Es war ein fast europäisches Wochenende in Japan. KTM gewann die Rennen der 125er und 250er und Ducati den Lauf der MotoGP. Auch bei den Fahrern hatten die Europäer die Oberhand. Zumindest Mika Kallio in der 125er-Klasse und Loris Capirossi in der MotoGP. Nur in der Viertelliterklasse durfte Japan mit dem Sieger Hiroshi Aoyama mitjubeln. Bei so viel Last auf seinen Rennfahrer-Schultern ergriff es den Piloten dann gleich so, dass er bei der Siegerehrung in Tränen ausbrach und einen großen Teil der weiblichen Fans an der Strecke gleich mit dem Heul-Virus infizierte.

In der MotoGP waren solche Bilder nicht zu sehen. Denn schließlich waren da mit Capirossi, Valentino Rossi und Marco Melandri drei gestandene Italiener auf dem Podest, die einfach per allgemeiner Härte-Definition zwar ordentlich feiern, aber nicht wirklich nahe am Wasser gebaut sind. So ging es dann auch auf dem Podium zu, als eine der beiden Damen, die den Pokalverteilern zur Hand ging, gleich einmal zünftig mit Sekt bespritzt wurde. Danach wurde dann wieder Tacheles geredet. Schließlich gab es ja 24 Runden am Limit aufzuarbeiten.

Nach dem Rennen waren die Maschinen unwichtig, Foto: Ducati
Nach dem Rennen waren die Maschinen unwichtig, Foto: Ducati

"Ich denke, das war ein ziemlich aufregendes Rennen", sagte dann auch gleich Loris Capirossi, "Es begann alles am Freitag, als mein Team sofort ein gutes Setup gefunden hat und Bridgestone mit vielen guten Reifen ankam." Von dort an ging es weiter zur Bestzeit in Training drei, zu Pole Position mit neuem Streckenrekord, zur Bestzeit im Warm-Up bis es schließlich zum Rennen kam. "Deswegen war es unser Ziel, einfach einen guten Start zu haben und Gas zu geben", sagte Capirossi.

Der Start klappte, auch das Gas fand er noch, doch ganz so einfach war es dann auch wieder nicht. "Marco wollte mich in der ersten Runde überholen. Ich dachte mir, es ist besser, er kommt nicht vorbei, weil ich nicht wusste, ob seine Pace so schnell war wie meine. Nach sechs oder sieben Runden machte ich dann eine kleine Lücke auf. Zur Halbzeit zeigte mir meine Boxentafel aber dann, dass Valentino kam. Zu dem Zeitpunkt fuhr ich etwas langsam und als ich Valentino so flott ankommen sah, musste ich wieder schneller fahren", erzählte Capirossi. Das schaffte er dann auch und fuhr gemütlich zum Sieg.

Den abgehängten Rossi störte Platz zwei aber recht wenig. "Ich bin wirklich glücklich mit Platz zwei heute. Es war kein großer Kampf wie in Sepang, aber mein Rhythmus war wirklich gut und meine Maschine hat gut funktioniert." Nach dem Warm-Up am Morgen hatte der regierende Weltmeister noch etwas Sorgen, da es da noch nicht so lief, wie er sich das vorgestellt hatte. Einige Änderungen in letzter Minute brachten dann die Maschine und die Reifen wieder soweit nach vorne, dass der zweite Platz möglich war.

Seinen Weg dorthin beschrieb Rossi so: "Am Start war die M1 ein bisschen schwierig zu fahren, aber langsam habe ich meinen Rhythmus gefunden und kam Stück für Stück näher an Marco heran. Sobald ich an ihm vorbei war, hab ich Druck gemacht und versucht, Loris zu erreichen und dabei die schnellste Rennrunde gefahren. Aber sobald er gemerkt hat, dass ich näher kam, hat er wieder aufgedreht und war einfach zu schnell, als dass ich ihn einfangen hätte können." Doch die 20 Punkte, die er durch seinen zweiten Platz einfahren konnte fand Rossi auch "großartig", vor allem da die Strecke "nicht einer meiner Favoriten ist". Denn sein Schlussfazit war das, was ihm den Tag wohl am meisten versüßte: "Wir sind jetzt in der WM nur mehr 12 Punkte hinten. Wir haben noch zwei Rennen übrig und wenn wir auf diese Art und Weise weitermachen, dann ist es möglich!"

Loris Capirossi war nicht zu schlagen, Foto: Ducati
Loris Capirossi war nicht zu schlagen, Foto: Ducati

Marco Melandri war der dritte Italiener, der vom Podest lächeln durfte. Zwar schätzte er seine verbliebenen Chancen auf die WM nach dem Rennen nicht mehr allzu hoch ein, dennoch fühlte er sich nicht unglücklich. Melandri sagte nach dem Rennen: "Ich bin im Training nie mit so einer Pace gefahren, also war ich im Rennen auch nicht bereit dazu. Ich hatte ein wenig Rutschen am Heck, vor allem als ich Loris gejagt habe. Als ich eine Sekunde verloren hatte, habe ich versucht ihn wieder einzufangen und hab dabei die Front verloren. Das Gleiche passierte, als ich hinter Valentino her war, also hab ich mir gesagt, zwei Mal ist genug, um Glück zu haben, ich will mein Glück nicht völlig aufbrauchen."

Dieses Glück hatte am Ende des Rennens Nicky Hayden, da sich vor ihm Shinya Nakano wenige Kurven vor Schluss noch ins Kiesbett legte und dem Amerikaner damit Platz fünf und einen zusätzlichen WM-Punkt schenkte. Doch besonders glücklich fühlte sich Hayden nicht, denn er hatte einerseits wieder neun Punkte auf Rossi verloren und beim Start recht viel Pech. "Naja, das ist ein weiterer fünfter Platz, der klarerweise nicht wirklich großartig ist. Die erste Runde war ziemlich wild und zum Glück habe ich in den ersten Kurven viele Plätze gut gemacht, weil mein Start ein ziemliches Desaster war - das war der schlimmste Teil des Rennens für mich", erzählte Hayden.

Doch die erste Runde war es auch, die, dank ein wenig Glück, den Nachmittag nicht ganz zunichte machte. "Zum Glück entwickelte sich die erste Runde so gut, wie sie es im Endeffekt tat, da das Resultat sonst viel schlechter hätte sein können. Ich wurde in der ersten Runde von einem anderen Fahrer getroffen und hab mir die Kupplung verbogen, was nicht geholfen hat. Ich wollte durch den Pulk, aber das ist schwierig - du kommst an schnellen Typen vorbei und in dieser Klasse ist das echt schwer", berichtete Hayden.

Auch Alex Hofmann hatte es schwer, kam er doch nur auf Platz 16 ins Ziel. Ein wenig zerknirscht gab er nach dem Rennen zu Protokoll: "Ich habe in den 24 Runden alles gegeben, habe es aber nicht geschafft, das Resultat nach Hause zu bringen, das ich wollte. Ich hatte eine konstante Pace und die Maschine war stabil. Mein Gefühl mit der Front war gut und auch die Bremsen waren in Ordnung, aber ich hatte Probleme mit der Beschleunigung". Deswegen konnte er auch nur schwer die anderen Fahrer attackieren. Auch in den Kurven war nicht viel möglich. So sagte Hofmann: "Der Mangel an Grip am Heck erlaubte es mir nicht, irgendwie mehr zu machen."

Jetzt haben die Piloten wieder drei Wochen Pause, bis es in Portugal mit dem vorletzten Saisonrennen weitergeht. Die haben sie sich nach den vergangenen drei Wochenenden auch verdient. Ganz zur Ruhe kommen sie freilich nicht. Ab Montag wird in Motegi getestet und es könnte sein, dass sich ein Fahrer ganz intensive Gedanken darüber macht, wie man 12 Punkte in zwei Rennen verteidigen kann. Ein anderer könnte auch darüber nachdenken, wie man zwölf Punkte in zwei Rennen aufholen kann. Gedacht wird auf jeden Fall viel.