Der Misano-Test nach dem San Marino GP auf dem World Circuit Marco Simoncelli war mit Spannung erwartet worden. Besonders die schwächelnden japanischen Werke von Honda und Yamaha wollten eine Trendwende mit ihren neuen Entwicklungen für 2024 einleiten. Während Honda ein komplett neues Bike mitbrachte und Marc Marquez damit enttäuschte, rückte Yamaha neben ein paar kleineren Teilen vor allem mit einem neuen Motor an. Da Franco Morbidelli das Team verlässt und keine Geheimnisse mitnehmen soll, testete Fabio Quartararo allein das neue Aggregat.
Der Franzose war mit 91 Umläufen der fleißigste Pilot des Tages, doch war Yamaha damit nur in der Kilometerwertung spitze. Vom neuen Motor war der Weltmeister von 2021 alles andere als angetan. "Ich habe mir etwas viel Besseres von diesem Test erwartet", erklärte er enttäuscht, aber nicht wütend. Seine Zurückhaltung war einer Selbsterkenntnis geschuldet: "Yamaha hat an mich geglaubt, seit ich in der Moto2 war. Mein Verhalten zu Beginn des Jahres war arroganter, als es sein hätte müssen. Wir sind in einer harten Lage, aber ich muss höflich bleiben. Wir wollen dasselbe."
Quartararo: Nichts Positives über Yamaha-Motor zu berichten
Harte Worte in Richtung seines Arbeitgebers gab es nicht zu hören. Trotzdem machte er mit seinen nüchternen Ausführungen klar, wie schlecht es um Yamaha steht. "Das Gefühl ist anders, aber ich habe mir mehr Leistung erwartet. Es ist ein bisschen schwierig etwas wirklich Positives über diesen Motor zu sagen", erklärte der 24-Jährige. Damit bestätigte er auch die Eindrücke von Testfahrer Cal Crutchlow: "Hier gibt es eine Menge Grip. Er [Crutchlow] hat in Aragon bei überhaupt keinem Grip getestet. Die Rückmeldung war aber ähnlich."
Besonders ernüchternd war die Entwicklung im Vergleich zum Vorjahr: "Als ich 2022 erstmals das Bike für 2023 ausprobierte, da fühlte ich, dass der Motor etwas besser war. Aber heute habe ich das nicht gespürt." Von Quartararo war 2023 immer wieder zu hören, dass die leicht erhöhte Motorleistung im Prinzip die einzige Yamaha-Verbesserung seit Jahren darstellt. Nun scheint das Werk aus Hamamatsu auch hier anzustehen. Als einziger Hersteller setzt Yamaha noch auf einen Reihenzylinder und keinen V-Motor. Einen Wechsel zum aktuell erfolgreicheren Konzept wird es für 2024 nicht geben. Um einen V-Motor einzubauen, hätte auch ein komplett neues Motorrad entwickelt werden müssen.
Misano-Grip kaschiert die Yamaha-Schwäche
Dennoch legte Quartararo am Montag als sechster eine gute Pace an den Tag. Das Problem ist nur, dass er den Grund dafür kennt: "Ehrlicherweise brauchen wir in allen Bereichen mehr [Leistung, Anm. d. Red.]. Der größte Faktor für uns sind Strecken mit viel Grip, da verändert sich unser Bike total. Ich habe eine 1.31.4 mit 20 Runden alten Reifen gefahren, das war die gleiche Zeit wie in meinem Qualifying am Wochenende, als die anderen viel schneller als wir waren. Aber mit viel Grip ist die Lücke viel kleiner. Wir haben unsere Pace um fast eine Sekunde verbessert, bei den anderen ist das nicht so viel."
Nur finden sich die Streckenbedingungen eines achtstündigen Tests bei keinem Rennwochenende: "Wenn viele Bikes fahren, dann gibt es viel Gummi der Michelins. Das hier ist eine Strecke, wo es viel Wheelspin gibt. Das legt eine Menge Gummi auf die Strecke. Kurve 3 ist komplett schwarz. Wenn wir das Gas im Rennen öffnen, dann müssen wir unseren Slide kontrollieren. Jetzt kann ich einfach das Gas weit aufmachen, aber es ist getürkt[durch den vielen Grip, Anm. d. Red.]." Die Strecke kaschierte also die Yamaha-Schwächen, von Fortschritt keine Spur.
Durchhalteparolen für den Valencia-Test
Oder vielleicht doch nicht ganz. Zumindest eine Neuerung konnte Quartararo überzeugen: "Eine positive Sache war der Hinterradspoiler unter dem Schwungarm. Ich denke, den werde ich beim nächsten Rennen benutzen." Nur um dann gleich wieder in die Realität zurückkehren zu müssen: "Was den Rest angeht, so denke ich, dass wir neue Sachen für den Valencia-Test bauen müssen." Es bleiben dem Franzosen weiterhin nur Durchhalteparolen: "Wir müssen positiv bleiben und versuchen zu analysieren, was passiert ist, um uns für den Valencia-Test zu verbessern." Dieser findet nach dem Saisonfinale am 28.11 auf dem Circuit Ricardo Tormo statt.
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