauch legen. Im Vergleich zu 2013 gilt es zukünftig 25 Prozent weniger Treibstoff zu verbrauchen, was durch ein optimales Zusammenspiel von Antrieb, Aerodynamik und angepasster Fahrweise erzielt werden soll.

Der Kampf mit der Durchflussmenge

Ein Durchflussmengen-Sensor ermittelt den Kraftstoffverbrauch. Für den Fall, dass der im Rennen über eine Messstrecke von drei Runden ermittelte Verbrauch die vorgeschriebenen Limits überschreitet, gibt es Strafen. Die Höhe des erlaubten Verbrauchs orientiert sich am Ladevermögen des Hybridsystems eines jeden Teams. Toyota Racing hat sich für die Hybrid-Option von 6 Megajoule pro Runde in Le Mans entschieden.

In Zusammenarbeit mit dem offiziellen Technologiepartner Total konnten die Ingenieure von Toyota Racing eine verbesserte Effizienz und Leistung durch die Anwendung von speziellen Total-Schmiermitteln erzielen.

Ein neu formuliertes Regelwerk erlaubt Toyota Racing nun eine größere Leistungssteigerung beim Hybridsystem mit einer zusätzlichen Aisin-AW-Motor-Generatoren-Einheit an der Vorderachse, welche ergänzend zur Denso-Einheit an der Hinterachse agiert.

In der WEC ist Energierückgewinnung das große Schlagwort, Foto: Toyota
In der WEC ist Energierückgewinnung das große Schlagwort, Foto: Toyota

Beim Abbremsen unterstützen die Motor-Generatoren-Einheiten die Wirkung der Bremsanlage und generieren dabei Energie, die über einen Umwandler an den Nisshinbo-Akkumulator zur Speicherung weitergegeben wird. Beim Beschleunigen kehren die Motor-Generatoren-Einheiten ihre Funktion um und nutzen die Energie aus dem Speicher, um eine Leistung von 480 PS zu erzeugen.

Der Hybrid-Allradantrieb ist an den V8-Verbrennungsmotor gekoppelt, beide Antriebsformen wurden von der Motorsport-Entwicklungsabteilung des Technik-Zentrums im japanischen Higashifuji entwickelt, wo die nächste Generation der Toyota-Serienfahrzeug-Technologie aus der Taufe gehoben wird.

Die Erfahrungen mit dem TS030 Hybrid sind bereits in den Serienbau der Toyota-Straßenfahrzeuge eingeflossen und die Fokussierung der WEC auf straßentaugliche Technologien bringt die Erwartung mit sich, dass auch in Zukunft ein Technologietransfer von der Rennstrecke zur Straße stattfinden wird. Toyota hat seit der Premiere des Prius im Jahr 1997 mittlerweile sechs Millionen Hybridfahrzeuge verkauft.

Chassistechnik aus Deutschland

Das Chassis des TS040 Hybrid wurde von der Toyota Motorsport GmbH (TMG) in Köln entworfen, entwickelt, hergestellt und zusammengebaut. Es handelt sich um eine wesentliche Evolution des bisherigen TS030 Hybrid, unter Berücksichtigung des neuen Regelwerks, das unter anderem eine um zehn Zentimeter verringerte Gesamtbreite vorsieht und diverse sicherheitsrelevante Aspekte aufgreift.

Besondere Aufmerksamkeit galt der Luftströmung um das Auto, um sowohl den Luftwiderstand und folglich den Kraftstoffverbrauch zu verringern, als auch den Anpressdruck und folglich das Haftungsniveau zu erhöhen, zur Kompensierung der im Vergleich zu 2013 fünf Zentimeter schmaleren Reifen.

Ausgiebige Entwicklungsarbeit in den hochmodernen TMG-Windkanälen resultierte in einem hocheffizienten Aerodynamikdesign, welches dank fortschrittlichster Kompositverarbeitung und Produktionsprozesse zudem sehr leichtgewichtig ist.

Intensive Simulations- und Kalkulationsarbeiten bei TMG führten zu einer weiterentwickelten Endversion des TS040 Hybrid, unter Anwendung von Hardware-in-the-Loop-Technologie basierend auf den an der Rennstrecke gewonnenen Daten und leistungsstarken Computer-Kalkulationen beim Testen einzelner Komponenten zur Optimierung des Designs.

Solche fortschrittlichen Arbeitsprozesse in der Entwicklung sind wesentlich effizienter als Testfahrten auf der Rennstrecke und gewähren den TMG-Ingenieuren mehr Zeit für die kontinuierliche Verbesserung aller Aspekte des TS040-Chassis und Layouts als Mitbewerbern, die konventionelle Arbeitsmethoden verwenden.

Pascal Vasselon, technischer Direktor bei Toyota Racing, erklärt die Vorgehensweise bei der Entwicklung des TS040 Hybrid: "Wir begannen mit unseren Studien und Simulationen unmittelbar nach Bekanntgabe der ersten Grundrisse des neuen Reglements Mitte 2012 und in der vergangenen Saison haben wir einen erheblichen Teil unserer Ressourcen dazu eingesetzt, den TS040 Hybrid zu entwickeln. Hinsichtlich Aerodynamik und Chassiskonzept ist der TS040 eine weitreichende Evolution des TS030 Hybrid, unter Berücksichtigung der durch das Reglement vorgegebenen Maße und all dessen, was wir in zwei Jahren im Wettbewerb in der WEC gelernt haben. Ein neues Reglement bedeutet immer eine neue Herausforderung, und diese bestand diesmal aus der Fülle von Änderungen, die gleichzeitig für 2014 vorgenommen werden mussten, da das Reglement erhebliche Änderungen bei Chassis und Antrieb mit sich brachte. Die wesentliche Herausforderung bestand also darin, ein sehr viel komplexeres Auto mit umfangreicher Hybrid-Hardware und höherer Hybrid-Power zu bauen, das gleichzeitig 45 Kilogramm leichter ausfällt. Das sorgte schon für einiges Kopfzerbrechen, doch unter Einsatz von extrem leichten Materialien und effizienten Design-Optimierungsprozessen, haben wir unsere Zielsetzungen erreicht."

Überarbeitete Fahrerbesetzung

Eine geringfügige Veränderung in der Fahreraufstellung sieht Alex Wurz, Stéphane Sarrazin und Kazuki Nakajima am Steuer der Startnummer 7, während sich Anthony Davidson, Nicolas Lapierre und Sébastien Buemi das Cockpit des Autos Nummer 8 teilen.

Der TS040 Hybrid debütierte am 21. Januar auf der Rennstrecke Paul Ricard und fuhr anschließend an zwölf Testtagen über 18.000 Kilometer auf verschiedenen Rennstrecken innerhalb Europas. Nach den morgigen Vorsaison-Testfahrten plant das Team einen weiteren Testtag vor dem 6-Stunden-Rennen von Silverstone, wo man erstmals in dieser Saison gegen die Mitbewerber Audi und Porsche an den Start gehen wird.