Was ist bloß mit Jorge Lorenzo los? Die Fans des dreifachen MotoGP-Weltmeisters müssen sich ernsthafte Sorgen um seine Saison machen. "Ihr seht es an meinem Gesicht", gestand er am Sonntag nach dem Rennen in Jerez vor Journalisten seine Enttäuschung offen ein.

MotoGP: Fahrer-Analyse mit dem Riding-Coach: (11:28 Min.)

Lorenzo hatte das Rennen nur als 12. beendet und war damit auch schwächster von insgesamt fünf Honda-Fahrern an diesem Tag. Dabei war Jerez bislang eine seiner erfolgreichsten Strecken. Auf Yamaha hatte er dort binnen neun Jahren nur zweimal das Podest verpasst, auf Ducati holte er 2017 seinen ersten Podestplatz in Rot und auch im Vorjahr lag er bis kurz vor Schluss im Kampf um den zweiten Platz.

Von vielen Experten wurde Jerez daher als erster Gradmesser für eine Beurteilung von Lorenzos Aussichten für die Saison 2019 gesehen. So erklärte etwa Alex Hofmann unlängst im Interview mit Motorsport-Magazin.com: "Die Referenz für ihn wird das Rennen in Jerez sein. Er mag diese Strecke. Mit Startpunkt Jerez muss er dann auch liefern, sonst wird es richtig bitter für ihn." Auch Lorenzo sagte vor dem Rennwochenende klipp und klar, dass nun die Zeit für Ergebnisse gekommen sei.

Verletzung nicht als Ausrede

Doch in den Nachmittagsstunden des Sonntags regierte der Frust beim Mallorquiner. "Ich bin traurig, vor allem aber besorgt", holte Lorenzo in seiner Pressekonferenz aus. "Ich hatte in diesem Rennen nie die nötige Pace, nicht einmal als ich komplett alleine unterwegs war. Ich konnte einfach nicht schneller und hatte kein gutes Gefühl für das Motorrad." Das zieht sich nun bereits wie ein roter Faden durch die Saison.

Platz 13 in Katar, Rang 12 in Argentinien und ein Crash auf P10 liegend in Austin waren dem enttäuschenden Jerez-Resultat vorangegangen. In der WM-Wertung ist Lorenzo damit nur auf Position 14 zu finden. Seine unzähligen Verletzungen des vergangenen Jahres will er nicht als Ausrede gelten lassen. Alleine in diesem Kalenderjahr zog er sich bereits einen Kahnbeinbruch und eine angeknackste Rippe zu.

"Die Kahnbeinverletzung wird mit jedem Tag besser", führte Lorenzo aus. "Es dauert alles sehr lange, aber ich habe keine Schmerzen. Leider kann ich noch nicht voll trainieren, weil ich die Hand nicht zu sehr belasten darf. Auf einige Übungen, die Kraft in die Arme bringen, muss ich noch immer verzichten." Das ändere aber nichts am Hauptproblem, dass Lorenzo mit der Honda absolut nicht zurechtkommt.

Jorge Lorenzo verpasste den MotoGP-Testauftakt verletzt, Foto: LAT Images
Jorge Lorenzo verpasste den MotoGP-Testauftakt verletzt, Foto: LAT Images

Wo liegt Jorge Lorenzos Problem?

"Ich habe Probleme beim Eingang in die Kurven. Das Motorrad bringt zu viel Last auf die Front und dadurch bin ich am Kurveneingang sehr unsicher. Wenn wir dafür keine Lösung finden, werde ich nicht schneller", ist sich Lorenzo sicher.

Horst Graef, in der Motorrad-WM unter anderem schon als Riding Coach beim Sepang Racing Team tätig, analysierte in Jerez im Video-Interview mit Motorsport-Magazin.com Lorenzos Situation folgendermaßen: "Er setzt sich selbst wahnsinnig unter Druck und ich weiß nicht, ob das so gut ist. Wahrscheinlich wäre es besser bisschen kleinere Brötchen zu backen du dann aus der Tiefe hervorzustoßen."

"Er hat sich im Winter verletzt und in Kombination mit dem neuen Motorrad, das schwer zu fahren ist, braucht er noch ein bisschen", so Graef. "Momentan hadert er sehr viel mit sich selbst. Sein Anspruch ist ein ganz anderer. Und das setzt ihn unter Druck: Er möchte liefern, kann aber gar nicht." Abschließend meinte der Riding Coach: "Ich glaube nicht, dass er in diesem Jahr noch ein Rennen gewinnen wird."

Zwei Stürze beim Test

Noch lässt sich Lorenzo nicht aus der Ruhe bringen. Im Gegensatz zum Vorjahr, als seine Punkteausbeute aus den ersten vier Saisonrennen noch miserabler war, geht es nicht um seinen Job, denn sein Vertrag mit Honda läuft bis Ende 2020. Es bleibt also noch Zeit. "Ich bin ein Champion und Champions kämpfen, bis sie eine Lösung finden. Und ich werde diese Lösung finden", so Lorenzo.

"Ich brauche Zeit, brauche Testfahrten und mehr Kilometer mit dem Motorrad", sagte er am Sonntag. Diese Kilometer sammelte er am Montag beim MotoGP-Test in Jerez. Mit 93 Runden absolvierte er fast die vierfache Renndistanz an einem Tag. An den restlichen Honda-Fahrern war er deutlich näher dran als am gesamten Wochenende. Allerdings ging er als einziger Pilot im gesamten Feld auch zweimal zu Boden.