Hinter Aleix Espargaro liegt ein turbulenter Qualifying-Samstag in Aragon. Zunächst verpasste er im 3. Freien Training den Sprung unter die besten Zehn um 0,049 Sekunden, wodurch er gemeinsam mit einigen weiteren MotoGP-Stars wie Marc Marquez, Johann Zarco oder Teamkollege Maverick Vinales in Q1 antreten musste. Dort setzte er sich zwar durch, hatte dann allerdings nur noch einen frischen Reifensatz für Q2 zur Verfügung, mit welchem er sich in letzter Sekunde den vierten Startplatz sicherte.

Das lag aber auch daran, dass der Aprilia-Pilot im ersten Qualifying-Segment einen Reifensatz mehr verwenden musste als ursprünglich geplant. Direkt zu Beginn der Session hatte sich nämlich Marquez an das Heck von Espargaro geheftet, um sich zu einer guten Rundenzeit ziehen zu lassen. Letzterem war das natürlich nicht entgangen und prompt verbremste er sich in Turn 1 - laut eigener Aussage unabsichtlich.

So oder so: Die erste Runde war dahin und Marquez zog vorbei, doch am Ausgang von T1 lief dann plötzlich auch noch Fabio Di Giannantonio auf das Heck des Aprilia-Piloten auf. Er musste ausweichen und Tempo rausnehmen, verlor viel Zeit. Die Stewards untersuchten die Situation, es roch nach Strafe. In der Wiederholung wurde dann aber deutlich: Espargaro fuhr nicht auf der Ideallinie, Di Giannantonio hatte sich ebenfalls verbremst. Nur dadurch stand der Routinier im Weg des Gresini-Rookies.

"Diggia [Spitzname von Di Giannantonio, Anm.] war nur hinter mir, weil er auch weit ging. Ich war nicht auf der Ideallinie", bestätigt Espargaro. Das zeige auch die Linienwahl von Marquez, der sich nicht verbremst hatte und deutlich weiter außen ihm vorbeigefahren sei. Eine Strafe hielt der Spanier deshalb auch nicht für angebracht: "Sie haben alle auf mich gewartet, obwohl sie freie Fahrt gehabt hätten. Dadurch habe ich einen Fehler in T1 gemacht. Es wäre nicht fair, wenn ich dafür bestraft worden wäre."

Di Giannantonio kritisiert: Strafe wäre richtig gewesen!

Di Giannantonio wiederum sah den Vorfall gänzlich anders: "Es ist recht eindeutig, dass er mitten auf der Ideallinie war. Es war eine gefährliche Situation. Ich musste das Gas komplett schließen, sonst lande ich in seinem Hintern." Dass er selbst weitgegangen und nur deshalb auf Espargaro aufgelaufen sei, verneinte der junge Italiener. "Das ist die Linie, du kannst da so fahren", rechtfertigt er sich. "Und selbst wenn war ich nicht so weit draußen, dass ich die Runde nicht hätte fertig fahren können. Ich brauche diesen Platz."

Eine Strafe für Espargaro wäre aus Sicht Di Giannantonios deshalb folgerichtig gewesen. Die Stewards entschieden allerdings anderweitig und verzichteten nach Anhörung Espargaros auf eine Longlap-Penalty für den WM-Dritten. Er darf den Aragon-Grand-Prix folglich von Platz vier in Angriff nehmen, während Di Giannantonio aus der fünften Reihe von P15 losfahren muss.