Erst einmal Glückwunsch zur bisherigen Saison. Ihr hattet mit Ben ein Podium und habt mit eurer eigenen Moto2-Maschine gewonnen. Wie fühlt sich das an?
Herve Poncharal: Starten wir in der MotoGP. Sicher ist es eine große Ehre und ein Privileg, mit einem Fahrer wie Ben zu arbeiten. Ich wusste das schon, bevor wir losgelegt haben, aber jetzt kann ich dir sagen, ich spüre, wie gut er ist und was er dem Team bringt. Wie du gesagt hast, er hat in Silverstone schon ein Podest eingefahren, was erst das fünfte Rennen war. Auf so einer schnellen Strecke war er in der ersten Runde so Siebter, Achter und überholte Werks-Ducatis und Werks-Hondas. Das war ein unglaubliches Rennen und ein unglaublicher Moment, denn es passiert nicht so oft, dass man in der MotoGP bei stabilen Wetterbedingungen auf das Podest kommt. Er hat einige Werksfahrer geschlagen. Ich wusste, dass er stark ist, aber er ist wohl noch stärker, als ich dachte. Und es ist eine Freude, mit ihm zu arbeiten, denn er ist ruhig und redet nicht so viel. Es hört zu, was alle denken.

Was macht bei einem Ben Spies den Unterschied aus?
Herve Poncharal: Der Unterschied zwischen ihm und einigen anderen Superbike-Fahrern, die gekommen sind, ist der, dass er verstanden hat, dass er alles vergessen muss, was er auf dem Superbike gelernt hat. Das ist ein anderer Fahrstil - nicht besser oder schlechter, so eine Diskussion will ich nicht beginnen. Es ist einfach anders. Er sagte nicht: 'Ich komme, ich bin Weltmeister, ihr müsst mir folgen und die Maschine so abstimmen, wie ich das will.' Er sagte: 'Verändert nichts an der Maschine, bis ich nicht auf eine Sekunde am Schnellsten dran bin. Ich muss mich anpassen.' Den ganzen Winter hat er wirklich hart gearbeitet. Er hat die mentale Stärke, um das auf sich zu nehmen, die Maschine nicht zu ändern, sich zu verbessern, sich zu ändern, zu studieren und allen Leuten zuzuhören, die um ihn sind - von der Motor-Abteilung über die Fahrwerksleute zu den Reifenmenschen und den Leuten, die sich um die Bremsen kümmern. Er ist sehr clever und deswegen denke ich, er kann sich weiter verbessern und einer der besten vier oder fünf Fahrer auf der Welt werden, die an einen möglichen WM-Sieg in der MotoGP denken können. Für mich ist das eine große Ehre und ein großes Privileg, mit ihm zu arbeiten. Ich weiß, das dürfte nur ein Jahr dauern, denn für nächstes Jahr ist alles schon recht klar und er sollte im Werksteam sein. Aber ein Jahr mit ihm zu arbeiten, ist eine tolle Sache.

Das eigenentwickelte Tech 3-Chassis konnte schon einen Sieg feiern., Foto: Milagro
Das eigenentwickelte Tech 3-Chassis konnte schon einen Sieg feiern., Foto: Milagro

Und der Sieg in der Moto2 mit eurem eigenen Chassis?
Herve Poncharal: Dieses Jahr sind wir doppelt beschäftigt, weil wir auch die Moto2 haben. Da wir ohne Sponsoren begonnen haben, war das eine persönliche Investition in die Klasse. Das war eine große Aufgabe, denn es war die MotoGP-Crew von 2009, die das Motorrad entworfen und gebaut hat. Der Unterschied zwischen Chassis-Herstellern, die fünf oder sechs Tage die Woche nur daran arbeiten und uns ist der, dass wir nur zwischen den Grands Prix daran arbeiten konnten. Denn bei den Grands Prix mussten sich die Leute um die Yamaha M1 kümmern. Zwischen den Grands Prix haben sie die Maschine studiert, entworfen und gebaut. Wir hatten keine Sponsoren, es war also nicht leicht, das umzusetzen. Der Winter war hart. Zudem ist die Klasse so hart umkämpft. Ich denke, wir haben die Saison mit 14 Chassis-Herstellern begonnen. Ein paar wenige sind weg, aber wir hatten 14 und bislang gab es nur vier Chassis, die gewonnen haben, denke ich. Es gibt Suter, FTR, Moriwaki und Tech 3. Gut, wir haben nur einmal gewonnen, aber ich bin sehr stolz. Wenn ich ehrlich bin, wir haben in der 250er-Klasse früher einige Rennen gewonnen, aber das Gefühl war anders. Dieser Sieg war wie Magie, denn die Maschine ist wie dein Baby. Wir haben sie alle gemeinsam in der Werkstatt entworfen, wir brachten Ideen ein, wir haben sie aufgebaut, wir haben getestet, wir haben umgebaut... Wir sind aber immer noch eine kleine Organisation. Die letzten Modifikationen hat Guy Coulon vorgenommen. Während das Team von Assen direkt nach Barcelona reiste, fuhr er von Assen in unsere Werkstatt, arbeitete dort einen Tag an einer Änderung des Chassis und fuhr dann nach Barcelona. Das war genug, um das Rennen zu gewinnen. Das war ein sehr emotionaler Moment und dieser Moment lässt einen die ganzen schlechten Momente vergessen, die Momente, in denen man sich nicht sicher war, ob es die richtige Entscheidung war, Moto2 zu machen. Denn die MotoGP war vielleicht schon genug, warum also sich selbst noch mehr Probleme schaffen? Durch diesen Sieg hat sich aber alles bezahlt gemacht.

War das sogar größer als Phillip Island mit Nakano und Jacque?
Herve Poncharal: Es war anders. Denn Nakano und Jacque kämpften um die WM. Es ist schwer zu vergleichen, aber in Katalonien gab es diese große Emotion. Es ist auch schwer zu vergleichen, weil da zehn Jahre dazwischen liegen, wir waren also zehn Jahre älter und da hat man andere Gefühle. Dennoch war das eine große Emotion.