Nicht nur hier auf Motorsport-Magazin.com wird viel über den Abflug von Dani Pedrosa und Andrea Dovizioso diskutiert. Und das ist auch gut so. Denn obwohl beide mit null Zählern nach Europa zurückkehren, sind sie die heimlichen Sieger von Austin. Was auch Gelegenheit gibt, mal eine Lanze für die beiden zu brechen. Na klar war es Pedrosa, oder viel mehr seine Honda, die Dovizioso zum zweiten Mal in Folge unverschuldet aus dem Rennen riss.

Aber die beiden eint noch mehr. Sie sind nicht die Lautsprecher, die immer im Mittelpunkt stehen und stehen wollen. Sie sind die Vergessenen. Weltklasse beide, und zwar schon lange. Trotzdem spielen Sie beide anscheinend keine Rolle, beim Millionen-Poker um die zukünftige Platz- und Bike-Vergabe für das Jahr 2017. Hoffentlich ist das ein falscher Eindruck, denn beide hätten es auch in Zukunft verdient, mit Top-Material um den Titel zu kämpfen.

Pedrosas Karriere im Schatten der Stars

Das auf einmal die ganze Welt über Dani Pedrosas Entschuldigungen redet, liegt vielleicht auch an der Tatsache, dass Austin ein eher langweiliges Rennen war. Rossi gestürzt, Marquez wie erwartet vorne weg, also über was soll man da reden? Da kommt die Fairness-Story zwischen den beiden gerade Recht. Dabei haben beide durchaus mehr zu bieten und auch zu erzählen. Denn die Karrieren sind nicht unähnlich. Weil immer andere im Mittelpunkt standen. Oft auch durch unglaubliches Pech unserer beiden Unglücksraben von Austin. Und an beiden kann man ganz gut fest machen, wie ungerecht die öffentliche Beurteilung in der MotoGP manchmal ist.

Pedrosa steht, wie auf diesem Bild, in der öffentlichen Wahrnehmung oft im Hintergrund, Foto: HRC
Pedrosa steht, wie auf diesem Bild, in der öffentlichen Wahrnehmung oft im Hintergrund, Foto: HRC

Es ist kein Wunder, dass ausgerechnet von Dani Pedrosa die wohl fairste Geste in der MotoGP der letzten Jahre kommt. Es stimmt auch sicherlich, dass jeder andere sofort zu seinem Bike gerannt wäre, um weiter zu fahren. Dani nicht. Denn er weiß genau, wie das ist, wenn man unverschuldet vom Bike geholt wird. Das ist Ihm in seiner Karriere nämlich oft passiert. Wie damals in Le Mans, als der unvergessene Marco Simoncelli mit seiner ungestümen Fahrweise Danis Chancen zu Nichte machte und dem Spanier eine Pause bescherte. Oder in Aragon. Als ausgerechnet sein Teamkollege Marc Marquez mal wieder zu hart rein bremste und dem armen Dani den Sensor der Traktionskontrolle kaputt fuhr und für einen Nuller von Pedrosa sorgte. Und das ausgerechnet am Geburtstag der Nummer 26. Hat man ihn klagen hören? Nein.

Auch nicht, als einst in Motegi seine Honda nicht zu verzögern war, weil die Elektronik verrücktspielte. Die Folge: Pedrosa verletzt, aber trotzdem loyal seinem Arbeitgeber Honda gegenüber. Man stelle sich mal vor, wie der gute Dani nach dem Vorfall von Austin, Schlagzeilen wie 'Zu lieb für die MotoGP' bewerten würde. Sicherlich nicht besonders positiv. Aber sicherlich würde er auch nicht ausflippen. Denn dazu ist ihm das Wörtchen Respekt viel zu wichtig. Und das ist wohltuend. Gerade in der Leistungsgesellschaft MotoGP. Gerade nach all den Diskussionen der letzten Monate. Und auch der kommenden Wochen.

Pedrosas erster Weg führte zu Dovizioso, nicht zu seinem Bike, Foto: Milagro
Pedrosas erster Weg führte zu Dovizioso, nicht zu seinem Bike, Foto: Milagro

Dovizioso und Pedrosa nur Randfiguren im Transferpoker

Denn es wird weiter diskutiert werden. Wer geht zu welchem Team? Wer löst wen ab? Selten spielt der Name Pedrosa dabei eine Rolle. Was doch ein wenig komisch ist. Ja, er ist schon 30 Jahre alt. Aber ist er deshalb Alteisen? Ist er deshalb nicht mehr WM-würdig? Nach 246 WM Starts, 51 Siegen, 142 Podesten und drei WM-Titeln? Okay, es fehlt der Titel in der Königsklasse. Aber wer wäre denn, außer Marquez, auf der Honda im Moment schneller? Crutchlow, Miller oder Rabat? Hm, sehr fraglich. Trotzdem wird der Name Pedrosa bei allen Transfergerüchten sehr selten überhaupt nur erwähnt.

Was ihn mit seinem Sturzopfer von Austin verbündet. Okay, Andrea Doviziosos Statistik ist nicht ganz so eindrucksvoll wie die von Dani Pedrosa. Aber immer noch eindrucksvoll genug. Trotzdem bekommt man den Eindruck, dass es bereits feststeht, dass er seinen Platz im Ducati-Werksteam räumen muss, wenn Jorge Lorenzo kommt. Und das nur, weil Andrea Iannone eine bessere zweite Saisonhälfte 2015 abgeliefert hat. Ist das fair? Denn Dovizioso hat auch schon 242 Rennen bestritten. 10 Siege, 71 Podeste (30 in der MotoGP), ist Weltmeister gewesen und zweimal Vize-Weltmeister. Aber auch er ist schon 30. Und sein letzter Sieg war sein einziger in der MotoGP, nämlich der 2009 in Donington.

2009 gewann Dovizioso ind Donington sein erstes und bisher einziges MotoGP-Rennen, Foto: Milagro
2009 gewann Dovizioso ind Donington sein erstes und bisher einziges MotoGP-Rennen, Foto: Milagro

Ist auch er zu brav, um in der MotoGP ganz nach vorne zu kommen? Ist das gerecht, dass zwei solche Ausnahmekönner offensichtlich nur noch für Nebenrollen, sprich abseits der Top-Teams taugen? Dovizioso würde dies mit einem klaren 'Ja' beantworten. Denn er weiß, wie es ist, wenn man als WM-Dritter entlassen wird. Wie damals bei Repsol Honda. Allerdings hat er sich dann als bärenstarker WM-Vierter zu Ducati gefahren. Und zwar auf einer Vorjahres-Tech-3-Yamaha. Was für seinen Kampfgeist spricht. Durch Iannones Blackout in Argentinien und durch das Pech mit Pedrosa in Texas, fehlen dem Italiener unverschuldet mindestens 36 Punkte in der WM-Tabelle. Das muss doch berücksichtigt werden. Trotzdem wird nur über andere auf dem Transfermarkt diskutiert. Was schade ist.

Denn beide, Dani Pedrosa und auch Andrea Dovizioso sind zwar schon 30 Jahre alt, wollen aber weiterhin MotoGP fahren. Und zwar mit Top-Material. Was beide meiner Meinung nach auch verdient hätten. Auch weil beide faire Sportler sind, die Respekt für andere haben. Wie am Wochenende in Texas demonstriert. Hoffen wir, dass das honoriert wird. Hoffen wir, dass dem Jugendwahn ein wenig Einhalt geboten wird. Denn die MotoGP braucht Fahrer mit Charakter. Die MotoGP braucht auch Fahrer wie Andrea Dovizioso und Dani Pedrosa.