Klar wurde viel geredet, getratscht und prognostiziert und trotzdem überraschte Casey Stoner alle mit seiner Bekanntgabe in Le Mans. "Wie vernünftig, schließlich hat er jetzt Familie", würde meine Mutter wohl sagen. Allerdings streitet der Australier ab, dass Adriana und Alessandra Maria Auslöser für seine Entscheidung waren. Doch hätte er ohne Frau und Kind sicher etwas anders gedacht. Der Grund ist nun die fehlende Leidenschaft und die widrigen Umstände in der MotoGP. Erst in der letzten Woche sei sich der Honda-Pilot zu 100 Prozent sicher gewesen, diese Entscheidung zu treffen.

Aber sicherlich hat Stoner in Estoril nicht zum ersten Mal mitbekommen, das auch in einer Weltmeisterschaft ab und an alles drunter und drüber geht. Sollte die CRT-Idee ihm Kopfschmerzen bereiten, hätte er wohl schon 2011 mit dem Titel in der Tasche aufhören können. Vielleicht war es aber auch der tragische Tod von Marco Simoncelli im letzten Jahr, der Stoner zum neuerlichen Nachdenken brachte. Warum er die MotoGP-Rennen nicht mehr genießen kann, bleibt unerklärt.

Casey Stoners Siegeshunger scheint gestillt, Foto: Milagro
Casey Stoners Siegeshunger scheint gestillt, Foto: Milagro

In jedem Fall ist es sehr schade, ein so großes Talent im zarten Alter von 27 Jahren von der Weltbühne zu verabschieden. Nach zwei Titeln hat Stoner sicher alles in trockenen Tüchern, aber wäre da nicht noch viel mehr drin gewesen? In dieser Saison scheint er auf dem Weg zum dritten Titel in der Königsklasse und auch wenn besonders im Motorradsport üblich ist, nicht ewig auf konkurrenzfähigem Niveau anzutreten, so ist er mit seinen 26 Jahren ziemlich früh dran. Zum Vergleich muss man nur einen kleinen Blick in die Superbike werfen, wo Carlos Checa mit 39 Jahren gerade erst richtig loslegt.

Stoner hätte es folglich noch weit bringen können, schließlich hat er schon jetzt Valentino Rossi in einem Punkt übertroffen: Er gewann die Weltmeisterschaft auf Ducati. "Sorry für die Neuigkeiten, aber es hat sich schon lange angebahnt. Ich werde trotzdem derselbe Mensch in der Startaufstellung sein, wenn ich am Renntag an den Start gehe", twitterte er am Abend. Es scheint aus und vorbei, Stoner steht zu seinem Wort. Eine traurige Entscheidung, die auf der anderen Seite schon wieder als mutig anzusehen ist. Kaum ein Fahrer zieht das 'Man soll aufhören, wenn es am Schönsten ist' - in Stoners Fall vielleicht als Weltmeister - wirklich durch. Alle dürsten immer nach mehr Ruhm, Siegen und vor allem nach mehr Geld.

Stoner zieht einen Schlussstrich, er entflieht dem Rampenlicht, riskiert sein Leben nicht mehr, kümmert sich um Frau und Familie. Ganz so verkehrt klingt das ja auch nicht...