Sie sind Dani Pedrosas Chefmechaniker. Wie sehen ihre Aufgaben bei Repsol Honda genau aus?
Mike Leitner: Als Chefmechaniker ist es meine Aufgabe, jede Entscheidung die Maschine betreffend zu überwachen; da könnte es um Motor, Getriebe, Aufhängung, Reifen und so weiter gehen. Ich habe das letzte Wort. Wir sind ein tolles Team mit vielen Spezialisten und jeder arbeitet hart. Letztendlich bin es aber ich, der die Entscheidung trifft, wenn es darum geht, welche Richtung wir einschlagen. Das ist eine enorme Verantwortung und das bedeutet auch viel Druck.

Wie würden Sie Dani Pedrosa beschreiben?
Mike Leitner: Das ist die fünfte Saison, in der ich mit ihm arbeite und ich kann Ihnen sagen, dass er wirklich ein sehr spezieller Fahrer ist. Wenn man eine Weltmeisterschaft in der 125er gewinnt und zwei in der 250er und dann gewinnt man Rennen während der ersten MotoGP-Saison und in der zweiten wird man Vize-Weltmeister, dann ist es recht klar, dass man ein spezieller Fahrer ist. Anders als der Rest.

Ist es einfach, mit ihm zu arbeiten?
Mike Leitner: Wie gesagt, er ist eine spezielle Person, aber es ist einfach, mit ihm zu arbeiten. Er ist kein Held, er sieht sich nicht als Star oder Primadonna. Er ist ein umgänglicher, bodenständiger Typ. Ich denke, Alberto Puig war dabei sehr hilfreich. Er [Pedrosa] wurde gut darin geschult, zu verstehen, worum es im Leben geht. Er versteht die positiven und negativen Aspekte des Motorradsports und hat seine Arbeit immer ernst genommen.

Bei der Abstimmung der Maschine ist Mike Leitner der wichtigste Entscheidungsträger, Foto: Honda
Bei der Abstimmung der Maschine ist Mike Leitner der wichtigste Entscheidungsträger, Foto: Honda

Was ist der schwierigste Teil Ihrer Arbeit?
Mike Leitner: Es gibt nichts besonders Schweres. Wir versuchen immer, alles so gut wie möglich einzustellen, damit wir das bestmögliche Ergebnis holen. Das ist eine Motivation, die von der ersten Winter-Session bis zum letzten Rennen anhält. Das braucht viel Energie, aber wenn man einen Fahrer wie Dani hat, der so viel zurückgibt, dann ist es für alle Teammitglieder sehr motivierend.

Was ist Ihre schönste Erinnerung aus den gemeinsamen Jahren mit Dani Pedrosa?
Mike Leitner: Wir hatten so viele gute Momente, dass ich nicht nur über einen sprechen kann. Wenn es manchmal nicht gut läuft, dann überrascht es mich, wie er schwierige Situationen anzugehen versteht. Gleichzeitig überrascht er mich auch mit seinem ruhigen Zugang, wenn wir Erfolg haben. Es gibt viele spezielle Momente, wie den letzten Sieg beim Grand Prix in Jerez. Das war erst das zweite Rennen des Jahres und man muss die ganzen Probleme bedenken, die wir im Winter bei den Tests hatten.

Und was ist die schlimmste Erinnerung?
Mike Leitner: Die schlimmsten Momente sind sicher diejenigen, wenn der Fahrer stürzt und sich verletzt. Wir hatten in der Vergangenheit ein paar dieser Augenblicke und für jedes Team, jeden Mechaniker, ist das eine schwere Zeit.

Wann ist die Anspannung während eines Grand Prix Wochenendes am größten?
Mike Leitner: Da kann es viele angespannte Momente geben, beginnend damit, wenn man etwas Wichtiges ausprobiert und hofft, dass alles gut geht. Es kann sogar schon vor den Trainings soweit sein, wenn wir uns am Donnerstag wegen der Reifen entscheiden, die wir verwenden werden. Für alle, die teilnehmen, ist der schlimmste Moment aber direkt vor dem Start des Rennens.

Im Bestfall steht der Fahrer am Ende ganz oben, Foto: Honda
Im Bestfall steht der Fahrer am Ende ganz oben, Foto: Honda

Braucht ein Chefmechaniker auch psychologische Fähigkeiten, wenn er mit einem Fahrer arbeitet?
Mike Leitner: Ganz sicher. In unserem Fall kümmert sich Alberto Puig um diese Dinge und ich konzentriere mich hauptsächlich auf die technischen Aspekte. Aber nach so vielen Jahren sind wir zu Danis Freunden geworden und er vertraut uns viel mehr als zu Beginn. Gleichzeitig verstehe ich ihn viel besser und weiß, wann der passende Moment ist, um ihm etwas zu sagen, ihn zu beruhigen oder zu motivieren. Ich denke, dass wir momentan eine gute Beziehung haben. Mit der Zeit wächst man einfach zusammen.

Wie viele Stunden verbringen Sie an einem Rennwochenende an der Strecke?
Mike Leitner: Viele. Ich habe aufgehört, zu zählen, denn dieser Job verlangt von jedem viel Energie. Jeder Mechaniker arbeitet hart, denn wir befinden uns in einer verrückten Welt und es gibt viel Druck. Man steht immer unter Druck und die Stunden rinnen einfach so dahin, wenn man an der Strecke ist.

Zur letzten Frage. Können Sie uns erzählen, wie ein Renntag als Chefmechaniker von Dani Pedrosa aussieht?
Mike Leitner: Es hängt davon ab, ob es ein Trainingstag oder der Renntag ist. Am Renntag geht es pünktlich um 7:00 Uhr im Hotel los, wir kommen an die Strecke und machen die Maschine für das Warm-up fertig, das um 9:40 Uhr beginnt. Die Anpassungen werden schon am Abend davor gemacht. Dann läuft das Warm-up, wodurch wir die neuesten Informationen vom Fahrer bekommen und wir machen die Maschine für das Rennen fertig. Wir machen, falls notwendig, letzte Änderungen, an den Reifen zum Beispiel. Wir prüfen das Wetter, den Wind und alles, was sich auf die Leistung der Maschine auswirken könnte.

Die meisten Einstellungen wurden schon am Nachmittag davor festgelegt und wir versuchen immer, in letzter Minute nur so wenig wie möglich zu verändern. Sobald das Rennen begonnen hat, ist der Sonntag normalerweise der einfachste Tag für den Chefmechaniker, da die ganze Arbeit schon getan worden ist. Die stressigen Tage sind Freitag und Samstag. Wenn am Sonntag alles wie erwartet läuft, dann ist es der einfachste Tag, obwohl es für den Fahrer der härteste Tag ist.