In der Formel-E-Saison 2024 bahnt sich ein irrer Kampf um die Weltmeisterschaft an. Vor dem Saisonfinale in London (20./21. Juli) haben sieben Fahrer theoretische Chancen auf den Titelgewinn. Das Porsche-Werksteam kämpft weiter um seinen ersten Triumph in der Fahrer-, Team- und Herstellerwertung der elektrischen Formelserie. In London kommt es zum großen Showdown mit Lokalmatador Jaguar.

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Mann der Stunde in der Formel E: Porsche-Pilot Antonio Felix da Costa, Foto: Porsche AG

Antonio Felix da Costa zurück: From Zero to Hero!

Völlig überraschend hat sich mit Antonio Felix da Costa neben Pascal Wehrlein der zweite Porsche-Pilot in den Titelkampf eingeschaltet. Der Portugiese gewann am Wochenende beide Rennen im US-amerikanischen Portland und belegt nun den vierten Platz in der WM-Tabelle. 'The DAC is back', und zwar im ganz großen Stile: Felix Da Costa erzielte seinen dritten aufeinanderfolgenden Sieg und den vierten innerhalb der letzten fünf Rennen!

Der Champion von 2020 hat sich nach einer katastrophalen ersten Saisonhälfte - 26 Punkte nach acht Rennen - mehr als eindrucksvoll zurückgemeldet und nun 134 Zähler auf dem Konto. Hätte er den verlorenen Misano-Sieg vor dem Internationalen Berufungsgericht zurückerhalten, würde Felix da Costa sogar den zweiten Gesamtrang belegen. So oder so: Eine bessere Antwort auf die anhaltenden Trennungsgerüchte von Porsche hätte er nicht geben können.

Formel E: Titelanwärter nach 14/16 Saisonrennen

Pos.FahrerTeamPunkte
1Nick CassidyJaguar167
2Mitch EvansJaguar155
3Pascal WehrleinPorsche155
4Antonio Felix da CostaPorsche134
5Oliver RowlandNissan131
6Jean-Eric VergneDS Penske129
7Jake DennisAndretti-Porsche122

Portland-Drama um Formel-E-Spitzenreiter Nick Cassidy

Das Drama in der Formel E hat aktuell einen Namen: Nick Cassidy. Der Jaguar-Pilot war als Spitzenreiter nach Portland gereist, ging aber in beiden Rennen auf der permanenten Strecke leer aus. Im Samstagslauf warf der Neuseeländer sein Auto in Führung liegend in der vorletzten Runde weg, am Sonntag musste er nach einem frühen Frontschaden einen ungeplanten Boxenstopp einlegen. Ausgerechnet Teamkollege Mitch Evans hatte ihn in ein anderes Auto bugsiert.

Cassidy bleibt Erster mit 167 Punkten, doch sein Polster ist merklich geschrumpft: Der Vorsprung auf Evans (155 Punkte) beträgt nur noch 12 WM-Zähler. Jaguar-Veteran Evans verpasste den Wechsel an der Spitze, weil ihn eine 5-Sekunden-Strafe im Samstagsrennen nach einer Kollision mit Jake Hughes (McLaren) vom ersten bis auf den sechsten Platz zurückwarf. Im zweiten Lauf des Wochenendes gelang dem Neuseeländer eine späte Aufholjagd bis aufs Podium.

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Hier wirft Nick Cassidy den sicheren Sieg weg, Foto: LAT Images

Pascal Wehrlein: Ohne Frontflügel in die Punkteränge

Evans teilt sich den zweiten WM-Rang mit Porsche-Werksfahrer Wehrlein, der bislang ebenfalls 155 Punkte sammeln konnte. Der frühere DTM-Champion und Formel-1-Fahrer verpasste einmal mehr die 'Big Points' und ergatterte in Portland insgesamt nur 13 Punkte. Wehrleins letzter Sieg (Misano) liegt fast zwei Monate bzw. acht Rennen zurück.

Im ultra-engen Titelfight könnten am Ende aber die 'kleinen' Punkte den Ausschlag geben, und hier hamsterte Wehrlein eifrig: Am Samstag in Portland fing er sich früh einen Schaden am Fahrzeug ein und rettete sich als Zehnter gerade noch in die Punkteränge. Am Sonntag schien das Rennen für Wehrlein nach einem frühen Komplettverlust des Frontflügels bereits gelaufen, doch der Aero-Verlust hielt sich in Grenzen - Platz vier beim Zieleinlauf hinter Sieger Felix da Costa, Robin Frijns (2x P2 in Portland) und Evans.

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Antonio Felix da Costa feiert seinen dritten Formel-E-Sieg in Folge, Foto: Porsche AG

Bekommt Porsche in London ein Luxusproblem?

Der permanente Kurs von Portland erwies sich bei seinem zweiten und letzten Formel-E-Gastspiel einmal mehr als Friedhof der Frontflügel: Kaum ein Auto überstand die Energie-sensitiven Rennen mit schier endlosen Positionswechseln ohne Beschädigungen. Motorsport-Fans dürften sich freuen, dass in London wieder mehr Vollgas-Action angesagt ist, die Verläufe der Energiespar-Schlachten sind selbst für Experten kaum nachvollziehbar.

Setzt Felix da Costa im ersten London-Rennen seine wahnsinnige Serie fort, könnte Porsche ein spätes Luxusproblem bekommen. Bislang unterstützte 'DAC' seinen deutschen Teamkollegen im WM-Kampf, selbst in Portland auf dem Weg zum Sieg fragte er das Team nach Anweisungen. Weil zwischen ihm und Wehrlein aber drei andere Autos lagen, wäre ein absichtliches Zurückfallen einem Irrsinns-Manöver angesichts der engen Team- und Hersteller-Meisterschaft gleichgekommen. Felix da Costa 'durfte' auch den zweiten Sieg des Wochenendes behalten.

Formel E 2024: Team-Wertung (Top-5)

Pos.TeamPunkte
1Jaguar322
2Porsche289
3DS Penske184
4Andretti-Porsche168
5Nissan157

Porsche kämpft um drei WM-Titel in der Formel E

Porsches Werksmannschaft machte in der Team-Wertung ordentlich Boden gut auf Spitzenreiter Jaguar und konnte den Rückstand auf 33 Punkte verkürzen. 94 Zähler werden beim großen Finale im Hafengebiet von London noch vergeben. In der kurioserweise während der laufenden Saison eingeführten Hersteller-WM liegt Porsche samt seinem Kundenteam Andretti sogar vor Jaguar/Envision an der Spitze - 407 zu 388 Punkte. Die beiden Luxusmarken dominieren das Geschehen in der Gen3-Ära weiter nach Belieben, 2025 bietet sich der Konkurrenz mit dem Gen3-Evo eine neue Chance.

Nur noch absolute Außenseiterchancen auf den Titelgewinn haben Oliver Rowland (Nissan) mit 131 Punkten, der wiedererstarkte Doppel-Champion Jean-Eric Vergne (129 Punkte, DS Penske) und der amtierende Weltmeister Jake Dennis (122 Punkte, Andretti-Porsche). Bitter: Titelanwärter Rowland musste in Portland wegen gesundheitlicher Probleme passen und wurde sehr kurzfristig durch Rookie Caio Collet ersetzt.

Das deutsche Team Abt Sportsline hat im zweiten Jahr nach seiner Formel-E-Rückkehr zwar überhaupt nichts mit der WM-Vergabe zu tun, freute sich in Portland aber über den bislang besten - und gleichzeitig vorletzten - Auftritt als Mahindra-Kundenteam. Nico Müller punktete mit den Plätzen fünf und sechs, womit sich die Äbte am indischen Motorenlieferanten vorbei auf P10 in der Team-Meisterschaft verbesserten. 2025 wechselt Formel-E-Pionier Abt Sportsline zu Lola/Yamaha.