Für Stefan Bradl stand das MotoGP-Rennwochenende in Japan von Beginn an unter schwierigen Vorzeichen. Eigentlich längst als Ersatzpilot bei LCR verkündet, musste er am Freitag plötzlich doch zuschauen, weil Stammfahrer Alex Rins einen überraschenden Comeback-Versuch wagte. Dieser scheiterte schnell, ab Samstagvormittag kam Bradl dann doch zum Zug. Mit nur einer 30-minütigen Trainingssession ging es anschließend in Qualifying und Sprint.
Schlug sich der Deutsche in FP2 und Qualifying noch sehr ordentlich, musste er im Sprint dann doch der fehlenden Streckenzeit Tribut zollen. Mit 28,178 Sekunden Rückstand nach 12 Runden belegte er den 20. und letzten Platz, knapp hinter Ducati-Ersatzmann Michele Pirro. Unter normalen Voraussetzungen wäre wohl auch im Hauptrennen nicht viel mehr möglich gewesen, doch ein Wolkenbruch pünktlich zum Rennstart um 15:00 Uhr Ortszeit eröffnete neue Möglichkeiten. "Es kann sein, dass es gleich regnet. Das sind Bedingungen, in denen etwas gehen könnte. Es ist alles möglich, es wird sicher spannend", sagte Bradl bereits im Grid am 'ServusTV'-Mikrofon.
Dort kündigte der LCR-Pilot auch schon seine Taktik für das erwartete Flag-to-Flag-Rennen an: "Entweder warte ich ab, was die anderen machen oder ich entscheide mich genau dagegen - a la Brad Binder in Österreich." Der KTM-Werksfahrer hatte sich 2021 in der Schlussphase des Österreich-GP bei plötzlich einsetzendem Regen gegen einen Bike-Wechsel entschieden und war mit Slicks auf der Strecke geblieben. Eine Entscheidung, die ihm den Rennsieg brachte.
Bradl kopiert Brad Binder: Wetter-Poker geht nicht auf
Als am Sonntag dann auch im Japan Grand Prix immer stärker werdender Niederschlag einsetzte, entschied sich auch Bradl als einer von nur fünf Piloten, am Ende der ersten Runde nicht in die Box zu fahren und mit Trockenreifen auf der Strecke zu bleiben. Das brachte ihm, nachdem auch Fabio Quartararo mit Ende der zweiten Runde an die Box kam, kurzzeitig sogar den zweiten Platz ein. Doch nur einen weiteren Umlauf später musste Bradl erkennen, dass er auf das falsche Pferd gesetzt hatte. Der Regen wurde immer stärker, eine weitere Fahrt auf Slicks unmöglich. Der LCR-Pilot kam rein und wechselte das Motorrad, lag danach nur noch auf Platz 19.
"Ich hatte gegambelt. Ich dachte, dass vielleicht etwas geht. Einige Japaner [von LCR und Honda, Anm.] meinten, dass der Regen vielleicht nur vorbeizieht, aber das ist nicht eingetroffen", erklärte Bradl später in seiner Box bei 'ServusTV', als das Rennen ein erstes Mal mit einer Roten Flagge unterbrochen war. "Ich hätte vielleicht eine Runde früher reinkommen sollen, aber was solls? Dann wäre ich jetzt halt ein bis zwei Positionen weiter vorne", bereute er seine Entscheidung aber nicht. Zum Zeitpunkt des Abbruchs hatte sich der Deutsche wieder bis auf Platz 15 nach vorne gekämpft, durch den Ausfall von Johann Zarco sprang er dann auf P14.
Bradl-Aufholjagd vorzeitig beendet: Abbruch dennoch korrekt
"Meine Pace war ordentlich", sagt Bradl, der den Rennabbruch für die richtige Entscheidung hielt. "Es war genau richtig, wir hätten maximal noch eine Runde fahren können. Der Regen war schon sehr heftig, es stand viel Wasser auf der Strecke. Ich hatte schon einen massiven Slide. Ich weiß nicht, wie es bei den Jungs vorne aussah, aber es war schon richtig, da zu unterbrechen", erklärte er im Gespräch mit ServusTV-Experte Alex Hofmann. In der LCR-Presseaussendung ergänzte der Bayer später: "Ich bin froh, dass das Rennen gestoppt wurde, weil es gefährlich wurde. Auf den Geraden war die Sicht nicht mehr vorhanden. Die anderen Fahrer zu erkennen, war nicht einfach."
Da das Rennen nicht mehr aufgenommen wurde, darf sich Bradl über zwei unverhoffte WM-Punkte erfreuen. Zeitgleich dürfte der Japan-GP sein letzter MotoGP-Einsatz in diesem Jahr gewesen sein. In zwei Wochen in Indonesien (13. - 15.10.) will Stammfahrer Rins einen weiteren Comeback-Versuch wagen. "Ich bin zufrieden mit unserer Leistung und möchte mich bei LCR für ein weiteres, tolles Wochenende mit dem Team bedanken", sagte Bradl zum (vorläufigen) Abschied.
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